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In den Klauen des Bösen

In den Klauen des Bösen

Titel: In den Klauen des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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dann nach der zweiten Insel durch eine kleine Lücke, immer links halten, bis Sie ein’ großen Baumstumpf seh’n. Dann seh’n Sie schon die Stadt.«
    Zehn Minuten später waren sie angekommen. Als sie an dem Dock anlegten, wo Kitteridge seinen Wagen geparkt hatte, schaute Amelie sich nervös um, als fürchte sie, jemand könnte auf sie warten. Als sie Kitteridges Blick bemerkte, verzog sich ihr Gesicht zu einem Lächeln. »Dacht’, er könnt’ mich hier abfang’n. Er wollt, dass ich’s Kind zuhaus krieg’. Aber da will ich nich’. Ich will nich’, dass mein’ Baby ‘was passiert.«
    Kitteridge half ihr aus dem Boot und begleitete sie zum Polizeiwagen. Als sie sich in den Beifahrersitz klemmte, wurde sie von einer weiteren Wehe ergriffen. »Nur ruhig bleiben!« sagte er. »In wenigen Minuten befinden Sie sich in der Klinik.« Er schloss die Tür, rannte auf seine Seite, stieg ein, ließ den Motor an - und wie hübsch Amelie eigentlich war, sah er, als sie sich ihm mit einem richtigen Lächeln zudrehte. »War doch keine Zeitverschwendung, dass Sie zu mir ‘rausgefahr’n sin’ heute.«
    »Ich weiß aber immer noch nicht, wer der Tote ist«, bemerkte Kitteridge trocken.
    Amelie zuckte mit den Schultern. »Sie wissen aber, wer ‘s nich’ is’«, sagte sie wieder mit diesem verbitterten Lächeln, das ihr zur zweiten Natur geworden zu sein schien. »Ehrlich, ich hatt’ irgendwie gehofft, es würd’ George sein. Wenn er tot wär’, hätt’ ich wenigstens ‘n eigen’ Haus, oder?«
    Kitteridge wollte sich nicht in irgendwelche ehelichen Arrangements zwischen George und Amelie einmischen, war aber andererseits nach einer Stunde in Amelies Gesellschaft einigermaßen davon überzeugt, dass ihre Ehe nirgends beurkundet worden war. Was, wie er vermutete, genau der Absicht von George entsprochen haben dürfte. Solange ihm Amelie Spaß machte, okay. Danach würde er sie einfach hinauswerfen.
    Er stellte den Wagen auf dem Parkplatz der Klinik ab, begleitete Amelie hinein, arrangierte ihre Aufnahme, versprach, später noch einmal bei ihr vorbeizuschauen, und überließ sie der Fürsorge von Jolene Mayhew.
    Eine Sackgasse, dachte er in seinem Büro beim Ausfüllen der Formulare für den Toten aus dem Moor. Fingerabdrücke waren bereits abgenommen; vor der Beerdigung müssten noch Fotos und eine Gebißabnahme angefertigt werden. Doch bevor die namenlose Leiche sich in der Hitze und Luftfeuchtigkeit zersetzen könnte, würde sie in die Krypta, die für solche Zwecke bestand, auf dem Friedhof von Villejeune geschafft werden.
    Trotzdem konnte sich Tim Kitteridge bei der Erledigung der bürokratischen Formalitäten des Eindrucks nicht erwehren, dass der Tote George Coulton war.
    Ihm fielen wieder Marty Templars Worte vom Morgen ein, als er seinen Bericht über die Vorfälle des Abends ablieferte. »Wollen Sie etwas richtig Komisches hören, Chef? Die Frau, die den Toten fand - Amelie Coulton -, die hat etwas von einem Schwarzen Mann erzählt. Klang, als ob da plötzlich ein Gespenst erschienen wäre und ihren Mann geholt hätte. Glauben Sie den Leuten im Moor? Die müssen ja völlig bekloppt sein.«
    Und er erinnerte sich an Amelies Miene, als er den Schwarzen Mann erwähnt hatte. Sie hatte behauptet, sich nicht an ihre Worte vom Vorabend erinnern zu können. Aber er wusste, dass sie log.
    Log und Angst hatte.
    Amelie Coulton wusste bestimmt mehr als sie zugab.
    Kitteridge war sich allerdings ebenso sicher, dass sie trotz eines möglichen Motivs den Mann im Moor nicht umgebracht hatte. In ihrem hochschwangeren Zustand wäre ihr das gar nicht möglich gewesen.
    Nein, den Mann im Moor musste ein anderer getötet haben. Jemand, den Kitteridge wohl nie finden würde. Die Sumpfratten - mit Ausnahme von Amelie Coulton - sprachen ja nicht einmal mit ihm. Amelie wusste jedoch irgend etwas. Sie war allein ins Moor hinausgegangen; sie hatte damit gerechnet, die Leiche ihres Mannes zu finden; sie war keineswegs zufällig über die Leiche gestolpert und in Panik geraten. Kitteridge fasste einen Beschluss. Er machte sich wieder auf den Weg zur Klinik.
     
    Amelie lag im Bett und wartete auf die nächste Wehe. Sie versuchte, sich die zeitlichen Abstände zu merken, konnte sich aber nicht konzentrieren.
    Sie musste noch immer an den Polizeichef denken, der zu ihr hinausgekommen war, um sich nach George zu erkundigen.
    Sie wusste, dass er ihr am Nachmittag nicht alles geglaubt hatte und den Toten, der nachts zuvor im Moor gefunden

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