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In den Ruinen von Paris

In den Ruinen von Paris

Titel: In den Ruinen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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aber sein Blick war von Trauer erfüllt. »Wenn Sie wirklich so denken, Captain Laird«, sagte er leise, »dann ist es vielleicht besser, wenn Sie gehen.«

Kapitel 13
    Kälte war das erste, was er spürte. Er öffnete die Augen, ohne etwas zu sehen, und im allerersten Moment überkam ihn ein Gefühl von Panik bei dem Gedanken, vielleicht nie mehr sehen zu können. Dann wurde ihm klar, wie albern diese Vorstellung war. Der Raum hatte keine Fenster, und die Beleuchtung war nicht eingeschaltet. Er senkte die Lider, konzentrierte sich für eine Sekunde, um sein Sehvermögen auf den Infrarotbereich einzustellen, und fand sich in einer Welt aus allen nur denkbaren Schattierungen wieder. Er lag noch immer auf dem Untersuchungstisch. Der große Bildschirm über ihm war ausgeschaltet. Kyle lauschte. Draußen auf dem Gang hörte er die regelmäßigen Atemzüge einer Dienerkreatur, die offensichtlich vor der Tür postiert war, ansonsten umgab ihn nur Stille. Er war verwirrt. Seine Hand- und Fußgelenke waren mit dünnen Eisenringen an eine Metallplatte gefesselt; aber sie mußten wissen, wie wenig Widerstand ihm diese Fesseln entgegensetzen konnten. Trotzdem hatten sie keinen Wächter zurückgelassen. Und das konnte nur bedeuten, daß sie nicht damit gerechnet hatten, daß er erwachte. Wieso war er dann wach? Die Maschinen der Herren begingen keine Fehler; so wenig wie die, die sie gebaut hatten und sie bedienten. Er versuchte, den Kopf zu heben, aber auch in seiner Kopfhaut steckten zahllose, dünne Nadeln, die ihn mit den Geräten, die den Untersuchungstisch an drei Seiten umstanden, verbanden. Kyle zögerte noch einmal einen Moment, dann ballte er die rechte Hand zur Faust und spannte prüfend die Muskeln an. Die dünne Stahlfessel an seinem Gelenk knirschte, und er spürte, wie das Metall zu zerbrechen begann. Kyle wußte, daß es kein Zurück mehr für ihn gab, wenn er jetzt seine Fesseln löste und von dem Tisch aufstand. Die Wahrscheinlichkeit, daß man ihn töten würde, war groß. Und trotzdem erschien die bloße Vorstellung, sich diesem Tod zu widersetzen oder gar einen Fluchtversuch zu unternehmen, im ersten Moment absurd. Für alles, was er bisher getan hatte, ließ sich eine Begründung finden, Stones Mordversuch an ihm, seine Verwirrung und sein Schrecken, als er sich an diesem verbotenen Ort wiederfand ... Wenn er sich aber jetzt von seinen Fesseln befreite, dann gab es dafür keine Erklärung mehr. Dann wurde er endgültig zu einem Verräter.  Aber war er das nicht längst? Hatte er nicht seit fünfundzwanzig Jahren sein eigenes Volk verraten?  Ein neues Geräusch drang in seine Gedanken; die Atemzüge der Dienerkreatur draußen vor der Tür wurden nervöser. Kyle wandte den Kopf, blickte die geschlossene Tür an und lauschte. Schritte waren zu vernehmen, dann hörte er gedämpfte Stimmen, die zweifellos Stone und dem Inspektor gehörten. Als sie näher kamen, ließ sich Kyle wieder zurücksinken und schloß die Augen. Sein Atem beruhigte sich. Er zwang sein Herz, gleichmäßig und sehr langsam zu schlagen, als befände er sich noch in tiefer Bewußtlosigkeit. Einen Augenblick später glitt die Tür mit einem leisen Summen auf. Er spürte, daß vier Personen die Kammer betraten; die beiden Inspektoren, Governor Stones und ein Megakrieger. Die Tür schloß sich wieder, und die Schritte näherten sich der stählernen Liege. »Warum haben Sie darauf bestanden, dabeizusein?« fragte die Metallstimme eines Inspektors. »Ich ... « Stone zögerte. »Nennen Sie es meinetwegen übertriebene Vorsicht«, fuhr der Governor schließlich fort. »Ich will mich davon überzeugen, daß er auch wirklich getötet wird.« »Das ist unlogisch«, antwortete der Inspektor. »Unsere Versicherung muß Ihnen reichen.« Stone lachte gezwungen. »Ich bin ein Mensch«, antwortete er. »Menschen sind nicht immer logisch. Ich könnte keine Nacht mehr ruhig schlafen, wenn ich seinen Tod nicht selbst miterleben würde. Er hat versucht, mich umzubringen. Und ich weiß, wozu diese Geschöpfe fähig sind.« Kyle wagte nicht, die Augen zu öffnen, denn er wußte, daß der anwesende Megakrieger jede noch so winzige Bewegung registriert hätte. Er wagte es auch nicht, die Muskeln anzuspannen oder seine übermenschlichen Kraftreserven zu mobilisieren. Dennoch waren alle seine Sinne plötzlich aktiviert. Er hörte jedes noch so winzige Geräusch, er spürte jede noch so leise Vibration, ja, selbst die Bewegung der Luft, die die

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