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In den Trümmern des Himmelsystems

Titel: In den Trümmern des Himmelsystems Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Nichtexistente zu ersetzen, wie man das in so vielen Fällen tun mußte.
    Ein intelligentes Kind konnte lernen, einfachere Berechnungen durchzuführen, und so verwendete man auch solche Kinder, was die anderen soweit entlastete, daß sie sich komplizierterer Arbeit zuwenden konnten. Raul erinnerte sich, wie er auf einer Bank gesessen hatte, dicht zusammengedrängt mit einem anderen Jungen und einem Mädchen, damit sie sich gegenseitig wärmen konnten. Seine Nase hatte getropft, seine Lippen waren rissig und aufgesprungen, er hatte neidisch auf den Rücken seines Halbbruders Djem gestarrt, der einhundertfünfzig Megasekunden älter als er selbst und ein Computer zweiter Klasse war. Je höher man stieg, desto näher durfte man am Ofen in der Mitte des Raumes sitzen… Zu der Zeit, als Djem zur ersten Klasse gestoßen war, hatte Raul ihn erreicht und war mit Wärme und einem der wenigen Rechner, die noch funktionierten, belohnt worden.
    Ihr Großvater hatte die Richtigkeit der Riemannschen Hypothesen bewiesen und wurde damit zum bekanntesten Mathematiker und vielleicht zum bekanntesten menschlichen Wesen, das jemals von Himmels Gürtel kam; dann war der Krieg ausgebrochen und hatte aus ihm einen unter zahllosen Flüchtlingen gemacht. Als der Krieg begann, hatte er gerade Ferien in den diskanischen Ringen gemacht, und seine Loyalität war fragwürdig. Doch sein mathematisches Können war unbestreitbar – und nun, zwei Generationen später, hatte das Erbe seines Genies seine Enkel in einem anderen Regime auf dieselben Pfade geführt.
    „Nur durch Gehorsam erwerben wir uns das Recht zu befehlen…“ Raul ließ den Computerraum und seine Jugend hinter sich; die ständig gleich klingenden moralisierenden Ermahnungen der unsichtbaren Wandlautsprecher drangen wieder in sein Bewußtsein, zusammen mit der Kälte. Er fragte sich, wie lange es dauern würde, bis die Nachricht von dem fremden Raumschiff sich einen Weg ins Netz des öffentlichen Rundfunks gebahnt haben würde, zwischen den Gedanken des Herzens und den Vorträgen über die Dekadenz des Demarchy plaziert, und welche Form sie bis dahin wohl hatte. Er machte sich nichts aus der ständigen Einmischung in sein Leben. Er war daran gewöhnt. Es war so sehr Teil des Lebens, das er kannte, wie die Kälte. Er erkannte auch, daß ein bestimmtes Ziel in der Medienberichterstattung lag, nämlich, die Leute abzulenken von der Kälte und dem endlosen Einerlei ihrer täglichen Arbeit, ihres täglichen Lebens, ihr Gefühl für die Einheit und die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft zu stärken.
    Doch er fühlte keinen Groll gegen die Rundfunkanstalten, noch nahm er sie weiterhin ernst. Schon vor langer Zeit hatte er erkannt, daß sie ebenso Propaganda waren wie die grellen und unharmonischen Vorführungen des Demarchy… Des Demarchy, das noch immer in Wärme und Komfort lebte, dank den Destillen der Großen Harmonie, das jedoch verhinderte, daß die Große Harmonie an diesem Komfort teilhatte. Sie lehnten es ab, die Kernspaltungsbatterien zu verkaufen, die immer noch die Hauptenergiequelle des Demarchy für Wärme, für Licht, für den Schiffverkehr, für die neuen Fabriken, die immer noch arbeiteten, bildeten. Keine der noch existierenden Fabriken arbeitete in der Großen Harmonie mit mehr als einem Prozent Effizienz – ausgenommen die Destillen – , und die einzige Quelle für Licht und Wärme war das ineffizienteVerbrennen von Methan (da die Ringe einen Überschuß an organischen Stoffen hatten, was aber auch alles war, worüber sie verfügten).
    Raul schob den Gedanken beiseite, wie er auch den Gedanken beiseite schob, daß alle Menschen seines Volkes, alle Menschen von Himmels Gürtel, dem Untergang geweiht waren. Bedauern war nutzlos. Haß war vergeblich. Raul sah der Wahrheit ins Antlitz – und tiefer. Er konnte die Straße deutlich vor sich sehen, sah, wie das Vorwärtskommen schwieriger und anstrengender wurde, bis es schließlich unmöglich wurde. Doch er bewegte sich vorwärts, wenn auch nur von Zeit zu Zeit, schrittweise, gestärkt durch das Wissen, alles menschenmögliche getan zu haben.
    Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er jedes Wort der Medien absorbiert und jedes Wort geglaubt. Da hatte er das Demarchy mit dem blinden Eifer der Jugend gehaßt, und da er jung und kompetent und entbehrlich war, hatte man ihn mit einem Sabotageauftrag in das Hoheitsgebiet des Demarchy geschickt. Er war gescheitert. Doch zu seiner grenzenlosen Demütigung hatte die Perversion der

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