In den Armen des Highlanders
Draven. »Nun, meinetwegen kann er hier bleiben. Aber wenn er noch jemanden niederschlägt, fliegt er in hohem Bogen hinaus. Hast du mich verstanden?«
Emily nickte.
Nach einem letzten ärgerlichen Blick auf sein jüngstes Kind ersuchte er die Gäste, sich wieder zu vergnügen. Doch die Stimmung in der Halle war gedämpft, obwohl die Musiker eifrig zu spielen begannen. Nur langsam kamen die Gespräche wieder in Gang.
Joanne schenkte Draven ein seltsames, fast dankbares Lächeln, bevor sie in der Menge verschwand, die Nonne an ihrer Seite.
Reglos stand Montclef da und starrte ihn an, bis der Mann zu ihm eilte, den Emily mit dem Huhn angegriffen hatte. Dann entfernten sich die beiden.
Draven atmete auf. Bedauerlicherweise war seine Erleichterung nur von kurzer Dauer, denn die Miene der Lady kündete von neuem Ungemach.
»Warum seid Ihr über Niles hergefallen, Sir?«, fragte sie leise, aber eindeutig empört.
»Weil er mich darum gebeten hat.«
»Oh«, entgegnete sie mit bitterem Spott, »jetzt ist mir alles klar. Er ist also zu Euch gekommen und hat Euch angefleht: >Bitte, Lord Draven, würdet Ihr Eure Faust in mein Gesicht rammen und mich vor allen Hochzeitsgästen zu Boden schlagen?<«
»So ähnlich.«
Stöhnend verdrehte sie die Augen, eilte davon, und er blieb mit Simon allein zurück.
»Du hättest ihr doch erzählen können, wie er über sie hergezogen ist!«, warf sein Bruder ihm erbost vor.
»Warum sollte ich?«
Ungläubig schüttelte Simon den Kopf. »Ist es nicht Lady Emilys gutes Recht, zu erfahren, was für einen Mann ihre Schwester heiraten wird? Sicher würde das auch ihren Vater interessieren.«
»Da mische ich mich nicht ein«, stieß Draven heiser hervor. »Montclef ist in dieser Festung willkommen, während Warwick meine Gegenwart nur notgedrungen duldet. Meinst du, er würde auf mich hören, wenn ich ihn auf die charakterlichen Mängel seines künftigen Schwiegersohnes hinweise?«
Als er den Baron erwähnte, verflog sein Ärger. »Ich wollte den widerwärtigen Kerl nicht schlagen«, gestand er tonlos, über sich selbst erschrocken. »Aber ich habe vor lauter Wut die Beherrschung verloren.« Er schaute zum anderen Ende der Halle, wo Emily mit Joanne und der Nonne plauderte. Von kalter Angst ergriffen, ballte er die Hände. »Hätte sie mich so in Wut gebracht - hätte ich sie geschlagen, wäre sie nicht mehr am Leben.«
»Natürlich hättest du sie nicht geschlagen«, seufzte Si-mon ungeduldig.
Draven konnte seinen Blick nicht von ihr losreißen. Als Montclef ihn provoziert hatte, war ihm die Selbstbeherrschung vollkommen entglitten. Hätte Emily ihn wütend gemacht ...
Großer Gott, wenn er eines Tages seine Hand gegen sie erhöbe ...
Als er sich wieder Simon zuwandte, erinnerte er sich an die Kindheit, an das einzige Mal, wo er seinen jüngeren Bruder geschlagen hatte.
Sie waren in Streit geraten. Warum, wusste er nicht mehr. Plötzlich und unerwartet hatte ihn Simons Faust am Kinn getroffen.
Voller Wut hatte Draven den Hieb zurückgegeben, so vehement, dass Simon nach hinten getaumelt und die Treppe hinuntergefallen war.
Vor seinem geistigen Auge sah Draven immer noch den schrecklichen Sturz. Der kleine Bruder, der ihm mehr bedeutete als sein eigenes Leben, ein Opfer seines zügellosen Zorns ... In früher Jugend hatte er die meisten Prügel des Va ters an Simons Stelle hingenom men.
Wie oft hatte er den Jungen beschützt?
Doch an jenem verhängnisvollen Tag war er es gewesen, der Simon verletzt, alle klaren Gedanken aus seinem Gehirn ausgelöscht und unbeherrscht zugeschlagen hatte. Selbst wenn er hundert Jahre alt werden würde, niemals würde er den Anblick des hinabstürzenden Kindes vergessen, das grausige Geräusch des Aufpralls am Fuß der Treppe, die verdrehten, gebrochenen Ärmchen seines Bruders, der schluchzend, von Schmerzen gepeinigt, am Boden gelegen hatte.
Ohne jeden Zweifel, er war der Sohn seines Vaters. Obwohl er sich besser in der Gewalt hatte als Harold, wusste er doch, wie machtlos er seinem Jähzorn ausgeliefert war, wann immer er ihn übermannte.
Wenn er Simon hatte schlagen können, konnte er sich auch an anderen Menschen vergreifen, die ihm etwas bedeuteten.
Müde und schweren Herzens strich er sich übers Gesicht. »Wenn mich Lady Emily ernsthaft herausforde rn würde ...«
»Bitte, Draven, du bist nicht dein ...«
»Sei still, Simon. Diese s Risiko werde ich nicht einge hen. Ebenso wie mein Vater neige ich zu unkontrollierbaren
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