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In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)

In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)

Titel: In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ales Pickar
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zu sieben. Nach einigen Takten erkannte ich, dass es »Sympathy for the Devil« war.
    »Auf die Inferni, die Schatten, deren Mission wir in die Welt tragen«, rief er schließlich mit der Verve eines Triumphators. »Die bedingungslose Freiheit des Geistes, die Schönheit im Chaos und das ewige Licht des Wissens. Auf Drogen, orgiastischen Sex und obszöne Kulte. Möge alle Kuttenträger die Syphilis ereilen.«
    Er nahm einen Schluck, während ich ihn andächtig beobachtete. Es war kaum möglich, sich dem Charisma von Adam Kadmon zu entziehen. Dass er mich nicht lange zuvor bedroht hatte, spielte keine Rolle, wenn er wollte, dass es keine Rolle spielte.
    Der Wein schien ihm zu schmecken, und so lehnte er sich lässig nach hinten und schlug die Beine übereinander.
    »Die Menschen deiner Zeit denken, Tango Argentino ist eine sinnliche, erotische Angelegenheit, bei der echte Männer Frauen auf der Tanzfläche das geben, was sie begehren. Das, was sie von ihren Ehemännern nicht kriegen.«
    Er sagte das mit einem sarkastischen Tonfall und wandte sich kurz nach hinten, um mit seinem Glas Carlos Gardel zu salutieren. Der Sänger nickte lächelnd zurück, während er an den Wirbeln seiner Gitarre drehte und die Saiten nachstimmte.
    »Aber mit der Tanzfläche ist es wie mit dem Jenseits«, fuhr Adam Kadmon fort. »Was du auf die Tanzfläche nicht mitbringst, das findest du dort auch nicht.«
    Dann neigte es sich nach vorne und seine Augen wurden zu verschwörerischen Schlitzen.
    »Ich erkläre dir mal, was der Tango Argentino wirklich ist. Es geht darum, den Körper wie einen Teebeutel aufgebraucht und ausgelaugt ins Grab zu tragen. Es geht darum, nur im Augenblick zu leben, in der vollkommenen Gegenwart. Auf der Tanzfläche durch das Dickicht der Drogen und Geschlechtskrankheiten zu schleichen wie eine unausgeschlafene Kreatur der Nacht. Keine Sparbücher, keine Rentenversicherung und keine Vorsorge-Darmspiegelung. Nur das Jetzt und der Tod.«
    Er lehnte sich wieder zurück und lächelte, bevor er am Weinglas nippte.
    »Nicht gerade die Art, wie der Tango in Europa rezipiert wird, nicht wahr?« flüsterte er mit einem diabolischen Lächeln.
    Er begann nun, mir die Prozedur des Beneficiums , der Rückkehr aus dem Jenseits, Schritt für Schritt zu erklären. Es war nicht sehr kompliziert, doch ich war unentwegt durch die Tatsache abgelenkt, dass wir auf einer Brücke über dem Abgrund schwebten, die nur durch seinen Geist erschaffen worden war, und dass unweit von mir ein Sänger in die Gitarrenseiten schlug, der schon vor Jahrzehnten für tot erklärt wurde und... nun ja, dass ich im Jenseits war.
    Während Adam Kadmon noch einen Wein zu bestellte, hielt er kurz inne und sah zurück zu den Felsen. Ich folgte misstrauisch seinem Blick, doch entdeckte nichts.
    »Wie finde ich euch?« fragte ich.
    Er hob die Augenbrauen.
    »Uns finden?«
    »Auf der anderen Seite.«
    »Traditionellerweise möchten wir gar nicht gefunden werden«, antwortete Adam Kadmon und warf sich eine Handvoll Erdnüsse in den Mund. »Anderseits schulde ich dir etwas, weil ich an dem Felsvorsprung so gemein zu dir war. Wir mögen ruchlos und unbarmherzig sein, doch es bedeutet nicht, dass wir keinen Kodex haben. Wir benutzen neuerdings das Internet und haben eine eigene Webseite. Du weißt schon, diese... Homepages.«
    »Ist klar«, entgegnete ich, beinahe leicht amüsiert, und klopfte nervös mit dem Zeigefingerknöchel gegen den Holztisch. »Wie ist die Adresse?«
    »Sehr gut. Die Adresse. Ähm.« Er griff mit der Hand zur Schläfe und überlegte. Die Adresse lautet www.extremgeilehausfrauen.de .
    Ich blickte ihn ungläubig an. »Wie bitte?«
    »Wie gesagt... Wä-wä-wä — Punkt — extremgeile Hausfrauen — Punkt — Dä-ä.«
    Ich nickte verwundert. »Ist das ... zusammen oder mit Bindestrichen?«
    »Zusammen. Es gab 1999, als wir beide gesprungen sind, ziemlich viele dieser Internet-Cafés — inzwischen werden es noch mehr sein.«
    »Was meinst du damit? Ist denn im Diesseits mehr Zeit vergangen als hier?«
    »Der Faktor 1:250 ist inzwischen nicht ungewöhnlich und er nimmt zu, je ferner man sich von der Dunklen Stadt aufhält. Das hat mit der Anzahl der Seelen zu tun und mit der Weltbevölkerung im Diesseits. Es werden ja keine neuen Seelen ›geschaffen‹, nur weil sich neuerdings die Menschen wie Karnickel vermehren. Deshalb verändert sich das Zeitverhältnis zwischen Diesseits und Jenseits. Die Seelen im Jenseits haben zunehmend weniger Zeit, im

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