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In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana H. Preston
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entsetzlicher Plackerei, befanden sie sich endlich wieder auf dem richtigen Weg. Doch sie waren ihrem nächsten Depot nur wenig näher gekommen, und die Lebensmittel gingen allmählich zur Neige. Sie verminderten ihre Rationen, holten aus Pemmikan, der nur für drei Mahlzeiten gedacht war, eine zusätzliche heraus, und halbierten so ihr kärgliches Mittagessen.
    Am nächsten Tag verirrten sie sich wieder, gerieten erneut in ein Labyrinth von Spalten und Rissen und wanderten, wie Wilson notierte, »stundenlang vollkommen verloren« herum. Es kam jedenfalls zu einer Diskussion, wenn nicht gar zum Streit darüber, was zu tun sei. Scott notierte: »Unterschiedliche Meinungen führten dazu, dass unser Kurs stark schwankte«, und sie waren gezwungen, »an der aller schlimmsten Stelle« zu kampieren. Oates hielt fest: »Wir sitzen heute Nacht in einem ziemlich scheußlichen Loch.« Sie waren sich der bitteren Wahrheit bewusst, dass sie nur noch eine einzige Mahlzeit übrig hatten. Die Formulierung in Scotts Tagebuch verrät Nervosität. Er spricht von Ausdauer, davon, wie die Gruppe durchkommen müsse und werde und wie sie mit weniger Nahrung auskommen könne.
    Der nächste Morgen brachte dichtes Schneetreiben, das alles verhüllte. Die einzige Wahl, die sie hatten, bestand darin, hungrig und bange in ihren Schlafsäcken zu bleiben. Doch im Laufe des Vormittags konnten sie aufbrechen, und nachdem sie sich durch eine chaotische Fläche aufgebrochenen Eises hindurchgekämpft hatten, stießen sie auf die Reste einer alten Moräne. Auf diesem glatteren Boden kamen sie leichter voran. Evans, den ein Schatten auf dem Eis verwirrt hatte, schrie auf, weil er glaubte, sie hätten das nächste Depot erreicht. Nicht lange danach machte Wilson tatsächlich die Fahne des Depots aus. Sie hatten jetzt für weitere dreieinhalb Tage etwas zu essen. Wilson sammelte sogar, während sie weiter trotteten, eine oder zwei Stunden lang Gesteinsproben ein. Sie waren auch erleichtert, Botschaften vorzufinden, dass die beiden Hilfstrupps wohlbehalten hier durchgekommen waren, obwohl Teddy Evans »die Pressrücken ebenso in Verwirrung gestürzt zu haben scheinen wie uns«. 5 Tatsächlich war Teddy Evans in diesem Augenblick nicht in Sicherheit. Er war, an Skorbut erkrankt, zusammengebrochen, als er noch etwa 180 Kilometer zu gehen hatte, und befand sich zu diesem Zeitpunkt immer noch auf dem Ross-Schelfeis.
    Scott grübelte über die enervierenden Erfahrungen der letzten Tage nach: »In Zukunft müssen die Lebensmittelrationen so berechnet werden, dass es nicht zur Knappheit kommt, wenn das Wetter uns im Stich lässt. Wir dürfen nicht noch einmal in so ein Loch wie dieses geraten.« Die jüngsten Ereignisse hatten ihn stark verunsichert, und er begriff langsam, dass er zu knapp kalkuliert hatte. Er hatte auch Zeit, die Verfassung seiner Kameraden einzuschätzen. Bowers und Wilson litten schwer unter Schneeblindheit. Doch was über Evans zu berichten war, war viel schlimmer. Dieser einst so starke und dynamische Riese hatte »nicht die Kraft, beim Aufstellen und Abbauen des Zeltes mitzuhelfen«, aber den Grund erklärt Scott nicht. Vielleicht hinderten ihn seine wunden und erfrorenen Hände daran, oder vielleicht war es ein weiterer Ausdruck der Langsamkeit, die Scott an Evans feststellte, seit dieser in die Spalte gestürzt war.
    Sie machten sich am nächsten Tag wieder auf den Weg; sie hatten neue Lebensmittelvorräte, legten aber nur zwölf Kilometer zurück. Scott wusste, dass eine Krise drohte:
    »Man kommt nicht um die Tatsache herum, dass wir nicht gut in Form sind. Wahrscheinlich keiner von uns: Wilson bereitet sein Bein immer noch Sorgen, und er traut sich nicht auf die Skier; aber der schlimmste Fall ist Evans, der uns Anlass zu ernster Sorge gibt. Heute morgen hatte er eine große Blase am Fuß. Sie hielt uns bei unserem Marsch auf ... Manchmal befürchte ich, es geht ihm immer schlechter, doch ich bin zuversichtlich, dass er sich wieder erholt, wenn wir uns heute nachmittag gleichmäßig auf Skiern voranbewegen. Er hat Hunger und Wilson auch.«
    Unter Hunger litten auch die Norweger auf ihrer Rückreise, aber wie Amundsen schrieb: »Zum Glück waren wir so gut mit Proviant eingedeckt, dass wir, wenn uns diese Hungergefühle überfielen, unsere Tagesrationen erhöhen konnten.« 6
    Es gibt Hinweise darauf, dass Scott und seine Leute den Mut sinken ließen. Alle waren wohl am Ende ihrer Kräfte angelangt, während Scott frustriert und über

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