In den Armen des Highlanders
als er selbst und mindestens einen Kopf kleiner, mit dichtem schwarzem Haar, üppig wucherndem Bart und listigem Blick. Draven musterte den grauen Überwurf. Doch er entsann sich nicht, zu welcher Dynastie das rot umrahmte Emblem eines Ebers gehörte, und war sofort auf der Hut. »Aye?«
»Darf ich mich vorstellen? Niles, Baron of Montclef.« Der Mann streckte seine rechte Hand aus. »Der Bräutigam. Wie ich von meiner Verlobten erfahren habe, seid Ihr vorhin eingetroffen, Sir, und es ist mir eine Freude, einen so berühmten Krieger zu begrüßen.«
Nur widerstrebend schüttelte Draven die dargebotene Hand. Meistens behielten ihn die Leute, die ihm schmeichelten, besonders aufmerksam im Auge, besonders, wenn er ihnen den Rücken kehrte.
Außerdem hatte dieser Mann irgendetwas an sich, das ihm missfiel. Wenn er auch nicht herausfand, was es sein mochte, entschloss er sich erneut zur Vorsicht.
Emily und die Nonne gingen vorbei.
Unbewusst schaute Draven den beiden nach.
Montclef lachte, schlug ihm auf die Schulter, und Draven knirschte mit den Zähnen. Solch joviale Gesten gestattete er sogar seinem Bruder nur ungern. Ein Fremder durfte sich dergleichen nicht anmaßen.
»Offenbar habt Ihr einen guten Geschmack, Sir«, meinte der Baron. Auch er betrachtete Emilys wiegende Hüften mit sichtlichem Interesse. »Sagt mir doch, gibt es auf dieser Welt etwas Schöneres für einen Mann, als sein Schwert in einem jungfräulichen Feld mit Blut zu beflecken?«
In wachsendem Ärger kniff Draven die Lippen zusammen. Solche Kommentare hatte sein Vater immer wieder abgegeben. Und dass Montclefs Bemerkung auf Emily abzielte, schürte seinen Zorn.
Wie ein Narr fuhr Niles fort: »So temperamentvoll wie Emily ist, nehme ich an, dass sie sehr schnell in Fahrt kommt.« Jetzt beugte er sich vor und senkte vertraulich die Stimme. »Verratet mir doch, Sir - hat sie Euch schon in den Mund genommen?«
Blinde Wut verschleierte Dravens Blick. Ehe er sich besinnen konnte, schmetterte er Montclef seine Faust mitten ins Gesicht.
Der Baron flog herum und fiel zu Boden. Draven sprang über den Tisch, um noch einmal zuzuschlagen. In letzter Sekunde riss Simon ihn zurück.
Die Gespräche und die Musik verstummten, alle Gäste spähten herüber, um festzustellen, was geschehen war.
Schwankend kam Niles auf die Beine. In seinen Au-gen glühte wilde Mordlust, als er seinen Widersacher anstarrte und das Blut von seinen Lippen wischte.
»Ihr habt von einer Dame gesprochen, Montclef«, betonte Draven und stieß Simon beiseite. »Und ich empfehle Euch dringend, in Zukunft Eure Zunge zu hüten, wenn von Lady Emily die Rede ist. Sonst könnte Euch ein gewisses Organ abgeschnitten werden.«
»Eigentlich hatte ich die Absicht, mich mit Euch zu verbünden, Ravenswood«, fauchte Niles. »Aber heute Abend habt Ihr einen tödlichen Fehler begangen.«
»Was geht hier vor?« Hugh Illingworth drängte sich durch die Menge der Zuschauer. »Niles?«
Konsterniert musterte er seinen blutenden Schwiegersohn in spe, hob dessen Kinn hoch und inspizierte den Schaden, den Dravens Fausthieb der Nase und der Wange des Barons zugefügt hatte. Dann tätschelte er ihm besänftigend den Rücken und winkte einen Diener herbei, der Montclef verarzten sollte.
Nachdem Hugh ein paar Worte mit Niles gewechselt hatte, richtete er seinen glitzernden, von Hass und Zorn erfüllten Blick auf Draven. »Verschwindet aus meiner Halle!«
Simon trat vor. »Aber mein Bruder hat nur ...«
»Gehen wir, Simon«, fiel Draven ihm ins Wort und wandte sich zur Tür. »Wo ich nicht willkommen bin, werde ich nicht bleiben.«
Die Hände in die Hüften gestemmt, versperrte Emily ihm den Weg. Helle Wut funkelte in ihren Augen, und er nahm an, dass er es war, der ihren Unmut erregt hatte.
»Hältst du mich immer noch für die Herrin deiner Festung, Vater?«, fragte sie.
»Natürlich«, stimmte er ohne Zögern zu.
»Dann ist Lord Draven in diesen Mauern willkommen.«
»Emily ...«, begann er in warnendem Ton.
»Wenn er geht, begleite ich ihn!«, zischte sie.
Verblüfft über ihr dreistes Benehmen, hob Draven die Brauen. Also war er nicht der Einzige, dem sie zu trotzen wagte. Die Lady fürchtete nichts und niemanden. In gewisser Weise tröstete ihn diese Erkenntnis.
»Muss ich den Tag verfluchen, an dem ich über deine Kühnheit gelacht habe?«, herrschte Hugh seine Tochter an. »Wie sollte ich denn ahnen, dass sie mich bis ins Alter peinigen würde ...« Mit schmalen Augen fixierte er
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