In den Tod gejagt
Mord
verwickelt sei, und wenn ich nun noch weitere Beweise dafür herbeischaffte, daß
er, Michael, sich eine kriminelle Handlung zuschulden kommen ließ, so würde Mr.
Linderman nicht zögern, seinen Sohn samt den Tathinweisen der Polizei
auszuliefern.«
»Wenn Sie wollen, daß er zu Ihnen
kommt, dann muß das Treffen irgendwo stattfinden, wo er Sie leicht finden kann .«
»Bei mir zu Hause«, sagte ich.
»Ich werde heute nachmittag gegen drei Uhr dort sein
— ich würde vorschlagen, ihn um diese Zeit anzurufen — , und ich werde bis morgen früh dort bleiben. Wenn er bis dahin nicht aufgetaucht
ist, so bedeutet das, daß er überhaupt nicht kommt und ich mir etwas anderes
ausdenken muß. Wenn Sie beiläufig fallenlassen, daß ich in Beverly Hills wohne,
dann wird er keine Mühe haben, mich zu finden. Mein Name steht im Telefonbuch .«
»Da ist noch etwas, was mich
bedrückt, Mr. Holman. Ich werde ihn doch hoffentlich dadurch nicht zu
Gewalttaten anspornen ?«
»Daran habe ich auch schon
gedacht .« Ich zog eine Grimasse. »Die einzige Lösung
für dieses Problem ist, es unter die Rubrik >kalkuliertes Risiko<
einzuordnen .«
Er überlegte eine ganze Weile.
»Na gut«, sagte er und nickte. »Ich werde es tun. Aber unter einem Vorbehalt,
Mr. Holman. Wenn Michael gewalttätig werden sollte und Sie dabei verletzt oder umbringt,
so werde ich mich verpflichtet fühlen, die Behörden von dieser Unterhaltung in
Kenntnis zu setzen .«
»Das wird mir dann nicht das
geringste Kopfzerbrechen mehr bereiten«, sagte ich. »Ich wollte, ich wüßte eine
einfachere Methode .«
»Ja.« Seine Stimme klang leicht
abweisend. »Sie sind ein Mann, der gewisse Dinge auslöst, Mr. Holman — ein
Katalysator — , und für die derzeitige Situation
sicher genau der Richtige. Aber was ein Katalysator auslöst, kann sich schnell
zu einem Moloch entwickeln, der alles verschlingt, einschließlich mich . Ich habe das Gefühl, von Ihnen in die Rolle des Mannes
gedrängt worden zu sein, der auf den Knopf zu drücken hat .«
»Das ist unter der Bezeichnung >Verantwortung
des leitenden Direktors< bekannt«, sagte ich. »Setzt Mr. Linderman Sie nicht
in derselben Weise ein? Als jemanden, der für ihn auf den Knopf drückt?« Seine
Mundwinkel verzogen sich scharf nach unten, und ich überlegte, daß es keinen
Sinn hatte, die Sache noch weiter zu treiben. »Da war noch etwas, was ich Sie
fragen wollte, Mr. Strauberg. Als Sie sich diese Tonbänder vor ihrer
Vernichtung anhörten — erinnern Sie sich da, ob Fleur Falaise irgendwann ihren
ersten Mann, Kurt Vargo , erwähnt hat ?«
»Hinreichend!« Er lächelte
beinahe.
»Er ertrank während ihrer
Hochzeitsreise nach Hawaii«, sagte ich. »Hat sie das auch erwähnt ?«
»In allen Einzelheiten.«
»Können Sie mir sagen, wie sie
sich darüber geäußert hat ?«
»Ich habe so etwas wie ein
totales Gedächtnis, was das gesprochene Wort betrifft, Mr. Holman .« Das war offensichtlich eine sachliche Feststellung und
keinerlei Prahlerei. »Ich wünschte nur, mein fotografisches Gedächtnis wäre
annähernd so gut .« Seine durchdringenden Augen
betrachteten mich scharf. »Vermutlich hat das etwas mit dem vorliegenden Thema
zu tun ?«
»Möglicherweise ja«, sagte ich.
»Meine Frau starb vor zehn
Jahren«, sagte er ruhig. »Wir waren etwas über zwanzig Jahre verheiratet
gewesen. Sie entsprach all dem, was ich je in einer Frau begehrt habe, und ich
war ihr tief ergeben. Nach ihrem Tod war ich völlig in meinen Schmerz
versponnen und hatte das Gefühl, mein Leben sei zu Ende. Ein halbes Jahr später
begann ich, die Bestandteile meiner normalen Existenz wieder zusammenzusuchen,
und pflegte die Erinnerung an meine Frau in Liebe und Zuneigung, lebte aber
nicht mehr so völlig in dieser Erinnerung. Ein Jahr darauf verliebte ich mich
in eine andere Frau. Es wurde nichts daraus, denn wir entdeckten rechtzeitig,
daß wir nicht füreinander taugten. Ich erwähne das nur zum Beweis — etwas
umständlich, leider — , daß es mir achtzehn Monate
nach dem Tod meiner Frau möglich war, mich wieder zu verlieben. Worauf ich
hinauswill, Mr. Holman, ist die Tatsache, daß ein großer Teil dessen, was wir
unter >Liebe< verstehen, auf den physischen Aspekten unseres Partners
beruht. Es betrifft nicht nur den Körper, sondern auch die Stimme und ganz
besonders einfach die leibliche Anwesenheit. Niemand kann ein Gespenst lieben.
Bestenfalls sind solche Behauptungen neurotisch, und schlimmstenfalls kommt es
dadurch zu
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