In den Tod gejagt
die
die Polizei bei Leuten mit Neigung für Schabernack genießt. Nach dem Frühstück
rief ich Linderman/Strauberg an und traf mit ihm die Vereinbarung, ihn
innerhalb einer Stunde aufzusuchen. Auf meinem Weg hinab in die Garage stieß
ich im Flur mit Miss Collins zusammen, die mir höflich einen guten Morgen
wünschte.
»Wie geht es Ihrer Patientin
heute ?« fragte ich.
»Immer dasselbe, Mr. Holman.«
»Es handelt sich wohl weniger
um ein körperliches Leiden, nicht ?«
Sie zögerte einen Augenblick.
»Ich sollte Ihnen eigentlich raten, Doktor Culpepper danach zu fragen, aber ich weiß, daß Sie sie vorgestern abend gesehen haben. Körperlich ist sie so gesund wie
Sie oder ich, Mr. Holman. Etwas lastet auf ihrem Gemüt — darin liegt das ganze
Problem. Ich glaube, der Arzt hält sie unter schweren Beruhigungsmitteln, bis
er sicher sein kann, daß sie den Schock des Sturzes überwunden hat, dann wird
er sie in ein Sanatorium bringen .« Ein kurzes
frostiges Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. »Aber bitte, zitieren Sie mich
nicht .«
Kurz bevor ich die Windsor Arms erreichte, kam ich zu
dem Entschluß, daß es keinen Sinn hatte, nur um des Smartseins willen smart zu
sein und Strauberg klarzumachen, ich wüßte, daß er zugleich auch Harvey
Linderman sei. Im Augenblick würde es die Dinge beträchtlich erleichtern, wenn
ich weiterhin Strauberg in ihm sah, vor allem wenn ich an das dachte, was ich
vorhatte.
Der Hotelangestellte mit dem
höchsten Einkommen der Welt — fünfzig Dollar in knapp zwei Minuten, wie mir
einfiel — lächelte mir freundlich zu.
»Nett, Sie so bald wiederzusehen,
Mr. Holman.« Seine Augen leuchteten in der reinen Geldgier eines einfältigen
Gemüts. »Haben Sie schon wieder gewettet ?«
»Das tue ich erst wieder, wenn
ich sicher bin, zu verlieren«, sagte ich. »Ich kann mir nicht mehr leisten, zu
gewinnen. Das kostet mich zuviel Geld .«
Ich betrat gleich darauf das
geräumige Büro im neunten Stock und fand dort Dennis Strauberg auf mich wartend
vor. Er unterzog sich dem höflichen Ritual der Begrüßung und achtete darauf,
daß ich mich bequem in einem der Ledersessel niederließ, bevor er sich mir
gegenübersetzte und die kleine Kunst, eine Zigarre auf angemessene Art
anzuzünden, demonstrierte. Sein Gesicht war gleichmütig, während er meinem
Bericht über Sean Monahan lauschte, der damit endete, daß ich die Leiche des Fotografen
in dessen Wohnung aufgefunden hatte. Ich schilderte ihm jede Einzelheit,
einschließlich meiner zackigen Drohungen und Einschüchterungsbemühungen bei
Monahan, in der Hoffnung, daß ihm etwas auffallen würde, was mir entgegen war.
»Es war klug von Ihnen, den
Fotografen mit Michael und Sean direkt in Verbindung zu bringen«, sagte er,
nachdem ich geendet hatte. »Vor allem, da es sich als zutreffend erwiesen hat,
Mr. Holman.«
»Es war nur so eine Ahnung .« Ich zuckte die Schultern. »Ich hatte Glück, daß es
geklappt hat. Wäre Michael Linderman gestern abend zu Hause gewesen, hätten die Dinge ganz
anders verlaufen können .«
Er nickte. »Ich bin geneigt,
Ihnen recht zu geben .« Der Rauch seiner Zigarre stieg
in gerader Linie zur Decke empor. »Glauben Sie, daß einer der zwei oder alle
beide diesen Mann ermordet haben ?«
»Möglich ist es«, sagte ich
gelassen. »Ich kann es nur herausfinden, wenn ich an Michael Linderman
herankomme. Ich meine damit nicht, daß ich ihn einfach aufsuche und Fragen
stelle — ich meine damit, daß ich gefühlsmäßig etwas in ihm aufrühre. Wenn ich
ihm in irgendeiner Form ausreichend Angst einjagen könnte, wird er vielleicht
zu mir kommen. Das wäre viel besser .«
»Haben Sie da eine bestimmte
Schlachtordnung im Sinn ?«
»Ich werde Ihre Hilfe brauchen,
Mr. Strauberg .« Ich blickte geradewegs in seine
dunklen Augen und sah gar nichts. »Wenn Sie ihn anrufen und ihm sagen würden,
sein Vater glaube, er habe sich trotz vorhergegangener Warnungen wieder mit
Fleur Falaise eingelassen und deshalb einen Detektiv beauftragt, das
herauszufinden. Teilen Sie ihm meinen Namen mit. Er wird sofort eine Verbindung
sehen, denn ich habe Monahan gestern abend gesagt, wer ich bin; und Michael wird mit
Sicherheit die Geschichte bereits gehört haben. Stellen Sie mich als erbarmungsloses
Individuum hin, dem von seinem Vater völlig freie Hand gelassen wird, die
Ermittlungsarbeit auf seine eigene Weise zu führen. Erzählen Sie ihm, ich hätte
bereits die Beweise dafür erbracht, daß er tief in einen brutalen
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