In den Armen des Feindes
Loch gekommen. Er sieht so aus, wie Bruce ihn sich vorgestellt hat – ein unerfahrenes kleines Jungchen."
Malcolm kniff die Augen gegen das Sonnenlicht zusammen und schaute sich den jungen Herrn an, der da zwischen den mächtigen Türmen des nördlichen Torhauses stand. Aus lächerlich weiten Kleidern ragte ein kleiner Kopf. Aus der Entfernung waren die Gesichtszüge des Mannes nur verschwommen zu erkennen, doch es schien das Gesicht eines Knaben zu sein, glatt und blass.
Beaumont wurde von einem jungen Sohn befehligt, der durch den Tod seines Vaters in den Besitz der Burg gekommen war. Der schottische König, wie immer ein kluger Stratege, hatte gewusst, dass die weiträumige steinerne Festung eine leichte Beute sein würde.
Malcolm erwartete keine Gegenwehr der Burgbewohner.
"Na gut. Das dürfte ein einfacher Tag werden", sagte er und ritt vor, um im Namen der Schotten zu sprechen. Das Banner der McNairs flatterte im frischen Sommerwind, während seine Männer verstummten und auf die Begegnung mit dem jungen Burgherrn warteten.
"Ich bin Malcolm McNair", rief Malcolm. "Ich komme, um Beaumont für meinen König Robert the Bruce zu fordern." Keiner sprach ein Wort, als die Widersacher einander gegenüberstanden. Nur hie und da unterbrach das Schnauben eines Pferdes die Stille.
Endlich ertönte von der Brüstung herab eine Antwort.
"Ich bin William, Herr auf Beaumont, und ich erkenne diesen König nicht an, von dem Ihr da redet." Selbst wenn er die Worte mit lauter Stimme rief, schien er den Stimmbruch noch nicht lange hinter sich zu haben. Trotzig und hoch aufgerichtet stand der Bursche in windiger Höhe. "Schottland und England haben beide nur einen Herrscher, Edward II. Und Eure Anwesenheit hier ist eine Beleidigung Seiner Königlichen Hoheit."
"Und ich sage Euch, mein junger Ritter, dass wir hier nicht fortgehen werden, bis Beaumont im Namen von Robert the Bruce erobert ist."
Malcolm erhob seinen Anspruch mit ruhiger Autorität und in der vollen Überzeugung, im Recht zu sein. Besäße der englische König auch nur ein wenig gesunden Menschenverstand, hätte er eine so verlockende Beute wie Beaumont nie einem Bürschlein wie dem da überantwortet. "Wenn Ihr Euch jetzt friedlich ergebt, habt Ihr meinen heiligen Eid, dass keinem Eurer Leute ein Leid geschehen wird."
Der junge Mann verzog das Gesicht. War es aus Zorn? Oder aus Furcht?
"Meinen Leuten wird kein Leid geschehen?" Seine bisher gelassene Stimme wurde schneidend, plötzlich klang sie höher und gepresst. "Und ich soll mich dabei auf Euren heiligen Eid verlassen?" Verachtung schwang in den Worten mit. "Ich traue keinem Schotten, am wenigsten einem, der uneingeladen vor meinem Tor lagert und so unseren König herausfordert."
Die Zurechtweisung änderte nichts an Malcolms Entschluss. In einer Woche würde er Herr der Burg sein, ob der junge Mann es wollte oder nicht.
"Ihr wisst, dass Euer König nicht der meine ist. Und vielleicht solltet Ihr über Eure Treue zu einem Herrscher nachdenken, der in solch unruhigen Zeiten seine Untertanen im Stich lässt. Denn Euer neuer König Edward wird Euch nämlich nicht so bald zu Hilfe eilen. Er hat erklärt, dass die Bewohner des Grenzlands bis zum Frühling allein zurechtkommen müssten."
Eine Weile blieb es oben ganz still, und Malcolm hoffte, dass seine Worte den Burschen zum Einlenken zwangen.
"Ich glaube nicht, dass es so lange dauern wird, bis Edward kommt und diesen Streit beilegt", erwiderte endlich Lord Beaumont. "Aber das spielt keine Rolle, denn so oder so werdet Ihr meinen Grund und Boden verlassen."
Verdammt! Eigentlich hatte Malcolm keine Lust, mit einem Gegner das Schwert zu kreuzen, der kaum älter als ein Knappe war. Nach zehn Jahren Schlachtengetümmel sehnte er sich nach Frieden. Doch er würde alles tun, um seinem König und seinem eigenen Clan diese Besitzung zu sichern.
"Ich habe Euch ausreichend klargemacht, dass ich nicht gehen werde, Sir, und ich fürchte, ich kann Euch höchstens eine Viertelstunde Zeit gewähren, um Eure Meinung zu ändern. Sonst werdet Ihr die Wucht unserer Vergeltung am eigenen Leib spüren."
Wieder trat Stille ein.
"Dann nehme ich die Bedenkzeit an, Sir, um Euren Vorschlag mit meinen Leuten zu beraten." Der junge Mann verschwand wieder. Malcolm blieb zurück. Er glaubte mit Sicherheit zu wissen, was bei dieser Besprechung herauskommen würde.
Er mochte die Lust auf Schlachtengetümmel verloren haben, eine Niederlage hatte er hingegen noch nie
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