In den Armen des Freibeuters: Erst wies sie ihn ab - doch dann entflammte seine Leidenschaft ihr Herz (German Edition)
Schnitzwerk verschlossen, das das Zimmer in ein angenehmes und kühles Halbdunkel tauchte. Über dem Bett war ein leichter Vorhang angebracht, der als Schutz gegen die Insekten diente, nun aber zurückgeschlagen war. Ein scharfer Geruch schwebte über dem Raum, der jedoch unter dem Duft von Sandelholz und anderen Gewürzen nicht zuzuordnen war. Ein Mann lag, gestützt durch mehrere Polster, im Bett und sah Jack entgegen.
»Jack O’Connor. Wie liebenswürdig, dass Sie meiner Einladung Folge geleistet haben. Kommen Sie doch bitte näher.« Die Stimme klang heiser, schwach.
Jack wollte soeben durch den Rundbogen ins Zimmer treten, als sich der scharfe Geruch verstärkte. Und jetzt erkannte er ihn. Es roch nach Raubtier. Jack trat einen vorsichtigen Schritt in den Raum. Eine Kette rasselte, ein wütendes Fauchen ertönte, und dann schnellte von links ein gelber Schatten auf Jack zu, der nach seiner Pistole griff und wieder zurück in den Vorraum sprang.
Ein heiseres Lachen ertönte vom Bett her. »Sie können sich ruhig näher wagen. Die Kette ist kurz genug.«
Tatsächlich sah Jack nur die Schnauze und eine Pfote, die mit den tödlichen Krallen um die Ecke nach ihm schlug. Er schob sich an dem Tier vorbei. Bernsteinfarbene Augen starrten ihn an. Das musste das überlebende Tigerjunge sein, von dem Jessica ihm erzählt und das Daugherty mit in sein Haus genommen hatte. Das Tier war schon recht groß, sicherlich fast ein Jahr alt. Jessica hatte das »arme kleine Kätzchen« bemitleidet, das die Mutter verloren hatte, und hatte sogar einige lobende Worte über Daugherty gefunden, weil er es aufnahm und fütterte. Jack verzog den Mund. Sie hätte gewiss nicht gedacht, dass der Mann verrückt genug war, es in seinem Schlafzimmer an eine Kette zu legen. Außerdem war dieses »Kätzchen« hier groß genug, um Jack mit einem Biss einen Arm abzureißen. Er blieb außerhalb der Reichweite des Tieres stehen und erwiderte dessen Blick. Es war ein Männchen, aber man merkte, dass es noch nicht ausgewachsen war, da es Jacks Blick nicht standhielt, sondern sich sofort leise grollend in seine Ecke zurückzog. Dort lag ein blutiger Fetzen, den es mit den Zähnen packte und schüttelte.
Jack ging weiter in den Raum hinein und blieb neben Daughertys Bett stehen. Daugherty sagte nichts, sondern musterte Jack, und dieser betrachtete den Vater seines Rivalen ebenfalls.
Man hatte nicht übertrieben, Charles’ Vater war wirklich schwer verletzt worden. Jack blickte in ein abgezehrtes Gesicht. Die Hände – einst zweifellos kräftig – lagen unruhig neben dem Körper, die Sehnen traten stark hervor, und die Finger waren zu Krallen gebogen. Jack hatte auf den Schiffen schon jede Menge Kranker, Verletzter und Sterbender gesehen, aber keiner hatte ihm diesen kalten Schauder über den Rücken gejagt wie dieser Mann hier. Das lag wohl an dem Gesichtsausdruck, denn die Lippen waren zu einem höhnischen Lächeln verzogen, und die Augen blickten stechend. Der Mann musste große Schmerzen haben – manchmal zuckte er zusammen, und sein Atem ging oft schnell und dann wieder langsam und mühevoll.
»Da sind Sie also«, begann Daugherty endlich. »Lange haben Sie gebraucht. Und ich hätte nicht gedacht, dass Sie es überhaupt schaffen.«
Jack runzelte über diese kryptische Bemerkung die Stirn, aber seine Antwort wurde vom Brüllen des Tigers unterbrochen, der an der Kette zerrte. Ein schlanker Bursche, den Jack bei seinem Eintritt nicht bemerkt hatte, tauchte plötzlich auf und warf dem Tier ein Stück Fleisch hin. Der Tiger stürzte sich darauf.
»Seltsam zu denken, dass er mich überleben wird«, sagte Daugherty, der den Kopf so gedreht hatte, dass er das Tier beobachten konnte. »Eigentlich war es anders gedacht gewesen. Sein Fell und das seiner Mutter hätten vor meinem Bett liegen sollen. Aber so bringt es mir eine Genugtuung zu sehen, dass er in meiner Gewalt ist. Und er erinnert mich daran, dass seine Mutter unter meinem Messer starb.«
Jack sah zu dem Burschen hin, der sich mit einem wachsamen Blick auf Jack wieder zurückzog.
»Er stört nicht«, sprach Daugherty weiter. »Er kann auch nichts von dem weitererzählen, was wir besprechen. Dafür habe ich gesorgt. Er hat keine Zunge mehr.« Er wandte mit sichtlicher Mühe wieder den Kopf, so dass er Jack ansehen konnte. »Sein Vorgänger starb leider bei dieser letzten Tigerjagd, aber davor konnte er ihn noch heranbilden. Er ist verflucht gut mit der Pistole in seinem Hosenbund. So
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