In den Städten, in den Tempeln
»Jedenfalls hat die Antiblockade die Reste des Betäubungsgases eliminiert.« Er trug das Antibiotikum auf, wartete und fluchte erneut. Tasche summte. »Es ist das Ferroplasma«, sagte der schwarze Koffer.
»Was?«
»Auch darüber waren Informationen in den Datenspeichern des Informations-Pavillons enthalten«, dozierte Tasche. »Das piezopsionische Ferroplasma weist eine pseudomineralische Struktur auf und ist nach der vorherrschenden Theorie vor kosmischen Zeiträumen aus kataklastisch-mylonisiertem Eisenerz entstanden. Es handelte sich in gewisser Weise um ein Beispiel für das Phänomen geopsychischen Lebens.« Tasche schwieg.
»Ich höre«, sagte Clay und ließ sich von den Servomechanismen der Hygienezelle waschen.
»Das Ferroplasma«, fuhr Tasche fort, »ist in der gesamten Venuskolonie anzutreffen. Es breitete sich mit dem Ausbau der Lokationen überall aus und bedeckt ausschließlich nichtorganische Gegenstände. Hm, detaillierte Auskünfte vermag ich leider nicht zu geben; die von mir absorbierten Informationen waren nur allgemeiner Natur. Nun, jedenfalls verfügt besagtes Ferroplasma über einwandfrei nachgewiesene psionische Eigenschaften, und aus diesem Grund reagiert es auf alle Präsentationen von Gewalt und Aggression ausgesprochen negativ – allergisch, könnte man fast sagen. Ihre Pusteln sind eindeutig die Folge einer solchen Plasma-Reaktion.«
»Und Shan Dreistern?« fragte Clay verwundert. »Er hat versucht, mich umzubringen . Ist das vielleicht keine Gewalt? Er schien jedenfalls keine Probleme mit dem Ferroplasma zu haben.«
»Offenbar ist dabei die geistige Haltung von ausschlaggebender Bedeutung. Nach dem, was Sie mir von Shan Dreistern berichtet haben, Comptroller, halte ich den angeblichen Lotsen für einen Paraschizo. Er empfand Freude bei dem, was er tat, und insofern handelte es sich nicht um eine Aggression. Also konnte das Plasma auch nicht entsprechend reagieren. Bei Ihnen war das völlig anders.«
»Ich wurde also bestraft, weil ich mich gegen einen Mordversuch wehrte?« Clay nickte nachdrücklich. »Ja, genauso habe ich es mir gedacht. Das ist typisch! Und jetzt kann ich mich mit diesen verdammten Pusteln abplagen.«
»Sie dürften von allein wieder verschwinden«, tröstete ihn Tasche. »Nach einer gewissen Sühnezeit. Es ist übrigens sehr interessant, daß die Venus-Lokationen das piezopsionische Plasma zur Eindämmung von Kriminalität verwenden. Gewaltakte sind im Grund genommen unmöglich und beschränken sich auf reine Affekthandlungen. Die Aktivitäten und Reaktionen des Plasmas werden von einer Institution namens Föderatus registriert, und dort ist es auch möglich, denjenigen zu identifizieren, der solche Reaktionen auslöste. Hm, die Bestrafungen, die die gesellschaftlichen Organe der Kolonie vornehmen, erschöpfen sich in der Regel in einer öffentlichen Brandmarkung des Betreffenden. Ich muß sagen, die hiesige soziale Struktur ist wirklich interessant. Wenn man auch auf der Erde eine Ferroplasma-Kolonie heranzüchten könnte, dann ...«
»Bei uns gibt es mehr Paraschizos als Normale«, stieß Clay abfällig hervor. »Das Plasma würde den Angreifer schützen und nicht das Opfer.« Plötzlich fiel ihm etwas ein. »Heißt das etwa, daß auch ich in aller Öffentlichkeit als Übeltäter verdammt worden bin?«
»Wir haben bisher noch davon abgesehen, da Sie sich nicht mit den hiesigen Gegebenheiten auskennen«, antwortete eine samtene Stimme. »Aber wenn sich so etwas noch einmal wiederholt, müssen Sie mit Ausweisung rechnen.«
Clay starrte die Frau an, die in der Tür der Hygienezelle stand, und sie lächelte und fügte in einem überaus freundlichen Tonfall hinzu: »Wissen Sie, wir können hier keine Leute gebrauchen, die durch die Gegend laufen und überall Stunk machen.«
»Ich ...« Clay schluckte. »Wer sind Sie? Und wie kommen Sie hier herein?« Tasche hatte zwar die Waffensensoren ausgefahren, desaktivierte ihre Abwehrkreise aber, als sie feststellte, daß die unbekannte Besucherin keine feindlichen Absichten verfolgte.
»Ich bin Marita Ribeau«, sagte die Frau.
Clay lief rot an und sank so tief wie möglich in den Schaum. Die Frau lächelte anzüglich und blickte auf ihn herab. »Sie sind eine Frau. Ich bin ein Mann. Und nackt! «
»Das sehe ich.« Marita Ribeau drehte sich um. »Ich warte draußen auf Sie.«
Claybourne stieß einen Fluch aus, als er wieder allein war, stieg rasch aus der Wanne, ließ sich abtrocknen und kleidete sich an. Tasche
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