In den Haenden des Eroberers
hätten sich während eines Angriffs auf ihre Burg zu Tode geängstigt und nie den Mut aufgebracht, die Ehe mit dem Mann einzugehen, der ihr als Einziger Rettung versprach.
Giles wusste, dass Lady Fayth ihn fürchtete. Doch er sah auch, dass in so manchem Augenblick Wut die Angst verdrängte. Dann glomm es gefährlich in ihren Augen, und ein Hauch von Röte legte sich auf ihre Wangen. So wie gerade eben, als sie ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte. Und seine Nase dabei nur knapp verfehlte, wie er sich eingestehen musste.
Jeder andere Mann in seiner Situation hätte wohl die Tür eingetreten, kaum dass sie vor ihm zugefallen war, doch nicht so Giles. Oh, ein kräftiger Tritt hätte genügt, aber warum den Handwerkern unnötig Arbeit bereiten, wenn man die Tür doch gar nicht zerstören musste, um sie zu entfernen? Giles setzte seine Fäuste immer als letztes Mittel ein, denn jeder Rohling vermochte einen schwächeren Gegner niederzuschlagen. So aber wollte Giles seiner Aufgabe als Lord und Gemahl nicht nachkommen. Nicht bei einer Frau wie Lady Fayth, mit der ihn nun die Ehe verband.
Giles wusste, dass seine Männer ihn beobachteten, nicht nur die beiden Wachen neben der Tür, sondern auch die, die ihn zur Kapelle und zurück begleitet hatten. Er hätte sich nicht derart überrumpeln lassen dürfen, wo er doch um den starken Charakter und die hohe Intelligenz von Lady Fayth wusste. Entschlossen trat er von der Tür zurück und schickte sich an zu gehen.
„Nicht ganz die zarte englische Rose, die du erwartet hast, was?“, fragte Roger.
„Und selbst du hast es nicht geschafft, sie zu pflücken“, warf Brice hinter ihnen ein. „Du bist gut, Mylord , aber so gut dann auch wieder nicht.“
Der Geneckte lachte ebenso wie die beiden Spötter. Eine Rose so schön wie diese zu pflücken wäre Giles nicht im Mindesten schwergefallen. Bedachte man die weiblichen Rundungen und Verlockungen dieser Rose, wäre der Akt im Nu vollzogen gewesen. Ohne Weiteres hätte sich Giles im Grün ihrer Augen verlieren können, doch zu sehr plagte ihn die Sorge, welche Rolle die Dame in den Plänen seines Feindes tatsächlich spielte.
Nur Brice hatte er anvertraut, was er befürchtete und dass er die Ehe erst vollziehen werde, wenn diese Befürchtung ausgeschlossen werden konnte. Eine Braut zu ehelichen, deren Jungfräulichkeit infrage stand, war unschön genug. Aber er würde den Teufel tun und sich ohne sein Wissen das Kind eines anderen Mannes unterschieben lassen. Die Ironie des Gedankens blieb ihm nicht verborgen.
„Ah, doch wir Bretonen“, erwiderte Giles lachend, „sind, was das Pflücken angeht, immer noch besser als die meisten englischen Herren. Auf jeden Fall aber schneller.“ Er schlug Brice kameradschaftlich auf die Schulter und fuhr fort: „Und du, der du dich bald Lord Thaxted nennen darfst, solltest den Mund nicht zu voll nehmen. Gib nur acht, bald macht auch dir eine angelsächsische Maid das Leben schwer.“
Brice entgegnete nichts darauf. Wahrscheinlich weilte er in Gedanken schon in der dornigen Zukunft, die ihm an der Seite seiner eigenen „Rose“ bevorstand. Sobald Giles die Dinge hier unter Kontrolle hatte, würde Brice nach Norden aufbrechen, um die Burg und die Frau zu beanspruchen, die ihm Herzog William übereignete. Giles winkte den anderen, ihm zu folgen, und gab den beiden Wachen schnell noch neue Anweisungen bezüglich seiner … Gemahlin.
Würde je eine Zeit kommen, in der er ein solcher Gedanke ihn nicht befremdete? Als Bastard eines bretonischen Vicomte und einer einfachen Weberin hätte er eine solche Position niemals erreichen dürfen. Davon träumen? Oh, ja, geträumt hatte er und gebetet, dass es wahr würde. Aber jemand wie er heiratete nicht die Tochter eines Adligen oder erlangte einen Titel, so wie es ihm, Giles, nun passiert war. Eigentlich hätte er Bediensteter im Haushalt seines Vaters sein müssen. Aber William hatte Männer gebraucht, die für ihn kämpften, und da Giles sich darauf verstand, war er nun hier und hatte tatsächlich erreicht, was er sich immer erträumt hatte.
Ein Krieg, so würde sein Freund Simon jetzt sagen, machte alle Männer gleich und ebnete auch dem Geringsten den Weg nach oben. Giles lächelte bei dem Gedanken an die vielen Gespräche, die sie beide im Frühjahr auf der Hochzeit von Simon und Elise geführt hatten. Diese Heirat war Simons erster Schritt auf dem Weg gewesen, den das Schicksal ihm wies.
Doch weder Titel noch Braut vermochten zu
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