In den Armen des Highlanders
desto deutlicher gewann sie diesen Eindruck.
So gewinnend seine Züge auch sein mochten, sie erschienen ihr wie aus Stein gemeißelt, hart und kalt. Ein Lächeln wäre diesen Lippen völlig fremd, dachte sie.
Den Helm unter einem Arm, musterte er sie kühn und abschätzend. In ihrem Blut entzündete sich ein verwirrendes Feuer. Was er von ihr hielt, erkannte sie nicht. Doch als sein Blick auf ihren Brüsten verweilte, spürte sie, wie sie sich unter der Hitze seines Blickes aufrichteten.
»Was geht hier vor?«, rief ihr Vater, stieg ab und trat an ihre Seite.
Beim Klang seiner donnernden Stimme zuckte sie zusammen, dankbar für die Ablenkung von den sonderbaren Gefühlen, die der Blick des Ritters ihn ihr geweckt hatte.
Theodore scheuchte das Huhn von seinem Kopf. Dann versuchte er möglichst würdevoll aus dem Trog zu steigen, was ihm kläglich misslang.
»Vielleicht solltet Ihr Eure Tochter fragen, ob sie auf jeden Mann, der sie ärgert, ein Huhn hetzt«, schlug der imposante Ritter vor. Die Worte klangen leicht belustigt, die Miene blieb jedoch ausdruckslos.
»Still, Montague!«, fauchte Hugh Illingworth. »Was wisst Ihr denn schon von meiner Tochter oder ihren Gewohnheiten?«
»Nun, das wird sich ja bald ändern.«
Emily blinzelte überrascht. Was meinte er damit?
Obwohl sie es nicht für möglich gehalten hätte - die Röte im Gesicht ihres Vaters vertiefte sich noch, seine Augen glitzerten noch dunkler. Und dann wurde ihr klar, wie der schöne Ritter hieß.
Sicher konnte das nicht der Draven de Montague, Earl of Ravenswood sein, der Mann, über den sich ihr Vater bei König Henry beschwert hatte.
Wieso um alles in der Welt waren sie gemeinsam hierher geritten? Emily fand keine Erklärung dafür, denn sie wusste, wie abgrundtief ihr Vater diesen Earl hasste.
Offensichtlich waren merkwürdige Dinge geschehen, und sie konnte es kaum erwarten, den Vater allein zu sprechen und alle Neuigkeiten zu erfahren.
Als er sich ihr zuwandte, nahm sein Gesicht sanftere Züge an. »Hat Theodore dir wehgetan, Em?«
»Niemals würde ich einer Lady etwas zuleide tun!«, verteidigte sich Theodore. Doch seine Augen erzählten eine andere Geschichte. Darin las sie reine Bosheit, und sie gelobte sich, ihm nie wieder allein zu begegnen.
Wie auch immer, er würde sie nicht einschüchtern können. Und sie würde gut mit ihm fertig werden, mit oder ohne Huhn.
»Es geht mir gut, Vater«, versicherte sie.
»Anscheinend hat er nur das Huhn erschreckt«, bemerkte Ravenswood trocken.
Emily biss sich auf die Lippen, um einen neuen Lachreiz zu bekämpfen. Dann spähte sie über die Schulter ihres Vaters hinweg, in Ravenswoods Gesicht, das keine Spur von Humor zeigte.
Voller Sorge beobachtete sie, wie sich die Nasenflügel ihres Vaters blähten, schlang die Arme um seinen Hals und drückte ihn ganz fest an sich. Wenn er nach Hause kam, sollte er sich nicht ärgern, das wäre das Letzte, was sie wollte. Viel zu lange hatte er sich elend gefühlt und gegrübelt. Außerdem hasste sie es, irgendjemanden unglücklich zu sehen. »Oh, ich bin so froh, dass du wieder daheim bist! War die Reise angenehm?«
»Eine Reise in die Hölle wäre angenehmer gewesen«, murmelte er und warf einen finsteren Blick auf die Reiter. »Heute Nacht dürft Ihr hier bleiben. Und morgen früh solltet Ihr uns so früh wie möglich verlassen.«
Die Augen des Earl of Ravenswood verengten sich. »Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, niemals unter dem Dach meiner Feinde zu schlafen. Und deshalb werden wir außerhalb Eurer Mauern kampieren.« Seine Stimme klang jetzt noch frostiger. »Im ersten Tageslicht brechen wir auf, und ich würde Euch raten, rechtzeitig die nötigen Vorkehrungen zu treffen.«
Mit diesen geheimnisvollen Worten schwang er sein kraftvolles Streitross herum und führte alle Reiter außer den beiden königlichen Boten und den drei Rittern des Schlossherrn aus dem Hof.
Theodore entschuldigte sich und eilte davon. Auf dem Weg zum Stall hinterließ er eine feuchte Spur.
Da stimmt was nicht, dachte Emily und wandte sich ihrem Vater zu. »Würdest du mir erklären ... ?«
Seufzend legte er einen Arm um ihre Schultern. »Komm mit mir, meine teure Em, ich muss unter vier Augen mit dir sprechen.«
Vor dem Tor der Festung entdeckten Draven und seine Männer eine kleine Lichtung, wo ein schmaler Bach frisches Wasser spenden würde. Allein, wie er es vorzog, striegelte er sein Pferd, während seine Männer Zelte aufbauten und sein Bruder
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