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In den Ruinen von Paris

In den Ruinen von Paris

Titel: In den Ruinen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ohrenbetäubenden Heulen auf sie herab, hielt plötzlich an und gewann wieder ein Stück an Höhe, gerade als Charity schon zu glauben begann, sein Pilot wolle sich wie in einem Kamikazeangriff auf sie stürzen. Ein halbes Dutzend greller Energiestrahlen brach aus seiner Flanke und verwandelte den Schlamm rings um sie herum in brodelnden Dampf. Feuer und kochender Morast regneten auf sie herab. Charity wartete, bis sich ihre Augen von dem gleißenden Lichtüberfall erholt hatten, dann hob sie vorsichtig die Lider und sah sich um. Sie befanden sich genau im Zentrum eines gut fünfzig Meter durchmessenden Kreises, dessen Ränder aus kochendem Schlamm gebildet wurden. Die Salve hatte nicht den Zweck gehabt, sie zu töten. Aber die Botschaft, die sie beinhaltete, war eindeutig. »Sie wollen uns lebend«, sagte Net. Charity antwortete nicht darauf, sondern nickte nur müde. Es war ihr von Anfang an klar gewesen, daß der Überfall nicht den Zweck hatte, sie umzubringen, sondern gefangenzunehmen. Hätten die Ameisen sie töten wollen, hätten sie nicht einmal den ersten Angriff überlebt. Der Gleiter sank tiefer, wie ein schimmernder, stählerner Mond, der langsam vom Himmel stürzte, und gleichzeitig näherte sich ihnen das Dutzend Ameisen vom Ufer her. Charitys Gedanken überschlugen sich. Die Ameisen hatten ganz eindeutig den Befehl, sie lebend und unverletzt einzufangen - und vielleicht hatten sie dadurch noch eine Chance. »Lauft!« sagte sie. »Jeder in eine andere Richtung! Der Gleiter kann uns nicht alle zugleich verfolgen!« Fast gleichzeitig stürmten sie los - Net und der junge Franzose direkt auf die Insel zu, Skudder beinahe in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren, und Charity zum jenseitigen Ufer, wobei sie Gurk mit sich zerrte. Der Gleiter schien unschlüssig in der Luft über ihnen zu verharren. Dann heulten seine Motoren auf, er sprang mit einem Satz wieder zwanzig, dreißig Meter weit in die Höhe, und seine Bordgeschütze feuerten erneut. Ein grellweißer Hitzestrahl fauchte so dicht an Charity vorüber, daß sie die tödliche Glut wie die Berührung einer unsichtbaren weißglühenden Hand spürte und vor Schmerz aufstöhnte, doch sie rannte im Zickzack weiter. Verzweifelt hob sie im Laufen den Kopf und sah zu dem Gleiter empor. Etwas Unerwartetes geschah: Der Gleiter hörte auf zu feuern. Plötzlich flammte auf der Insel ein unheimliches, rubinrotes Licht auf, und dann tastete ein leuchtender Stab des gleichen, dunkelroten Laserlichts nach der silbernen Flugscheibe und durchbohrte sie. Es ging unglaublich schnell; und trotzdem sah Charity genau, was geschah: Der Laserstrahl durchstieß den armdicken Panzerstahl des Gleiters wie Papier, brannte ein sauberes, kreisrundes Loch diagonal durch seinen Rumpf und entlud dann schlagartig seine gesamte Energie im Inneren des Schiffes. Für einen Sekundenbruchteil erstrahlte der Gleiter in einem grellen, flackernden Rot. Sein Rumpf schien sich wie ein Luftballon aufzublähen - und Charity konnte gerade noch den Kopf wegdrehen und schützend die Hände vor das Gesicht reißen, um nicht geblendet zu werden, als sich der Gleiter in eine blauweiße, lodernde Miniatursonne verwandelte! Die Druckwelle riß Charity von den Füßen und schleuderte sie in den Schlamm. Und eine Woge kochendheißer Luft heulte über sie hinweg. Sie krümmte sich zusammen und wartete mit angehaltenem Atem, bis der Feuersturm vorüber war. Dann hob sie vorsichtig den Kopf aus dem Morast, wischte sich mit dem Unterarm den Schlamm aus dem Gesicht und sah sich um. Ihre Umgebung hatte sich vollkommen verändert. Die Druckwelle halte nicht nur sie und die anderen, sondern auch die Ameisen von den Füßen gerissen und meterweit davon-geschleudert. Überall in dem grauen Morast loderten kleine Feuernester, wo brennende Trümmer und Feuer vom Himmel gestürzt waren. Auch ein Teil der Insel brannte, und aus dem Wald stieg eine gewaltige schwarze Rauchwolke empor. Der Gleiter hatte sich nicht mehr unmittelbar über dem Fluß befunden, als ihn der Laserstrahl traf. Was von ihm übriggeblieben war, mußte brennend in den Dschungel gestürzt sein. Sie hörte ein würgendes Husten neben sich und fuhr abrupt herum. Auch Gurk war wie alle anderen von den Füßen gerissen worden und kämpfte sich nun keuchend aus dem Morast. Sie überzeugte sich mit einem raschen Blick davon, daß er nicht ernsthaft verletzt war, dann stand sie vollends auf und hielt nach den anderen Ausschau.

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