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In den Haenden des Eroberers

In den Haenden des Eroberers

Titel: In den Haenden des Eroberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terri Brisbin
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der ihm den Lehnseid nicht geschworen hatte.
    Lord Giles’ Verhalten passte damit gar nicht zu den erschreckenden Gerüchten über die marodierenden Truppen der Eroberer, die, wie man hörte, plündernd und mordend durch England zogen, um nach dem eingenommenen Süden nun auch die Kontrolle über den Norden zu erlangen. Noch immer gingen die Scharmützel weiter, noch immer starben Menschen, und noch viele weitere würden zu Tode kommen, bevor der Streit über den Thron Englands entschieden sein würde.
    Fayth seufzte. So viele Tote, so vieles, das dem Machthunger anheimgefallen war. Und wer nicht gestorben war, sah einem Winter voller Entbehrungen entgegen. Sie musste einen Weg finden, sich mit dem neuen Lord zu arrangieren, um gemeinsam mit ihm um das Überleben ihres Volkes zu kämpfen. Rasch warf sie sich den Umhang über, den Emma ihr reichte, und trat dann mit ihrer Kammerfrau aus der Küche in den Hof hinaus.
    Dort empfing sie ein kräftiger Wind, und Fayth stand einen Moment einfach da und genoss die frische Brise. Tagelang war sie nicht aus dem Wohnturm herausgekommen, und die kühle Luft hatte etwas Befreiendes. Emma stopfte den Saum des leinenen Schleiers fest, den ihre Herrin nun als verheiratete Frau trug, damit der Wind ihn nicht fortriss.
    Als Fayth das letzte Mal in den Hof hinausgetreten war, hatte der Bretone sie zur Kapelle geführt, ihrer Vermählung entgegen. Dieses Mal wandte sie das Gesicht der Sonne zu und genoss den Duft des Herbstes. Fayth wusste, dass die lauen Tage gezählt waren und bald der Winter mit Kälte und Dunkelheit Land und Himmel in Besitz nehmen würde. Umso willkommener war ihr das schöne Wetter, und sie nutzte es, um nach den Burgbewohnern zu sehen und zu erkunden, ob es ihnen an etwas fehlte.
    So verging ein Gutteil des Vormittags, und Fayth ging ganz darin auf, sich wieder nützlich machen zu können. Ohne ihren Gemahl um Erlaubnis zu fragen, ging sie auf eigene Faust los, um zu erfragen, was die Menschen benötigten, welche Vorräte aufgebraucht waren und wovon noch genügend da war. Zwei Jahre lang hatte sie stellvertretend für ihren Vater die Burg verwaltet, und sie hatte gelernt, nüchtern die Lage einzuschätzen und zu kalkulieren, was für einen anstehenden Winter noch gebraucht wurde. Als Fayth sich der neu errichteten Kate des Schmiedes näherte, sah sie, wie ihr bretonischer Gemahl den jungen Durwyn zum Brunnen führte. Neugierig zu sehen, was er von dem Jungen wollte, gab sie Emma mit einer Geste zu verstehen, leise zu sein und zurückzubleiben. Dann folgte Fayth Lord Giles und dem Jungen im Schutz des Mauerschattens.
    Sie war zu weit entfernt, um die Worte zu verstehen, die zwischen den beiden fielen. Aber sie konnte sehen, wie Durwyns Vater hinzutrat und ebenfalls etwas sagte, und aus den Mienen der beiden Erwachsenen schloss sie, dass sie über Durwyn sprachen. Der Ritter schien dem Burschen nicht übel gesonnen, aber Fayth bemerkte, dass alle, die im Hof arbeiteten, den Lord argwöhnisch beobachteten. Bald darauf hastete der Bursche mit einem vollen Wassereimer davon, und Lord Giles kehrte an seine Arbeit zurück.
    Wobei er so gut wie nichts anhatte.
    Als er dicht an Fayth vorbeiging, wich sie bis an die Mauer zurück, um nicht vom ihm entdeckt zu werden. Er hatte geschwitzt, sich von Tunika und Hemd befreit und trug nur noch das Beinkleid, das sich feucht an seine Haut schmiegte. Der kühle Wind schien ihm nichts auszumachen. Bei jedem Schritt traten seine Muskeln deutlich hervor, und Fayth konnte den Blick nicht von seinen kräftigen Beinen abwenden, während Giles zu seinen Männern hinüberging, die mit dem Zerlegen von Baumstämmen beschäftigt waren.
    Es war das erste Mal, dass Fayth Lord Giles bei Licht sah, ohne dass Kleidung seine Gestalt verhüllte, und sie verspürte eine unziemliche Neugier auf den Mann, der das Bett mit ihr geteilt hatte. Er rief einem seiner Männer etwas in seiner Sprache zu, eine Bemerkung über die alte Zeit am Hof seines Vaters, und alle lachten. Dann nahm er die große Axt zur Hand, holte aus und ließ sie auf das Holz niederfahren. Aus großen Klötzen wurden kleinere Scheite, die entweder als Feuerholz dienen oder zu Brettern verarbeitet würden.
    Giles Fitzhenry war Fayth heute noch ein genauso großes Rätsel wie an dem Tag, an dem sie sein Sendschreiben erhalten hatte, in dem er sie darüber in Kenntnis setzte, dass er kommen und das Anwesen für sich beanspruchen würde – das Anwesen und sie, Fayth. Sie trat aus

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