In den Armen des Highlanders
beantwortete ihre Frage mit dem ersten albernen Kommentar, der ihm einfiel. »Dass ich die Schriften eines Mönchs lese, scheint Ihr erstaunlich zu finden, Lady Emily.«
In diesem Augenblick, als die Sonne goldene Lichter in ihr blondes Haar zauberte, lagen ihm mönchische Gedanken völlig fern.
»Es überrascht mich, dass Ihr überhaupt etwas lest, Sir.«
»Das könnte ich auch von Euch behaupten, Lady Emily«, fauchte er und nahm ihr das Buch aus der Hand. »Niemals hätte ich dem Earl of Warwick zugetraut, dass er seine Kinder unterrichten lässt.«
»Genauso dachte ich über Harold of Ravenswood ...« Als sie hellen Zorn in seinen Augen aufflammen sah, hätte sie sich am liebsten die Zunge abgebissen. Natürlich wollte sie ihn nicht beleidigen. »Was ich sagen wollte ...«
»Das weiß ich, Lady Emily«, unterbrach er sie in steifem, förmlichem Ton.
Emily seufzte. So war die Begegnung nicht geplant gewesen. Doch sie hatte nicht mit seiner Reizbarkeit gerechnet. Schon gar nicht, nachdem er meinen Namen so zärtlich ausgesprochen hat, als ich ihn geweckt habe, dachte sie bedrückt.
Was war nur los mit ihm?
Irgendwie musste sie die Kränkung, die sie ihm unbeabsichtigt zugefügt hatte, wieder gutmachen. Sie versuchte es, indem sie ihre ungewöhnliche Bildung erklärte. »Mein Vater war der Meinung, wir Mädchen müssten lesen lernen, damit wir die Rechnungsbücher überprüfen könnten. Auf diese Weise würde es unserem Verwalter niemals gelingen, ihn zu betrügen. Nach Vaters Meinung bringen gebildete Frauen ganz beträchtlichen Nutzen.«
Bittere Ironie verdunkelte Dravens Augen. »Und mein Vater dachte, solange der Verwalter um sein Leben bangte, würde er es nicht wagen, seinen Herrn zu hintergehen - ganz egal, ob der Erbe von Ravenswood lesen konnte oder nicht.«
Mit diesen Worten bestätigte er alles, was Emily jemals über die Earls of Ravenswood gehört hatte. Schon vor langer Zeit war die kalte Brutalität dieser Dynastie Legende geworden.
Trotzdem konnte sie sich nicht vorstellen, dass der fröhliche, lebhafte Denys in tausend Todesängsten schwebte. Ganz im Gegenteil, seine Stellung in dieser Burg schien ihn sogar zu beglücken.
»Habt Ihr soeben Euren morbiden Humor bewiesen?«, fragte sie, als sie sich entsann, was Simon über seinen Bruder erzählt hatte.
Draven verzog keine Miene. »Wie Ihr bald bemerken werdet, besitze ich überhaupt keinen Humor, zumindest keinen, der mir bewusst wäre.«
Was sollte sie darauf antworten? Da sie nicht erneut ins Fettnäpfchen treten wollte, wechselte sie das Thema. »Eigentlich habe ich Euch nur gesucht, um mich zu bedanken, Sir.«
»Wofür?«
»Nun, Ihr habt Euren Verwalter beauftragt, gewisse Veränderungen vorzunehmen«, erwiderte sie und ging auf ihn zu. »Es war viel mehr, als ich zu hoffen gewagt habe und ...« Als sie in seine Augen schaute, verstummte sie. Aus der Nähe betrachtet, wirkten sie nicht eisig, eher wie eine seltsame Mischung aus verschiedenen Blautönen.
Noch nie hatte sie solche Augen gesehen. Sie erinnerten sie an bunte Glasfenster. Direkt unter der linken Pupille entdeckte sie sogar einen rötlichen Punkt.
Sein Blick verschärfte sich. Genauso hatte Theodore dreingeschaut, bevor er sie zu küssen versuchte. Unbeweglich stand sie da. Ein Kuss ... Teils wünschte, teils fürchtete sie, Lord Draven würde einen solchen Versuch unternehmen.
Wie groß er ist ..., dachte sie. Für eine Frau war sie ziemlich groß. Ihr Vater überragte sie nur um einen Zoll. Und nun befand sich ihr Scheitel auf der gleichen Flöhe wie Lord Dravens Kinn. Die schwarzen Locken von einer sanften Brise liebkost, musterte er Emilys Lippen. Plötzlich sah sie unverhohlene Sehnsucht in seinem Blick, und da wollte sie seinen Mund auf ihrem spüren, das Innerste dieses Mannes kosten.
Atemlos erwartete sie seinen Kuss.
Er neigte den Kopf, öffnete die Lippen ...
Und als sie schon glaubte, er würde sie tatsächlich küssen, richtete er sich abrupt wieder auf. »Ich muss gehen«, verkündete er kurz angebunden und klemmte das Buch unter den Arm.
Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und eilte zum Hauptturm.
Erbost stemmte sie die Hände in die Hüften und starrte ihm nach. »Das wird nicht leicht werden«, flüsterte sie.
Wie sollte sie jemals sein Herz erobern, wenn er immer wieder aus ihrer Gesellschaft floh?
Enttäuscht, aber keineswegs entmutigt, kehrte sie in den Innenhof zurück, wo sie beinahe von Lord Dravens Knappen umgerannt
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