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In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn

In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn

Titel: In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ales Pickar
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Calvin Klein. John Galliano gegen Christian Dior. Paco Rabanne gegen Hugo Boss. Und dazwischen die Duftschwaden aus Pheromon, Schweiß und Zigarettenrauch. Die chemische Formel für den Exzess.
    Der DJ steht oberhalb der Menge auf einer Plattform. Er trägt eine Ledermaske mit einem Reißverschluss über den Mund. Unentwegt steckt er durch diesen Schlitz die Zunge raus und verhöhnt das Publikum. Aus den Lautsprechern dröhnt raubeiniger House, kalter Techno und trotziger EBM. Die Musik ist etwas gestrig. Doch das liegt daran, dass der Altersdurchschnitt bei den SM-Freaks deutlich höher ist als auf der Love Parade.
    An diesem Abend sehe ich den tieferen, tribalen Sinn einer Kleiderordnung. Ich bin umgeben von Hunderten Menschen in Kostümen aus Leder oder Latex. Indiskrete Kleidung deren Aufgabe darin besteht, die darunterliegenden Tätowierungen und Piercings zu offenbaren. Die ätherisch bläulichen aus Niob, die protzig schimmernden aus Gold, die massiv kalten aus Edelstahl. Für einen Abend kann sich hier jeder fühlen wie Shane Munce, wie Midori, wie Dita Von Teese.
    Ich sehe mich um, während ich in meiner fabrikneuen Montur mit der Umgebung verschmelze. Mimikry aus Kunststoff. Polymererotik. Polierter Stahl. Je auffälliger man hier gekleidet ist, desto mehr vereint man sich mit der Masse.
    Meine Uniform wird dominiert durch eine sagenhaft teure schwarze Lederjacke von Prada, im Husarenschnitt. Ein knappes Kleidungsteil, das die nackte Brust darunter freilegt. Freddie Mercury hätte sie geliebt. Meine Füße drücken ziemlich dank der neuen Dockers. Die neue schwarze Lederhose von Diesel kneift im Schritt. Etwas sagt mir, dass heute Abend meine Kleidung deutlich mehr wert ist, als mein Leben. Für kurze Zeit bin ich nun ein Teil dieser Kommunität. Niemand hinterfragt das.
    Verglichen mit den meisten anderen hier, ist mein Kostüm dezent. Denn heute ist geschlossene Gesellschaft. Heute abend kleben sich die Frauen keine Pflaster in Form eines X über ihren Brustwarzen. Dafür gibt mir meine Kleidung einen reizvoll schwulen Anstrich. Immer wieder passieren mich Männer, die bemüht sind meinen Blick zu kreuzen und zu fixieren. Einige sehen aus wie eine Mischung aus Gefängniswärtern und SA-Schlägern. Ich muss dabei an Roman denken und frage mich, was er jetzt wohl sagen würde. Sicherlich wäre er stolz auf mich. Ich wünsche, er wäre nun hier.
    Der DJ legt »Being Boiled« von The Human League auf und die steife Masse aus schwarzen Schaufensterpuppen auf der Tanzfläche beginnt langsam zu kochen. Ich halte mich an meinem White Russian fest und lasse meinen Blick neugierig durch den Saal schweifen. Ein großer Teil der Männer trägt gepiercte Nippel. Bei manchen hängen beachtliche Gewichte dran. Es gibt hier Frauen, die Klemmen an den Brustwarzen und an der Labia tragen, verbunden durch eine Silberkette. Die Menschen verändern sich schnell, wenn man draußen an die Tür ein Schild mit der Aufschrift »geschlossene Gesellschaft« hängt und einen bulligen Türsteher am Eingang platziert.
    Abseits der Tanzfläche gibt es kleinere Nebenräume, in denen bei schummrigem Licht die Party ans Eingemachte geht. In einer dieser Seitenkammern entdecke ich Evelyn. Sie steht allein, mit ihrem Drink in der Hand, und beobachtet das Geschehen. Ihren Dresscode erfüllt sie mit sehr reizvollen schwarzen Hotpants aus Leder und schwarzen Hosenträgern, die über Kreuz laufen und mit Metallringen versehen sind. Darunter trägt sie lediglich ein durchsichtiges Netzshirt, das ihre winzigen, rötlichen Brustwarzen durchschimmern lässt. Ihre Füße stecken in extrovertierten Doc Martens. Sie wirkt wie eine Mischung aus Martin Gores kleiner Schwester und Louise LeCavalier. Sie sieht wie immer anders aus als die anderen.
    Ich stelle mich neben sie. Sie hängt sich bei mir ein und drückt ihren Kopf gegen meinen Oberarm.
    Die Szenerie wird beherrscht von einer brünetten Frau, die an eine mittelalterlich anmutende Konstruktion gefesselt ist. Ihr nackter Hintern ragt in die Luft und wird von einem Folterknecht gepeitscht.
    Ein Dutzend Männer und Frauen stehen um sie herum, rauchen Zigaretten, nippen an Drinks und beobachten sie mit unterkühlten Minen. Sie ist der Superstar ihres eigenen Pornos. Jetzt, hier, in diesem einen Moment. Und dem nächsten. Und dem nächsten. Die Hiebe der Lederpeitsche landen pathetisch auf ihrem Hintern, als wäre es eine politische Demonstration.
    »Kennst du sie?« frage ich Evelyn.
    Sie schüttelt

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