In den Armen des Highlanders
geraten? Verlegen und beschämt presste sie ihre Stirn an den abgewetzten Ledereinband des Buchs. Warum hatte Christina ihr das angetan? Dafür müsste sie die Freundin eigentlich erwürgen. Was hatte sich die Frau bloß dabei gedacht?
Und wenn sie tausend Jahre alt wurde - niemals würde sie das Entsetzen in Lord Dravens Miene vergessen.
»Bitte, Sir, ich wusste nicht, was diese Seiten enthalten, und ich ...«, begann sie zu stammeln.
Offenbar wählte sie nicht die richtigen Worte, denn er musterte sie kühl, mit hochgezogenen Brauen.
»Ich bin eine Jungfrau, Lord Draven«, würgte sie mühsam hervor. »Keine Ahnung, was in Christina gefahren ist - warum sie mir das geschenkt hat ...«
»Lassen wir’s dabei bewenden«, unterbrach er sie. »Am besten vergessen wir die ganze Sache.«
Erleichtert atmete sie auf, dankbar für seine Barmherzigkeit.
»Findet Ihr nicht, Ihr solltet jetzt zu Bett gehen, Lady?«, fragte er mit belegter Stimme.
»Heute Nacht kann ich nicht schlafen. Und ich würde es vorziehen, hier bei Euch zu bleiben, Sir, statt mich auf meinem Lager umherzuwerfen und meine Zofe schnarchen zu hören.«
»Warum?«
Erst jetzt wagte sie, ihn wieder anzuschauen, und las unverhohlenes Staunen in seinen Augen. »Fällt es Euch so schwer zu glauben, jemand würde Eure Gesellschaft schätzen, Sir?«
»Aye«, bestätigte er. »Außer Euch hat das noch niemand getan. Warum seid Ihr so erpicht darauf?«
»Vielleicht, weil ich der einzige Mensch bin, den Ihr wohl oder übel ertragen müsst. Ich nehme an, Eure Vorliebe für die Einsamkeit hat sogar Leute verscheucht, die ernsthaft um Freundschaft bemüht waren.«
»Aber Euch nicht.«
Lächelnd nicke sie. »Mich nicht, denn ich bin ganz besonders hartnäckig.«
»In diesem Punkt teile ich Eure Ansicht.«
Wie gern würde sie ihn berühren ... Doch irgendetwas in seiner Haltung warnte sie davor. Und so starrte sie in den nächtlichen Wald.
Draven lauschte ihren Atemzügen. So nahe stand sie vor ihm ... Und obwohl sich ihre Körper nicht streiften, erschien ihm ihre Gegenwart wie eine Umarmung. »Es war einmal ein Mann«, brach sie das Schweigen, »der ging zur Beichte und hatte einen Truthahn unter dem Arm.«
Müde seufzte er. Schon wieder ein Versuch, ihn zum Lachen zu bringen ...
Wann würde sie ihre Niederlage endlich akzeptieren?
»Und was wollte er mit dem Truthahn?« Wenn er sich auch fragte, warum er sie noch ermutigte, er konnte sich nicht zurückhalten.
»Nun, er bat den Priester: >Verzeiht mir, Vater, ich habe gesündigt. Diesen Truthahn habe ich gestohlen, um meine hungrigen Kinder zu füttern. Würdet Ihr ihn bitte nehmen, damit mir unser Herr vergibt ?< - Natürlich nichts entgegnete der Gottesmann. > Bringt den Truthahn dahin zurück, wo Ihr ihn entwendet habt.< - >Genau das habe ich versucht, Vater. Doch der Eigentümer wollte ihn nicht zurückhaben. Was sollte ich denn tun?< Da entgegnete der Priester: >Wenn Ihr die Wahrheit sagt, dann ist es Gottes Wille, dass Ihr den Truthahn behaltet. Gehet hin in Friedens Der Mann dankte dem Geistlichen und eilte nach Hause. Nachdem der Kirchenmann einigen Gläubigen die Beichte abgenommen hatte, zog er sich in seine vier Wände zurück. Er betrat seine Speisekammer und stellte fest, dass jemand ihm einen Truthahn gestohlen hatte.«
Ohne ein Lachen oder auch nur die Andeutung eines Lächelns verdrehte Draven die Augen. »Wie viele Witze kennt Ihr eigentlich, Lady?«
»Oh, sehr viele«, erklärte sie strahlend. »Mein Vater liebt die Narren und ihre Späße. Immer wieder lädt er sie in unsere Halle ein.«
Bei der Vorstellung, wie viele Geschichten sie ihm noch erzählen würde, spürte er ein schmerzhaftes Pochen in den Schläfen. »Also muss ich diese Scherze noch ein ganzes Jahr lang ertragen?«
»Es sei denn, Ihr macht’s Euch leichter und lacht schon jetzt, Sir.«
Beinahe hätte sie ihm ein Lächeln entlockt. Doch er nahm sich zusammen. »Bedenkt bitte, Lady - ebenso wie Ihr würde ich niemals eine Niederlage zugeben.«
Da neigte sie sich vor, bis sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten. »Für alles gibt es ein erstes Mal.« Dann trat sie zurück. »Eine Tochter bat ihren Vater um Rat: >Sag mir doch, soll ich Harry oder Stephen heiraten?< - >Natürlich Stephens antwortete der Vater. - >Wa-rum?s fragte sie. - >Weil ich mir von Stephen in den letzten sechs Monaten dauernd Geld geliehen habe<, erwiderte ihr Vater, >und er kommt trotzdem immer noch zu dir.<«
Draven richtete seinen Blick
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