In der Box: Wie CrossFit® das Training revolutionierte und mir einen völlig neuen Körper verlieh (German Edition)
Glassman Seminare zu halten, um anderen Menschen sein Vorgehen näherzubringen. Und CrossFit fing an, kostenlose Workouts ins Internet zu stellen. Ein Online-Magazin wurde gegründet, man postete kurze Videoclips und einige von Glassmans Schülern eröffneten eigene CrossFit-Studios. Im Jahr 2005 gab es 13 solcher Ableger. 2012 waren es schon über 4000. Die Internetseite CrossFit.com zählt inzwischen 150 000 Besucher am Tag.
Die Definition von CrossFit
Was war denn nun Glassmans Vision? Und was ist CrossFit eigentlich? Ist es eine Fitnessrevolution, die eine neue Ära einläutet? Ja. Ist es ein Vorstoß in die milliardenschwere Fitnesscenter-Branche, bei dem fast alles anders ist als bei anderen Methoden? Wieder ja. Ist es ein Fitnesskonzept mit Workouts, die einen umbringen können, wenn man sie wie vorgeschrieben ausführt? Nun, ja. Ist es ein Webportal, auf dem man kommunizieren und soziales Netzwerken betreiben kann? Zweifellos.
Und mehr noch: CrossFit ist ein hochintensives Trainingsprogramm, mit dem man in sehr kurzer Zeit erstaunliche Ergebnisse erzielen kann. Es ist eine Plattform, die es einer neuen Generation narzisstischer Muskelpakete ermöglicht, das Netz mit Bildern und Videos zu überfluten, die man als »Fitnesserotik« bezeichnen könnte. Es ist eine ungewöhnliche Kombination aus Training, Ernährung und moralischer Unterstützung, die schon so manches Leben gerettet hat. Es ist ein loser Zusammenschluss von Fachleuten aus verschiedensten Sportarten wie Turnen, Gewichtheben und Laufen. Es ist die geniale Erfindung eines charismatischen Gurus, der sich viel selbst beigebracht hat, der über ein erstaunliches Wissen in den Bereichen Mathematik, Biologie und Physiologie verfügt und der, wie er selbst sagt, »verdammt überheblich« ist. Und es ist eine Bewegung mit einer durchgeknallten, kultgleichen Anhängerschaft, die T-Shirts kauft und untereinander tauscht, wie andere Menschen Briefmarken sammeln. Es ist ein im Fernsehen übertragenes Großereignis mit ausgezeichneten Spitzensportlern und gleichzeitig eine technikfeindliche, verschworene Gemeinschaft, die für viele ihrer Mitglieder beinahe religiösen Charakter hat.
Glassmans Vision ist auf ein Erlebnis zurückzuführen, das er als zehnjähriger Junge hatte. Er wuchs im San Fernando Valley in Kalifornien auf – »in einer Familie von Raketentechnikern, die in einem Viertel voller Raketentechniker lebte« – und bekam manchmal ungewöhnliche Hausaufgaben von seinem Vater, einem Ingenieur, der an der Entwicklung von Waffensystemen beteiligt war, die in Kampfflugzeugen eingesetzt wurden. Eines Tages gab ihm sein Vater ein Mikrometer und einen Sack mit Nägeln, auf dem »1000 Nägel« stand. Er trug Greg auf, jeden Nagel auf ein Tausendstel Zoll genau abzumessen und die Längendifferenz grafisch darzustellen. Damit wollte er ihm etwas über Datenerhebungen und Statistik beibringen. »Ich hasste meinen Vater dafür«, sagt Glassman. Diese Aufgabe schien langweilig und überflüssig zu sein. Aber am Ende der Tortur stellte er erstaunt fest, dass er eine Kurve erhielt, wie sie in der Abbildung auf Seite 35 dargestellt ist.
Es war eine Gaußsche Kurve, auch bekannt als Glockenkurve, eine Normalverteilung – ermittelt aus einem Sack mit Nägeln, die im Durchschnitt 1¾ Zoll lang waren. »Das war ein einschneidendes Erlebnis für mich«, sagt Glassman heute. »Mit einem Mal war alles sonnenklar und es schien, als offenbare sich mir die Struktur des gesamten Universums, so wunderbar einfach und elegant, und das allein durch scharfe Beobachtung und sorgfältige Messung.« Das Experiment zeigte Glassman, dass er sich kein vorschnelles Urteil bilden durfte und seine Vermutungen stets durch seine eigenen Beobachtungen und Experimente untermauern musste. Außerdem lernte er, die Ansichten und Methoden anderer kritisch zu hinterfragen, wenn sie keine überzeugenden Daten vorzuweisen hatten.
Glassman war ein sehr neugieriger junger Mann und experimentierte gern, wenn es darum ging, ein Problem zu lösen. 1971 war er ein hoch motivierter Schulturner, der allerdings nicht das ganze Jahr hindurch Zugang zur Turnhalle hatte. Seine Königsdisziplin waren die Ringe – zwei Holzringe, die mit Riemen an einer Metallkonstruktion befestigt sind und für Übungen verwendet werden, die enorme Muskelkraft im Oberkörper fordern. Beim Kreuzhang zum Beispiel hängt der Sportler in der Luft und hält die Arme mindestens zwei Sekunden seitlich ausgestreckt. Aber
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