In Den Armen Des Normannen
endlose Verzögerungen durch Bette wegen des Gepäcks gegeben hatte, die nicht aufhören wollte, sich zu sorgen, wurde die Gruppe aus drei Menschen von Roberts Soldaten zur Küste eskortiert, die regelmäßig diesen Weg hin und her machten. Sie kannten einen direkteren Weg zur Küste, der gleich südlich von Berkhamstead lag. Sie kamen gar nicht in die Nähe von London und auch nicht in die Nähe von Godstone. Lillyth nahm ihre weiße Stute und auch Zephyr mit. Sie hatten auch noch andere zusätzliche Pferde bei sich, denn es war ein langer, harter Ritt. Sie brauchten vierzehn Tage, um zur Küste zu reiten, häufig mussten sie wegen Lillyths Zustand rasten. Es war keine schöne Zeit für eine solche Reise, doch die Straßen waren nach den kalten Frösten trocken, und erstaunlicherweise hielt sich das Wetter. Sie blieben vier Tage in einem Gasthof, bis das Schiff bereit war. Lillyth hielt sich nur in der Nähe ihrer Unterkunft auf, denn ein Seehafen war ein gefährlicher Ort in diesen Tagen, auch wenn sie liebend gern am Strand entlang in der Seeluft einen Spaziergang gemacht hätte. Schließlich, am fünften Tag, wurde sie zusammen mit Bette in einer kleinen Kabine auf dem Schiff untergebracht, und der Anker wurde gelichtet.
Guy hatte seine Leute doppelt so hart arbeiten lassen, bis die Ernte eingebracht war, dann hatte er seine Absicht erklärt, in die Normandie zurückzureisen. Als die endlosen Vorbereitungen für den Winter schließlich alle getroffen worden waren, war es schon Ende November, ehe er an seine Abreise denken konnte. Seine Brüder boten ihm an, mit ihm zu reisen, doch er lehnte ihr Angebot knapp ab und erklärte, dass er allein reisen wollte. Zur gleichen Zeit, zu der Lillyth von Havant lossegelte, fand auch Guy ein Schiff, das ihn nach Frankreich bringen würde, doch sein Ziel war St. Valery, der Ort, von dem aus die große normannische Armee im Jahr zuvor losgesegelt war.
Nachdem sie einen Tag lang im Kanal gesegelt waren, gerieten sie in einen frühen Wintersturm, und das Schiff wurde vom Kurs nach Westen abgetrieben. An einer Stelle, gleich nachdem sich der riesige Sturm gelegt hatte, begegneten sich die beiden Schiffe. Danach wurde der Kanal ruhiger, Guys Schiff ging wieder auf östlichen Kurs, und Lillyth wurde unaufhaltsam ihrem einsamen Ziel entgegengetragen.
Von dem Augenblick an, als ihre Füße das Deck berührten, war sie heftig seekrank. Ihr war schon ein paar Mal in ihrem Leben übel gewesen, doch nichts, so dachte sie elend, war so schlimm wie diese Seekrankheit. Während des Sturms wurde sie hin und her geworfen zwischen der Angst zu sterben und der Angst, nicht zu sterben. Sie betete, insgeheim zuerst, dann laut, dann schrie sie lästerlich, mit hocherhobenen Fäusten, bis sie all ihre Kraft verbraucht hatte. Danach lag sie zitternd in ihrer Koje und wünschte sich von ganzem Herzen, dass Guy bei ihr wäre, damit sie sich auf ihn stützen konnte. Sie betete um den Tod, doch dann versuchte sie verzweifelt, ihre Gebete zurückzunehmen, weil sie dann nie wieder das Gesicht ihres Geliebten sehen würde und auch, weil sie sich mehr als alles auf der Welt wünschte, sein Kind in ihren Armen zu halten.
Als die Gefahr vorüber war und ihre Furcht sich gelegt hatte, hasste sie ihn wieder. Das Schiff lief in den Hafen ein, und die kleine Gesellschaft ging von Bord. »Weil Flut ist, können wir den Mont St. Michel vor dem Morgen nicht erreichen«, erklärte Vater Sebastian. »Wir werden die Nacht in Barre le Heron verbringen. Wir brauchen einen Führer, der uns über die großen Sandbänke führt. Nur sehr wenige wissen, wo der Treibsand ist.«
Lillyth war beim Anblick der Insel mit den hohen Wellen, die dagegen schlugen, insgeheim entsetzt. Auch der nächste Morgen trug nicht dazu bei, ihre Furcht zu vertreiben, als sie die endlos flache Sandfläche sah. Kleine Felsen stachen überall aus dem Sand heraus, bedeckt mit Muscheln und anderen Tieren, und winzige Krabben krochen überall herum.
Sie führten ihre Pferde über den Damm und dann durch das große Tor des Schlosses. Über ihnen erhob sich ein steiler Pfad, bis hin zu der Stelle, an der die Gebäude auf dem höchsten Punkt der Insel errichtet waren. Das Schloss war recht schlicht, doch das Kloster war beeindruckend. Ihre Pferde wurden im Hof des Schlosses untergebracht, das Schloss selbst bestand nur aus einem Speisesaal, den Mauern des Torhauses und einem einzigen Turm, in dem die Räume von Lillyth lagen. Später würden sie das
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