In den Haenden des Eroberers
über stumm. Erst als sie das Burgtor erreichten, wagte sie, eine Frage an den Ritter zu richten.
„Was werdet Ihr nun tun, Brice?“, flüsterte sie seinem Rücken zu.
„Da ich derjenige war, der Giles gedrängt hat, Euch zu der Frau zu lassen, muss ich Euch wohl tun lassen, was Ihr als Burgherrin für richtig erachtet“, erwiderte Brice steif.
Erleichtert atmete Fayth auf. Sie hatte erwartet, dass er sie Giles gegenüber verraten würde.
„Ich danke Euch …“, setzte sie an, doch Brice drehte sich im Sattel zu ihr um und funkelte sie an.
„Oh nein, wenn diese Geschichte erst ans Licht kommt, werdet Ihr mir nicht mehr dankbar sein, glaubt mir. Ebenso wenig wie Euer Gemahl. Und sie wird ans Licht kommen.“
„Aber wenn er nichts erfährt …“, wandte Fayth ein, doch Brice unterbrach sie erneut.
„Ihr verhindert, dass Lord Giles diese Sache regeln kann“, sagte der Ritter. „Ihr enthaltet ihm die Möglichkeit vor, selbst zu handeln und die Dinge zu regeln. Macht Euch das bewusst.“
Fayth spürte kalte Angst in sich aufsteigen. Es stimmte, sie nahm Giles die Möglichkeit zu handeln aus der Hand, aber nur deshalb, weil sie glaubte, dass er den beiden Bauern keinen Rückhalt gegen Lord Huard geben würde. Sie war nach wie vor überzeugt von der Richtigkeit ihres Tuns.
Zumindest bis Giles aus dem Wohnturm trat, um die Ankömmlinge zu begrüßen. Brice hielt ihren Arm, um ihr vom Pferd zu helfen, und die Worte, die er ihr dabei zuraunte, verstärkten das klamme Gefühl, das sie ergriffen hatte.
„Ich bete zu Gott, dass meine zukünftige Frau sich nicht in meine Angelegenheiten mischt, so wie Ihr es tut. So etwas könnte ich niemals verzeihen.“
Der Zorn des Ritters schüchterte Fayth ein, und sie glitt so unsicher vom Pferd, dass sie beinahe gestürzt wäre, als ihre Füße den Boden berührten. Sofort war Giles an ihrer Seite und legte ihr den Arm um die Taille.
„Danke, dass du Lady Fayth sicher zurückgebracht hast, Brice“, wandte sich Giles an seinen Freund. Fayth hingegen brachte es nicht über sich, dem Ritter in die Augen zu schauen.
„Ich reite noch einmal zurück, Giles“, erwiderte Brice. „Ich brauche Bewegung.“ Damit nahm er die Zügel auf und wendete sein Pferd so abrupt, dass dieses erschreckt stieg und mit einem lauten Stampfen wieder aufkam. Fayth und Giles wichen zurück, als Brice dem Tier die Sporen gab und durch das Burgtor hinaussprengte.
„Lucien“, rief Giles zum Wachturm hinauf. „Sieh nach, in welche Richtung er reitet, und dann schick ihm zwei Männer hinterher.“
Giles nahm Fayth bei der Hand und führte sie zum Wohnturm hinüber. „Sorgt Euch nicht“, sagte er. „Brice ist manchmal einfach düsterer Stimmung, und in solchen Momenten gibt es nichts, was ihn da herausholen könnte.“
„Ich glaube, Mylord, dass es eher mein Verhalten war, das ihn so verärgert hat“, räumte Fayth ein. „Ich höre weder auf seine Befehle noch auf seinen Rat, und das nimmt er übel.“ Das kam der Wahrheit recht nahe, fand sie.
„Lucien, wohin ist er geritten?“, rief Giles, bevor sie das Gebäude betraten.
„Ostwärts, Mylord. Ich schicke ihm Stephen und Fouqué hinterher.“
„Sie sind meisterhaft darin, anderen auf den Fersen zu bleiben“, sagte Giles zu Fayth. „Sie werden Brice schon heil zurückbringen.“
Ostwärts. Während Fayth ihrem Gemahl in die Halle folgte, ging ihr auf, dass Brice genau auf Lord Huards Anwesen zuhielt.
Brice schnallte Helm und Schwert am Sattel fest und trieb sein Pferd an. Er ritt gen Osten, auf Lord Huards Land zu, um Antworten auf Fragen zu erhalten, die er für sich behalten hatte. Er hatte nichts in der Hand als einen Verdacht, und ohne einen Beweis dafür, würde er Giles nicht mit in die Sache hineinziehen. Doch er hatte belauscht, was in Ediths Kate gesprochen worden war – er wusste, hinter alldem steckte weit mehr, als auf den ersten Blick ersichtlich war. Und er würde den Teufel tun und seinen Freund ins offene Messer laufen lassen.
Brice zügelte sein Pferd und ritt mehrere Meilen weiter Richtung Osten, bevor er kurz vor der Grenze zu Lord Huards Ländereien nach Norden abdrehte. Er folgte einem schmalen Flusslauf und ritt an einer niedrigen Hügelkette entlang. An einem kleinen See hielt er an, um sein Pferd rasten und saufen zu lassen. Dort holten ihn Stephen und Fouqué ein, und da Giles ihnen keine besonderen Anweisungen erteilt hatte, forderte Brice sie kurzerhand auf, sich ihm anzuschließen.
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