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In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)

In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)

Titel: In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ales Pickar
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Jenseits Erfahrungen zu verarbeiten und kehren zunehmend schlechter und mangelhafter vorbereitet in das Diesseits zurück. Die Menschen werden viel zu ungeläutert geboren, unreifer und beladen mit Hypotheken. Plötzlich haben kleine Kinder bereits in der Wiege unerklärliche Krankheiten und Allergien. Dieser seelische Zustand macht die Konsumgesellschaft überhaupt erst möglich. Das Oktagon, das hinter den Pharmakonzernen sitzt, verdankt dieser Tatsache seinen Erfolg. Die spirituelle Infantilität des Menschen hängt direkt mit der Demographie zusammen.« Adam Kadmon wartete schweigend, bis ich dieses »kleine Detail« verdaut hatte und fuhr dann übergangslos fort. »Also, auf der Webseite kann man nach Kontaktanzeigen suchen. Suche nach dem Wort Reizstrom .«
    »Reizstrom«, wiederholte ich ungläubig. »Das ist einfach alles... so unbegreiflich. Es könnte auch ein Traum sein. Eine Droge. Mein Nervensystem reagiert ungünstig auf die Narkose im Krankenhaus...«
    Adam Kadmon verzog den Mundwinkel. »Nervensystem. Narkose. Krankenhaus. Ja, das wird´s wohl sein. Wenn dir alles hier zu unglaubwürdig erscheint, dann musst du wohl dem Oktagon glauben. Dann bist du ein Opfer und kannst für nichts dafür. Ein Opfer der Holophrenie. Du phantasierst das alles nur. Diese Tür ist immer offen. Klopfe an und das Oktagon wird dir öffnen. Sie werden dich mehr als gerne in ihre Therapieprogramme aufnehmen.«
    Er schob plötzlich den Stuhl beiseite und trat an das Geländer.
    »Sie kommen«, sagte er leise und starrte ernst in die Dunkelheit.
    »Wer?« rief ich aus. Ich folgte wieder seinem Blick. Diesmal sah ich sie. Kleine Lichtpunkte am Horizont, die immer größer wurden.
    »Aasfresser«, erklärte Kadmon und packte mich an der Schulter. »Ich kann dich vor ihnen nicht beschützen. Im Gegenteil, wenn ich in deiner Nähe bleibe, gefährde ich dich mehr, als wenn du allein wärest. Aber ich kann sie ablenken. Auf meine Fährte locken. Bleib bei Akhanta. Sie kennt hier jeden Stein.«
    Dann schwang er sich über das Geländer, während sich im selben Augenblick meine Hände um die Lehne des Stuhls verkrampften.
    »Hey!« rief ich ihm hinterher. »Hey!«
    Ich sah zaghaft in den Abgrund, doch Adam Kadmon war verschwunden.
    Ich blickte gleichermaßen irritiert und wütend zu Akhanta. Sie kam bereits zielstrebig auf mich zu.
    »Er hat es getan! Er hat es...«
    »Wir sollten gehen«, meinte Akhanta, ein winziges Stück weniger kaltschnäuzig als bisher. Sie drängte sich an all den tanzenden Aficionados vorbei, packte mich am Ellbogen und zerrte mich über die Tanzfläche. Ich war zu sehr von ihren äußerst einprägsamen Nippeln abgelenkt, um ihr zu folgen.
    »Das hier ist ein Irrenhaus«, murmelte ich.
    »Da er jetzt weg ist, wird auch seine Imago nicht mehr lange bestehen,« erklärte sie.
    Ich fragte mich einen Augenblick, was das bedeutete. Dann fiel mir ein, dass es unter uns einen guten Kilometer nach unten ging. Ich hörte hinter mir Glas zerbrechen und eine Frau etwas auf Spanisch schimpfen.
    Wir stießen unfein einige Menschen beiseite und befanden uns bald wieder auf der schmalen Brücke, die uns diesmal abschüssig auf die andere Seite des Abgrunds führte. Nur kurz machte ich den Fehler, mich umzusehen. Das Spiegelbild des Tango-Argentino-Cafés begann sich bereits aufzulösen, und das Nichts fraß sich langsam in beide Richtungen entlang der Brücke. Es war nicht zu übersehen, dass der Auflösungsprozess deutlich temporeicher vonstattenging, als der Aufbau unter Adam Kadmons Fingern verlaufen war. Verdammter Scherzkeks.
    »Schneller!« zischte Akhanta. Sie rannte bereits auf den letzten Metern der Brücke und ich merkte, dass der Steg unter meinen Füßen immer transparenter wurde. Akhanta sprang voraus und landete auf ihren Füßen. Sie wandte sich sofort um und griff nach meinem Arm, was eine außerordentlich gute Idee war, denn ich trat zu diesem Zeitpunkte bereits in die Luft und war gerade im Begriff, nur einen Meter vor dem Felsmassiv die Reise nach unten anzutreten. Wie ein Pendel schwang ich hin und her, bis sich die Welt um mich langsam wieder beruhigte. Ich spürte den starken Zug ihrer Hand und half so viel ich konnte mit meinen Füßen nach. Schließlich lag ich am Rand des Felsens und starrte konsterniert auf die Seelenstreifen am Jenseitshimmel.
    »Wir müssen weiter«, sagte die unermüdliche Kriegerin.
    Auf der anderen Seite der Schlucht sah ich noch immer diesen Schwarm aus niedrig fliegenden

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