In den Haenden des Eroberers
ließen. Siward hatte sich die ganze Zeit über nicht vom Fleck gerührt, bis seine Frau versorgt und in eine warme Decke gehüllt war.
„Mylady, wir bitten Euch um Schutz.“ Siwards Stimme klang rau.
„Ich kann euch keinen Schutz zusichern, Siward, denn mein Gemahl, der Lord of Taerford, ist ein Vasall des normannischen Herzogs, und ich glaube nicht, dass er sich Lord Huard in dieser Sache entgegenstellen wird.“
Es zerriss Fayth das Herz, dass Giles ein solches Unrecht durchgehen lassen mochte, ohne einzuschreiten. Aber Lord Huards Männer hatten ihren Standpunkt deutlich gemacht, und daher konnte Fayth nicht sagen, wie er handeln würde. Sie wollte Emma gerade bitten, bei Nissa zu bleiben, als Brice von draußen nach ihr rief.
„Mylady? Könntet Ihr kurz herauskommen?“ Der Nachdruck in seiner Stimme machte klar, dass es keine Bitte war.
Fayth legte den Zeigefinger an die Lippen als Zeichen an die anderen, wachsam zu sein, und öffnete die Tür gerade so weit, dass sie hinausschlüpfen konnte, ohne den Blick ins Innere der Kate freizugeben.
„Ja, Sir Brice?“, wandte sie sich an den Ritter, entfernte sich dabei aber einige Schritte von der Hütte, damit sie nicht unmittelbar vor der Tür sprachen.
„Habe ich richtig gehört? Ist ein Mann in der Kate?“, fragte Brice.
„Ja, natürlich. Nissas Mann …“ Fayth musste kurz überlegen, bevor ihr der Name wieder einfiel. „Siward heißt er. Er wacht an der Seite seiner Frau.“
„Wie kam es dazu, dass die Frau verletzt wurde? Ist sie schwer verwundet? War es richtig, Euch zu holen?“ Die Augen des Ritters wurden schmal. Fayth sah, dass er etwas argwöhnte.
Der Anblick von Nissas geschundenem Körper hatte Fayth so aus der Fassung gebracht, dass ihr aus dem Stehgreif keine überzeugende Lüge einfiel. Die ganze Wahrheit aber wollte sie Brice auch nicht anvertrauen.
„Zwei Tage, Sir Brice“, bat sie. „Gebt ihnen zwei Tage, dann werden sie verschwinden.“ Fayth ergriff seinen Arm und beugte sich vor, damit nur er ihre Worte hörte. „Diese verfluchten normannischen Schurken“, zischte sie. „Diese Verbrecher, sie haben …“ Sie rang nach Worten.
„Mylady, Ihr solltet Euch nicht einmischen. Und versucht nicht, mich dazu zu bringen, etwas vor Eurem Gemahl zu verheimlichen“, entgegnete Brice und befreite seinen Arm aus ihrem Griff. „Ihr tätet gut daran, Lord Giles die Wahrheit zu sagen und ihn selbst entscheiden zu lassen.“
„Mein Vater, Sir Brice, hat Land an neue Pächter vergeben, kurz bevor er nach Norden aufbrach. Ohne die Unterlagen einzusehen, kann ich nicht mit Gewissheit sagen, dass diese Menschen nicht nach Taerford gehören“, warf Fayth ein.
Sie konnte die beiden Bauersleute unmöglich im Stich lassen. Zwei Tage Ruhe mochten Siward eine Chance geben, Lord Huards Männern zu entkommen. Sie würde Edmund eine Nachricht hinterlassen, die beiden mit nach Norden zu nehmen, für den Fall, dass er in den nächsten zwei Tagen ins Dorf kam.
„Mylady“, sagte Brice scharf. Er ahnte, was sie vorhatte.
„Zwei Tage sollten Zeit genug sein, um die neuen Pächterlisten durchzugehen. Gebt mir nur diese zwei Tage, damit ich die aufgeführten Namen und Gehöfte sichten kann, ich bitte Euch.“
Fayth wollte sich abwenden und in die Kate zurückgehen, aber Brice packte sie am Arm und zog sich zu sich heran.
„Fayth“, sagte er warnend. „Tut das nicht.“
Die vertrauliche Anrede und der wilde Ausdruck in seinen Augen ließen Fayth zusammenzucken. Sie blickte auf die Hand, die sie festhielt, dann sah sie Brice entschlossen in die Augen. Sie glaubte nicht, dass er ihr wehtun wollte; er wollte lediglich unterstreichen, dass er von ihrem Vorhaben nichts hielt.
„Natürlich steht es Euch frei, Sir Brice, die Listen selbst zu lesen oder Lord Giles darum zu bitten, es zu tun, falls Euch zwei Tage zu lang sind.“
Das saß, Fayth sah es an seinem Blick, bevor er sich abrupt abwandte und davonstiefelte. Sie hörte, wie er sie im Gehen leise verfluchte. Wenigstens hatte er davon abgesehen, in die Kate einzudringen und das Bauernpaar in Augenschein zu nehmen. Rasch schlüpfte sie wieder in die Hütte, sprach kurz mit Emma und ließ sie dann zurück.
Brice war schon aufgesessen und wartete vor der Kate auf Fayth. Da sonst niemand zugegen war, um ihr aufs Pferd zu helfen, streckte er ihr die Hand entgegen und half ihr, hinter ihm aufzusitzen. Fayth spürte, dass er noch immer verärgert war, und blieb daher den gesamten Rückweg
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