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In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana H. Preston
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hätte Scott sorgfältiger überprüfen müssen, wieso in der Antarktis der Brennstoff aus seinen Behältern verdunstete. Dies war bereits bei der Discovery -Expedition der Fall gewesen, und Scott schrieb es den Verschlusskorken zu. Deshalb nutzte er bei der Terra-Nova -Expedition nur Metallverschlüsse und Dichtungsringe aus Leder, scheint diese aber nicht getestet zu haben, denn der Brennstoff verdunstete noch immer in seinen Behältern. Amundsen hatte auf seinen Reisen in die Arktis mit demselben Problem zu tun gehabt. Er hatte sämtliche Schweißnähte nachlöten lassen, um sie zu verstärken, was das Problem offenbar behob, das wahrscheinlich von Lecks an den Schweißnähten herrührte, die durch das heftige Rütteln beim Transport auf den Schlitten entstanden waren. Doch selbst wenn der Brennstoff nicht verdunstet wäre – Scott hatte die benötigte Menge wahrscheinlich unterschätzt. Heutzutage werden ausreichende Brennstoffvorräte als so entscheidend erachtet, dass die britische Antarktisstation bei warmen Wetterbedingungen Brennstoffrationen von der doppelten Menge einsetzt wie Scott, und bei Kälte noch einmal das Doppelte. 14
    Eine Folge der Verdunstung war, dass Scott über zu wenig Brennstoff zum Kochen und – was fast genauso wichtig war – zum Schmelzen von Eis zu Trinkwasser verfügte. Die Austrocknung muss sich auf das körperliche Wohlbefinden der Gruppe beim Marsch über das hochgelegene Plateau stark ausgewirkt haben. Der Körper braucht in der Höhe eine große Menge Flüssigkeit, und Dehydration kann zur Höhenkrankheit führen. Neuere Untersuchungen zeigen, dass der Wasserverbrauch von Scotts Gruppe pro Tag nur ungefähr der Menge entsprach, die tatsächlich für eine Stunde Schlitten ziehen benötigt wird. 15 In den Polargebieten ist der Luftdruck niedriger als am Äquator. Daher entsprachen die 3350 Meter auf dem Polarplateau ungefähr einer Höhe von 3960 Metern in Europa, was gerade hoch genug ist, um Kurzatmigkeit und letztlich ein Hirnödem auszulösen. Auf der Discovery -Expedition war einer der Seeleute, Handsley, schon auf ungefähr 2750 Metern infolge von Höhenkrankheit kollabiert. Eine weitere Folge ihrer Brennstoffknappheit war, dass Scott und seine Leute ihre Kleider und ihre Ausrüstung nicht nach jedem Tagesmarsch gründlich austrocknen konnten; deshalb wurden sie mit der Zeit immer kälter, schwerfälliger und steifer, und folglich wurde auch ihre Handhabung immer beschwerlicher.
    Scotts Anweisungen, vor allem seine mündlichen Instruktionen an Atkinson und Evans, zur Unterstützung der Pol-Gruppe Hundegespanne auszusenden, waren zu vage und stützten sich darauf, dass die Nachrichtenübermittler wohlbehalten und rechtzeitig nach Cape Evans zurückkehrten. Scott scheint sich darüber, was für eine Leistung er von den Hundeteams erwarten sollte, nicht im klaren und ständig mit dem Dilemma konfrontiert gewesen zu sein, ob er sie für die Schlittenreise im nächsten Jahr am Leben lassen oder sie zur Beschleunigung der Rückkehr der Pol-Gruppe einsetzen sollte. Doch gemeinsam mit den übrigen Mitgliedern der Expedition hatte er nie geglaubt, dass sie für das Überleben der Pol-Gruppe eine wesentliche Rolle spielen könnten. So wie viele Bergsteiger erst bei der Rückkehr vom Gipfel den Tod gefunden haben, unterschätzte Scott, wie eine Reihe anderer Polarforscher, die Schwierigkeiten der Rückreise sehr stark, weil er sich zu sehr auf die Leistung der Poleroberung selbst konzentrierte. Dies erklärt wahrscheinlich auch, warum Scott nicht erwog, Hilfsgruppen über das Schelfeis zum Beardmore-Gletscher zu entsenden, die die Pol-Gruppe bei ihrer Rückkehr auf dieselbe Weise hätten unterstützen sollen, wie sie dies auf der Hinreise getan hatten.
    Einige von Scotts anderen Entscheidungen waren ebenfalls fragwürdig – zumindest im Nachhinein betrachtet. So erlaubte er zum Beispiel Wilson und Birdie Bowers – Männern, die er mit Sicherheit auf die Reise zum Pol und, im Fall von Wilson zumindest, wahrscheinlich zum Pol selbst mitnehmen wollte –, drei Monate vor dem Aufbruch zum Pol die äußerst strapaziöse und schwächende Winterreise nach Cape Crozier. Nachdem Evans bereits tot war und Oates immer schwächer wurde, war es dann noch sinnvoll, etwa 16 Kilogramm Gesteinsproben auf dem Schlitten mitzuziehen? Gran meinte, sie hätten sich diese Last ersparen können. Es wäre besser gewesen, sie unter einem der Steinhaufen zu verstauen, um sie dann im nächsten Jahr, wenn

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