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In den Trümmern des Himmelsystems

Titel: In den Trümmern des Himmelsystems Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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dem perspektivisch verkürzten Horizont, der sich wie die scharfe, glänzende Klinge eines Dolches gegen die Schwärze abhob. Und dahinter die Sterne, kaum sichtbar und ungeheuer fern, jenseits der lichtlosen Leere. Sie sah fünf leblose Körper, die in diese Leere fielen, wo nichts ihren Fall bremsen konnte, wo keine Stimme jemals die Stille ewigen Alleinseins durchbrechen konnte… Sie schwankte, Shadow Jack berührte ihren Rücken.
    „Geh weiter, stoß dich ab.“ Seine Stimme klang krächzend und entstellt durch seinen schwachen Lautsprecher.
    Hinter seiner Stimme hörte sie Rustys fruchtloses Kratzen an den Wänden der luftdichten Transportkiste; sie sah Gestalten, die auf sie zukamen, sie bewegten sich an einem gespannten Kabel entlang, das mittschiffs befestigt war. Mit zuviel Schwung stieß sie sich aus der Luke und schwebte bar jeglicher Anmut abwärts. Sie prallte zurück, fand Halt an einem gestrafften Kabel und bremste ihre Bewegung.
Ein Fehler…
Und sie konnte es sich nicht leisten, noch einen zu machen. Sie hatte es mit Gürtelbewohnern zu tun, und sie benahm sich besser auch wie ein Gürtelbewohner. Sie fühlte, wie die Spannung den Nebel ihrer Erschöpfung wegbrannte, als sie zusah, wie Shadow Jack anmutig und sanft auf dem hellen, pockennarbigen Geröllfeld hinter ihr landete. Über seinem Kopf strahlte die Sonne Himmel, ein glitzernder Diamant in der Krone der Nacht, blaß und sehr weit entfernt, verglichen mit dem blutigen Antlitz der Sonne am dunstverhangenen Himmel Morningsides. Als sie sich von der im Schatten liegenden Hülle der
Lansing 04
abwandte, konnte sie andere Schiffe sehen, die ebenfalls vertäut waren; im grellen Licht sah sie das unförmige Flickwerk zerbeulter
    Formen und dachte an die asketische Perfektion der
Ranger.
    „Bleiben Sie lange hier?“
    Sie konnte das Gesicht des Schleusenwächters hinter der dunklen Maske seines Helmes nicht sehen und hoffte, auch ihr Gesicht möge so gut hinter ihrer eigenen Gesichtsplatte verborgen sein. „Nicht länger als wir müssen.“
    „Gut. Ihr äußerer Strahlungspegel ist sehr hoch, das ist nicht gut für die Pflanzen.“
    Sie sah hinunter auf den groben Schotter und fragte sich, ob er einen Scherz gemacht hatte. Sie lachte nervös.
    „Sind Sie von Lansing?“ Acht oder zehn weitere Gestalten tauchten mit bulligen Geräten, in denen sie Kameras erkannte, hinter ihm auf.
    „Aus welchem Grund sind Sie hier?“
    „Ist es wahr, daß…?“
    „Ich dachte, jeder im Hauptgürtel sei tot?“
    Sie hob Rustys Schachtel, um einen besseren Griff um das Kabel zu bekommen, ihre Stimmen verklangen in ihrem Helm. „Wir möchten etwas Wasserstoff von Ihrer Destille kaufen.“ Sie sah zurück zum Wächter. „Ich hoffe, wir müssen nicht zur anderen Seite laufen?“
    Dieses Mal lachte er. „Nö. Nicht, wenn Sie die Gebühr bezahlen.“
    Bertha sah, daß er bewaffnet war.
    „… hörte, die Leute vom Hauptgürtel stehlen und klauen hauptsächlich“, redeten die Stimmen im Hintergrund unaufhörlich. „Haben Sie wirklich etwas zum Handeln dabei?“
    „Wie kommt es, daß Sie als Frau in dieser Position sind? Sind Sie steril?“
    „Was ist in der Schachtel?“
    Sie umringten sie wie Wölfe. Entsetzt prallte sie zurück. „Ich kann nicht…“
    „Das geht nur uns etwas an, Kameraden“, sagte Shadow Jack unvermittelt. „Wir sind nicht hier, um ein Almosen zu bekommen. Wir benötigen euren Mist nicht.“ Er zog den Wächter am Ärmel. „Nun, wie gelangen wir zur Destille?“
    Bertha starrte ihn fassungslos an, doch der Wächter hob die Arme. „Alles klar, ihr Medienjungs, laßt sie in Ruhe. Schießt ein Bild von ihrem Schiff; sie sind nicht von Lansing hierhergekommen, um für euch Modell zu stehen. Und vergeßt nicht, die Mekka-Liegeplatz-Gesellschaft zu erwähnen. Keine Umstände, Jüngelchen. Folgen Sie einfach dem Kabel bis zum Schacht, man hält ein Taxi für Sie bereit. Willkommen auf Mekka.“
    „Sagen Sie, stimmt es, daß…“
    Shadow Jack schwebte zum Kabel und stieß sich an ihnen vorbei zur anderen Seite ab. Bertha folgte ihm; ihre Bewegungen wirkten schmerzlich unbeholfen. „Danke… Kamerad“, sagte sie.
    Der Wächter nickte oder verbeugte sich, was Shadow Jack auch tat.
    „Mein Gott, wer
waren
diese Leute?“ Sie warf einen Blick über die Schulter, während sie das Bodenfahrzeug betraten. Hinter ihnen versiegelte jemand die Tür. Sie konnte Shadow Jack murmeln hören: „Irreal.“ In der Kabine saßen noch zwei andere. Sie

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