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In den Städten, in den Tempeln

In den Städten, in den Tempeln

Titel: In den Städten, in den Tempeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Horst & Brandhorst Pukallus
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glaube, Marita hat Sie bereits informiert, nicht wahr?«
    »Ja«, bestätigte die Sphärenschwimmerin. »Und Mr. Dalmistro erwähnte daraufhin ein abgehörtes Gespräch, eine illegale Durchsuchung seiner Kabine, einen Schwulen, der Gefallen an ihm fand, und einen Mordanschlag, der offensichtlich fehlschlug.«
    »Können Sie uns den ... äh, Attentäter beschreiben?« fragte der Sozialkoordinator.
    Clay warf Marita Ribeau einen finsteren Blick zu, den sie mit einem besonders herzlichen Lächeln beantwortete, dann beschrieb er Shan Dreistern und den erfolgten Anschlag in allen Einzelheiten. Es entging ihm nicht, daß Ribeau und Jambavat daraufhin einen vielsagenden Blick wechselten.
    »Glauben Sie vielleicht, ich hätte mir das alles eingebildet?« platzte es aus Clay heraus. Er sprang auf und ging mit ausholenden Schritten auf und ab. Von den Teichen mit dem kalkhaltigen Wasser stieg Kühle empor. »Keineswegs, Mr. Dalmistro.« Der dürre Greis deutete auf den Sessel vor seinem Schreibtisch. »Wenn Sie sich bitte wieder setzen würden ...«
    »Ich habe Ihrer Sekretärin bereits alles erklärt, und ...«
    »Ich bin nicht die Sekretärin des Sozialkoordinators«, unterbrach ihn Marita Ribeau und kämmte sich ihr langes braunes Haar.
    »Was, zum Teufel, sind Sie dann?« brüllte Clay aufgebracht. »Seine Mätresse?«
    Marita ließ den Elektrischen Kamm sinken, stand auf und kam auf ihn zu. »Selbst wenn ich nicht wüßte, was Sie für eine Art von Mann sind ... Ihr Gesicht ist Ausweis genug.«
    »Ich würde es vorziehen«, erklang Jambavats krächzende Stimme, »wenn das Ferroplasma nicht ausgerechnet hier in meinem Büro tätig würde. Bitte nehmen Sie Platz, Mr. Dalmistro.« Und die letzten Worte klangen überraschend scharf. Als Clay seiner Aufforderung nachgekommen war und sich das Plasma zu Füßen des Comptrollers wieder beruhigt hatte, fügte Jambavat, nun wieder mit ausgesuchter Höflichkeit, hinzu: »Unsere soziale Struktur hier auf der Venus ist ein wenig anders, als Sie es von der Erde gewöhnt sind, lieber Dalmistro. So etwas wie Sekretärinnen kennen wir nicht, nur sogenannten Freghels, Freiwillige Helfer. Aber ich bin sicher, Marita wird Sie mit unseren Gepflogenheiten noch vertraut machen.«
    »Und jetzt«, meldete sich Marita daraufhin zu Wort, »sagen Sie uns bitte die Wahrheit. Warum sind Sie tatsächlich zu uns gekommen?« Sie kehrte Clay jäh den Rücken zu und ging zu ihrem Platz zurück. Der Comptroller konnte den Blick nicht sofort von ihrem entblößten und überaus wohlgeformten Hinterteil abwenden, und der Sinn der Frage entzog sich ihm, bis die Sphärenschwimmerin hinzufügte: »Offenbar sollte ich mich demnächst wie eine Puritanerin kleiden, wenn ich mit Ihnen zusammen bin. Comptroller, Sie haben uns angelogen! Ihre Absicht besteht nicht in erster Linie darin, die Finanzgebaren von Energetensphäre und IMFG zu untersuchen.«
    Clay sah erst Marita Ribeau groß an, dann den Sozialkoordinator. In ihren Mienen stand deutlich geschrieben, daß sie mehr wußten, als sie bisher eingestanden hatten.
    Shereen, dachte Clay und sah das Gesicht seiner Tochter vor sich.
    »Ich ...« Zum Teufel mit dieser Frau! Sie irritierte ihn.
    »Sie suchen Ihre Tochter, Comptroller«, half ihm Yama Jambavat. »Wir sind größtenteils über Ihre Motive unterrichtet, Mr. Dalmistro. Und ich glaube, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, mit offenen Karten zu spielen, wie man auf der Erde sagt – oder meinen Sie nicht?«
    Clay zögerte. Er versuchte, sich an dem Zorn festzuhalten, den er in sich spürte und den Jambavat auf rätselhafte Weise zu verdrängen verstand. Dann gab er sich einen Ruck und berichtete, wie es sich zugetragen hatte; alles, von Anfang an. Der Sozialkoordinator hörte schweigend zu, und sein Gesicht blieb dabei völlig ausdruckslos; in der Miene Marita Ribeaus aber spiegelte sich zunehmende Abscheu.
    »Eine Verehelichung mit einem Superschwanz?« fragte sie ungläubig. »Lieblichkeitsfaktor, Allgemeinwirtschaftlicher Nützlichkeitsindex ...« Sie schüttelte den Kopf, und ihr braunes Haar wogte wie eine nebelhafte Wolke.
    »Sie ist auf diesen religiösen Firlefanz hereingefallen«, sagte Clay und schenkte ihr keine Beachtung. Jambavat war ganz Aufmerksamkeit. »Sie wurde von der Erde entführt, ich bin sicher. Und die Energetensphäre ...« Clay schluckte. »Sie müssen versuchen, mich zu verstehen, Jambavat. Shereen ist ...« Er suchte nach den passenden Worten. Der Sozialkoordinator nickte langsam,

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