In den Städten, in den Tempeln
kehrte wieder Ruhe ein. Der Hyperprotektor hob seine fleischigen Arme. Sieben Meßdiener in Ganzkörpermasken traten hinter dem Altar hervor. Sie ähnelten sich wie ein Ei dem anderen, und ihre Körper waren ebenmäßig und die Anmut selbst. Geschlechtsmerkmale konnte Clay nirgends erkennen.
»Strahlung«, summte Tasche hinter ihm.
»Möge sich nun der Wunsch des Geläuterten erfüllen!« intonierte Herbignac. Stille schloß sich an. Die sieben Neutren umringten die Bahre und hoben langsam die Arme. Die Bahre löste sich vom Altar und schwebte einige Zentimeter in die Höhe. An den Fingern der Meßdiener bildeten sich funkenstiebende Elmsfeuer, und sie glitten davon und tanzten über den Leib des Regungslosen. Wenn nicht das Heben und Senken der Brust gewesen wäre, hätte man meinen können, der Unbekannte sei längst tot.
»Die Stoffwechselprozesse des Mannes verlangsamen sich«, sagte Tasche.
»Wollen Sie nicht eingreifen?« Clay starrte Marita Ribeau an, die dem Geschehen am Altar fasziniert folgte. »Hören Sie! Ich weiß nicht, was der Kerl da unten anstellt, aber ...«
Marita reagierte überhaupt nicht auf ihn.
Clay blickte wieder über die Brüstung.
Die Elmsfeuer glühten nun auf der Maske des Regungslosen. Sie verschmolzen miteinander und bildeten einen langen Schweif, der aufzusteigen begann, sich dabei ausbreitete und die Konturen einer Gestalt formte.
»Ich registriere eine psionische Emission«, sagte Tasche. »Das ist kein Trick.«
Über den Gläubigen in den Sitzreihen glühten überall Lichter auf. Der Chor sang: »Wir preisen euch, ihr Geistwesen und Körperlosen, die ihr alle Reinheit erlangt habt. Schenkt uns euren Segen ...«
Und die Lichterflut antwortete: »Auch ihr werdet einst eingehen in die Selige Sphäre der ESPer-Energeten. Auch ihr werdet immerwährenden Frieden finden, die Befreiung von allen Lastern und leiblichen Bürden erlangen. Reinheit. Läuterung. Preiset den Hyperprotektor der Siebenten Seligkeit und Schutzengel aller Geistwesen und Körperlosen. Denn er geleitet euch auf den rechten Weg ...«
Die Fackeln an den Wänden flackerten heller. Und der sich verdichtende Funkenschweif, der von der Gesichtsmaske des Regungslosen aufgestiegen war, donnerte:
»Oh, es ist herrlich. Ich bin frei. Ich lasse meine fleischliche Hülle zurück und steige nun auf in die Sphäre. Ich danke dir, Hyperprotektor, daß du mir diesen Weg bereitetest ...«
Und der Schweif stieg empor, verflüchtigte sich und verblaßte schließlich ganz.
»Die Stoffwechselvorgänge des Mannes auf der Bahre sind gleich Null«, sagte Tasche summend.
Johannitus Edmond de Herbignac trat vor und griff nach der Maske des Regungslosen. »Dieser unser Bruder hat das heilige Ziel erreicht, von dem wir alle träumen. Folgt ihm auf den Weg, den er beschritt, ihr Gläubigen.« Sein ganzer Körper bebte, und sein Gesicht glich einem roten Vollmond. »Tragt nun fort, was in unserer Welt des Fleisches zurückblieb.«
Mit diesen Worten löste er die Maske und enthüllte das Gesicht des Regungslosen. Clay schnappte keuchend nach Luft.
»Das ist Enrico Silverstone!«
»Das war Enrico Silverstone«, berichtigte Tasche. »Er ist tot.«
Herbignacs voluminöse Gestalt wurde von einem energetischen Stützkorsett getragen. Er schwebte einen Zentimeter über dem Ferroplasma, das auch den Boden der Ruhebucht des Hyperprotektors bedeckte, und der Fette konnte das Ergfeld mit Hilfe eines kleinen Signalgebers kontrollieren, der bei jedem Atemzug auf seinem ballonartigen Bauch tanzte. Er schnaufte, als der Meßdiener Marita Ribeau hereinführte; eine breite Hand stieß sie zur Seite, und Claybourne S. Dalmistro stürmte vor und blieb mit geballten Fäusten vor dem Oberhaupt der Energetensphäre stehen.
»Sie haben ihn umgebracht!« stieß er hervor. »Sie haben ihn auf feige Art und Weise erledigt. Natürlich. Jetzt kann er niemandem mehr verraten, warum er an Bord des Raumschiffes mein Gespräch mit der Erde abhörte.«
Herbignac runzelte die Stirn, betätigte den Codegeber auf seinem Bauch und schwebte einen Meter zurück.
»Was ist das für ein Kerl?« fragte er den Meßdiener; seine Stimme hatte keine Ähnlichkeit mit dem dumpfen Baß, der während der Zeremonie ertönt war. Sie klang hoch und feminin.
»Comptroller Dalmistro«, stellte sich Clay vor. Er wollte nach Herbignac greifen, doch seine Hand glitt an den energetischen Schlieren des Ergkorsetts ab. »Was haben Sie mit Shereen gemacht? Wo ist sie? Wenn Sie ihr
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