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In den Städten, in den Tempeln

In den Städten, in den Tempeln

Titel: In den Städten, in den Tempeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Horst & Brandhorst Pukallus
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handelte, das Erziehen des Genehmigten Nachwuchses. Carin, seine anderen Wahlfrauen ... und Shereen. Seine Perle, sein kostbarer Schatz, seine Zukunftserwartung, sein Stolz.
    Shereen ...
    Der Wagen wurde langsamer.
    Nicht nachlassen, dachte Clay. Atmen, ja, einmal in dreißig Sekunden. Oder vierzig, fünfzig ...? Das Wohlbehagen war gefährlich. Er versuchte, sich auf jene Dinge zu konzentrieren, die ihm nicht gefielen. Der Schwule im Informations-Pavillon. Das Raumschiff, Enrico Silverstone, Paragraphenreiter. Shereen und die Energetensphäre. Carin mußte recht haben. Bestimmt war Shereen auf irgendeine Weise dazu gezwungen worden, ihre Familie und die Erde zu verlassen. Es gab genug subtile Methode, einen Menschen zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen. Man lernte sie in den Tiefstädten. Und nicht nur dort.
    Der Wagen hielt an.
    Eine Tür öffnete sich, dann eine zweite. Das Gas zischte nicht mehr. Gut. »Steigen Sie aus«, forderte ihn der Lotse höflich auf. Clays Muskeln reagierten automatisch. Er kletterte aus den Polstern der Fahrgastkapsel und blieb schwankend neben dem Schwarzgekleideten stehen. Er empfand Sympathie für den Unbekannten, eine Zuneigung, die tief aus seinem Innern kam.
    Er ist mein Feind! rief es hinter seiner Stirn. Ich hasse meine Feinde. Und ich bin stärker als sie. Ich überwältige sie.
    Stille herrschte, nachdem der Lotse den Motor des Fahrzeugs abgeschaltet hatte. Der Comptroller erhielt einen nur rudimentären Eindruck seiner Umgebung. Die Halle des Shuttle-Terminals schien zu einer anderen Welt zu gehören. Nackte Korridore, leere Gänge, von Fräsern und Elektronischen Maulwürfen in den Fels der Venus gegraben. Mineralienadern zogen sich durchs Gestein, blau- und rotglänzende Venen, in denen kein Blut floß. Seltsam. »Kommen Sie«, sagte der Lotse und umfaßte seinen Arm. »Vermissen Sie Ihren schwarzen Koffer? Oh, ich weiß natürlich, daß Sie ein Kontaktertransplantat in sich tragen. Im Oberarm vielleicht? Nun, manche nehmen auch den Hals oder die Ohren. Möglicherweise interessiert es Sie zu erfahren, daß Tasche und damit auch ihr Inhalt im Gepäckfach des Wagens abgeschirmt sind. Ich habe ein entsprechendes Ergpaket vorbereitet. Ich ziehe es vor, mich mit Ihnen in aller Ruhe zu unterhalten. Störungen sind mir zuwider, besonders dann, wenn sie von einer aggressiven Elektronik ausgehen. Auf der Erde muß man in dieser Hinsicht ja immer mit Überraschungen rechnen.«
    Der Lotse führte Clay von dem Fahrzeug fort und durch eine Reihe von Gängen und in den Granit geschnittene Schneisen. Clay fiel auf, daß Boden und Wände auch hier mit der rätselhaften grauen Substanz bedeckt waren. Irgendwo in der Ferne brummten die Aggregate von Grabmaschinen.
    »Die Venus lebt«, erklärte der Lotse bereitwillig. »Unsere Lokationen fressen sich immer weiter und tiefer in den Planeten hinein. Die Erweiterung der Kulturinseln geht zum größten Teil vollautomatisch vor sich. Erst werden die Stollen gebohrt, dann kommt auch schon das Ferroplasma, dann die Fertigteile – und schließlich die Menschen.«
    Er führte Clay in eine kleine Kammer, einen Einschnitt im Fels. Aus dem Nebengang ertönte das Pochen einer Maschine.
    Der Comptroller atmete nun wieder rascher. Hier war die Luft rein und sauber, so wie in den Hochstädten. Langsam beschleunigte er seine Atemfrequenz, doch die Wärme in seinem Leib löste sich nicht auf. Vielleicht handelte es sich um ein Gas mit Langzeitwirkung ...
    Der Lotse schlug die Kapuze seiner schwarzen Kutte zurück. Sein Schädel war völlig haarlos und mit Tätowierungen versehen, deren Bedeutung Clay nicht verstand. Auf seiner Stirn glänzte ein Smaragd in der Form eines dreizackigen Sterns. Und die Augen ... die Kristallsplitter funkelten und gleißten.
    »Ich bin Shan Dreistern«, sagte der Lotse. »Ich wurde auf der Venus geboren, und ich mag es nicht, wenn Terris sich in Angelegenheiten einmischen, die sie nichts angehen.« Sein Tonfall hatte sich verändert. Seine Stimme klang nun scharf und kompromißlos.
    Der Kerl ist verrückt, dachte Clay. Ein Schizophrener.
    »Sie sind ein Comptroller«, fuhr Shan Dreistern fort. »Und jetzt erzählen Sie mir, was das FI von der Energetensphäre weiß.«
    Nichts, wollte Clay erwidern. Doch seine Lippen formulierten andere Laute, und es erschreckte ihn, als er vernahm: »Es existiert eine Verbindung zwischen der Seligen Sphäre der ESPer-Energeten und der Interplanetaren Monetär- und

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