In Den Schatten Lauert Der Tod -1-
diesen großen, ernsten Augen vor sich ging. Er wollte sie zum Lächeln bringen. Sie hatte heute Abend nicht gelächelt. Nicht ein einziges Mal.
Mit diesem aufmunternden Gedanken ließ er den Wagen an und machte sich auf den Weg zu Davys Haus, unten am Lake Washington. Sein Bruder würde sauer auf ihn sein, weil er drei Stunden zu spät kam, trotzdem würde er nur vor sich hin grummeln und ein Steak auf den Grill werfen. Connors Magen zwackte in freudiger Erwartung – eines der ersten Lebenszeichen, die er seit Längerem aus dieser Region verspürte. Davy und Sean hatten sich angewöhnt, ihn in regelmäßigen Intervallen anzurufen und ans Essen zu erinnern. Das nervte ihn, trotzdem konnte er vermutlich von Glück reden, dass sich überhaupt jemand um ihn sorgte. Ohne die beiden wäre er ein Treibender zwischen den Welten.
Der Jeep seines jüngeren Bruders Sean parkte in der Einfahrt. Er würde also von beiden Vorhaltungen zu hören bekommen. Sie unterhielten sich gerade auf der hinteren Veranda, und als er die Tür öffnete, verstummten sie abrupt.
Zwei Paar grüne Augen, die beinahe identisch mit seinen eigenen waren, blickten ihm entgegen, als er auf die Terrasse trat.
»Du bist spät dran«, wies Davy ihn zurecht. »Wir haben schon gegessen.«
»Novak ist ausgebrochen«, informierte Connor sie. »Zusammen mit zwei seiner Gorillas. Einer davon ist der Kerl, den ich letzten November in die Mangel genommen habe. Georg Luksch.«
Für einen langen Moment herrschte Schweigen, und es war nur die Brandung zu hören, die unter der Veranda über die Kiesel schwappte.
»Glaubst du, er wird mit uns spielen wollen?«, fragte Davy schließlich.
Müde bis in die Knochen sank Connor auf einen Stuhl. »Dafür lebt er.«
Sean vergrub das Gesicht in den Händen. »Gott, ich ersticke in Arbeit, um diese Firma ans Laufen zu kriegen! Ich habe nicht die Zeit, mit Novak zu spielen.«
»Ich mache mir weniger Sorgen um uns als um Erin.«
Davy und Sean durchbohrten ihn mit Blicken wie Laserstrahlen. Connor hielt ihnen ungerührt stand.
»Was ist mit Erin?« Davys Stimme war tief und skeptisch.
Connor faltete ein Stück Papier, das er auf dem Tisch fand, zu einem Origami-Einhorn. Es war eine aus der tödlichen Langeweile während seiner Rehazeit geborene Angewohnheit, die sich zu einem nervösen Tick ausgewachsen hatte. »Er hatte Erin schon einmal in seinen Klauen. Ich habe sie ihm entrissen. Er wird das nicht vergessen haben. Georg Luksch ebenfalls nicht. Sie ist hübsch und jung und unschuldig. Genau darauf fährt er ab. Und er wird Riggs bestrafen wollen, weil er versagt hat.«
»Erin ist nicht dein Problem«, bemerkte Davy. »Du hast alles für sie gegeben. Und ist es dir gedankt worden? Das Einzige, was du tun kannst, ist, sie zu warnen.«
»Das habe ich bereits.«
Davy und Sean wechselten einen vielsagenden Blick.
»Du hast mit ihr gesprochen?«, fragte Sean ungläubig. »Heute Abend etwa?«
Connor wappnete sich innerlich. »Ja, ich bin zu ihrer Wohnung gefahren. Anschließend folgte ich ihr zum Haus ihrer Mutter. Danach habe ich sie heimgefahren.«
Sean verzog das Gesicht. »Oh-oh. Geht das wieder los.«
Davy trank einen Schluck Bier, sein kantiges, schmales Gesicht blieb ausdruckslos. »Wie geht es ihr?«
»Nicht gut. Tatsächlich sogar verdammt schlecht, wenn du schon fragst.«
»Jetzt hör mal, Con«, setzte Sean an. »Reiß mir nicht gleich den Kopf ab, aber …«
»Wie wär’s, wenn du gar nicht erst damit anfängst?«, warnte Connor ihn.
Aber Sean preschte unerschrocken vor. »Ich weiß, dass du schon seit Jahren scharf bist auf die Kleine, aber wegen deiner Zeugenaussage ist ihr Vater im Knast gelandet. Du kannst nicht ihr Held sein, Kumpel. Du wirst am Ende nur verletzt werden.«
Seans Worte bewirkten, dass er sich leer und traurig fühlte, aber nicht wütend. »Danke, dass du mich an deiner Meinung teilhaben lässt«, murmelte er. Er faltete das Einhorn auseinander und kritzelte Claude Muellers E-Mail-Adresse zusammen mit der Fluginformation, die er in seinem Gedächtnis abgespeichert hatte, auf das Papier. Er schob es Davy über den Tisch zu. »Könntest du das hier für mich checken?«, bat er.
Davy griff nach dem Zettel und studierte ihn. »Wer ist der Typ?«
»Ein geheimnisumwitterter Millionär, der seit Kurzem ein leidenschaftliches Interesse an keltischen Artefakten hat. Erin fliegt runter nach Portland, wo sie abgeholt und zum Silver Fork Resort gefahren wird, um dort in seinem Auftrag
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