In den Armen des Fremden
noch ein halbes Kind – normalerweise hätte sie nicht die geringste Chance gegen dich.“
Kitty wandte sich ab und suchte nach einer Erklärung, die ihn beschwichtigen würde. Schließlich sagte sie nur: „Sie hat doch recht gehabt.“
„Was uns betrifft?“, fragte er. „Wir waren uns doch einig, dass die Sache zwischen uns niemanden etwas angeht. Wenn du ein Problem hast, bei einem Pressetermin zu lügen, hättest du es mir vorher …“
„Nicht mit ihrer Behauptung über uns“, unterbrach Kitty, „sondern über mich.“ Wieder wandte sie sich ab, doch dieses Mal, weil sie es nicht fertigbrachte, Ford in die Augen zu sehen. „Alles, was sie über mich gesagt hat, ist wahr.“
„Kitty …
„All die unschönen Worte, die sie gebraucht hat, treffen leider zu. Dass ich naiv und unvorbereitet war. Und auch die eklatante Unfähigkeit. Stimmt leider alles.“
Ford fiel auf, wie steif ihre Rückenmuskeln wirkten. Er verstand zuerst nicht … Schließlich fragte er verwirrt: „Was meinst du damit? Du bist doch nicht unfähig!“
„Es fällt dir nur nicht auf, weil ich meine fehlende Kompetenz geschickt verberge. In Wirklichkeit weiß ich nicht immer, welche Auswirkungen mein Handeln hat. Ich habe tatsächlich die Leitung ohne irgendeine Vorbereitung übernommen. Es war ein Fehler, dass man mich zur Geschäftsführerin ernannt hat.“
„Kitty, ein Unternehmen dieser Größe zu leiten ist keine leichte Aufgabe. Im Grunde gibt es dafür keine geeignete Vorbereitung. Ich finde, du in deiner Situation hattest es besonders schwer, nachdem dein Vater so unerwartet gestorben war. Du hast um ihn getrauert … Auf keinen Fall bist du inkompetent!“
Als sie ihm zulächelte, glitzerten ihre Augen. Waren das Tränen ?
„Du verstehst nicht. Vorbereitung hin oder her – ich bin einfach nicht klug genug für diese Aufgabe.“
Ford lachte nur – ein Riesenfehler! Denn Kitty zuckte zusammen, als ob sie geschlagen worden wäre. Schnell wandte sie sich wieder zum Fenster. Ohne ihr Gesicht zu sehen, war sich Ford sicher, dass sie jetzt weinte.
Am liebsten wäre er zu ihr gegangen, hätte sie in die Arme genommen und getröstet. Doch er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass ihr Stolz nicht zuließ, dass er sie weinen sah. Wenn er sie schon verletzt hatte, musste er sie nicht auch noch beleidigen.
„Kitty, es tut mir leid. Aber der Gedanke ist einfach lächerlich.“
„Ford …“
„Ich kenne deine Schlagfertigkeit – wie jeder, der schon einmal mit dir gesprochen hat. Du kannst Menschen bezaubern wie niemand sonst. Wer sich in einem Saal mit Leuten aus der High Society behauptet, muss einiges auf dem Kasten haben. Glaub mir bitte, wenn du nicht klug wärst, hätte ich das inzwischen gemerkt.“
Aber sie schaute ihn nur ärgerlich an. „Warum willst du mit mir darüber streiten? Als mein Vater und meine Großmutter noch am Leben waren, haben sie mich, so gut es ging, in Schutz genommen. Nach Vaters Tod hätte ich vernünftig sein und gar nicht erst versuchen sollen, seinen Platz einzunehmen. Aber ich war egoistisch und habe geglaubt, es würde reichen, dass mir das Familienunternehmen so viel bedeutet … Dabei habe ich alles verdorben.“
So deprimiert kannte Ford sie gar nicht. Sie war ganz anders als sonst … Tröstend streckte er eine Hand nach ihr aus, doch Kitty entzog sich ihm.
„Bei der Pressekonferenz war die Rede von Umstrukturierungen. Wenn du wirklich alles tun willst, was in deiner Macht steht, um Biedermann’s vor dem Ruin zu bewahren“, sagte sie, „dann musst du mich entlassen.“
9. KAPITEL
„Was ist denn eigentlich mit Kitty los?“
Ford, der einige Fragen auf dem Herzen hatte, hatte Casey im Pausenraum entdeckt, wo sie sich gerade Kaffee machte. Unter ihren Ponyfransen sah sie zu ihm auf. „Meinen Sie heute? Oder im Allgemeinen?“
Die Male, die er sie bisher gesehen hatte, war sie ihm nicht übertrieben freundlich erschienen. Er fragte sich wirklich, wie sie es geschafft hatte, Chefsekretärin bei Biedermann’s zu werden und auch zu bleiben.
Trotzdem, der beste Weg, etwas herauszufinden, war nun einmal, mit der Sekretärin zu reden. Und anscheinend war Casey die Einzige, der Kitty vertraute.
Also lächelte Ford charmant und fragte: „Ich nehme an, die Zusammenarbeit mit ihr ist nicht immer einfach, oder?“
Stirnrunzelnd schaltete Casey die Kaffeemaschine ein. „Wenn Sie Kitty schlechtmachen wollen, müssen Sie sich jemand anderen suchen. Tratschen kommt für mich
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