In der Bucht der Liebe
gelingen, herauszufinden, was geschehen war, und sie ihre Ängste vergessen zu lassen.
Dieses Wissen wollte er allerdings nicht ausnutzen, das wäre unfair. Stattdessen umfasste er ihr Gesicht und strich ihr mit dem Daumen sanft über die bebenden Lippen.
„Geh schlafen“, forderte er sie ruhig auf und löste sich von ihr. „Du siehst müde und erschöpft aus.“
Sekundenlang stand Taylor wie erstarrt da und brachte kein Wort heraus. Dann wandte sie sich ab und eilte an ihm vorbei in ihre Suite. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, setzte sie sich aufs Sofa, atmete tief durch und barg das Gesicht in den Händen. Sie ließ den Tränen freien Lauf und hörte erst auf zu weinen, als sie sich völlig leer fühlte.
Schließlich stand sie auf, zog sich aus und stellte sich unter die Dusche. Während das warme Wasser über ihren Körper rann, entspannte und beruhigte sie sich langsam. Nach einigen Minuten, die ihr wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, konnte sie sich kaum noch auf den Beinen halten. Sie trocknete sich rasch ab, streifte das Schlafshirt über, legte sich ins Bett und schlüpfte unter die Decke.
Am nächsten Morgen glaubte sie immer noch, Dantes Lippen auf ihren zu spüren, und auf der Fahrt mit Ben zum Kindergarten schweiften ihre Gedanken allzu oft ab. Entschlossen verdrängte sie die Erinnerungen an den Kuss und setzte sich nach ihrer Rückkehr sogleich an den Schreibtisch in ihrem Arbeitszimmer. Doch kaum hatte sie den Laptop geöffnet, durchbrach das Läuten des Handys die Stille in dem Raum.
Auf dem Display erschien die Nummer ihrer besten Freundin. „Hallo, Sheyna. Wie geht es dir?“
„Das wollte ich dich auch gerade fragen, Taylor. Was machst du so?“, erwiderte Sheyna.
„Ich habe eine arbeitsreiche Woche hinter mir“, antwortete sie ausweichend.
„Das habe ich mir schon gedacht. Lass uns zusammen einen Kaffee trinken, dann kannst du mir alles erzählen.“
Taylor wollte Ausflüchte machen, überlegte es sich jedoch anders. „Okay. Treffen wir uns im Harbour Café? Ich bin in einer halben Stunde da.“
Zehn Minuten später zog sie ihre Jeans, eine Bluse und Stiefel an, band das Haar im Nacken zusammen und trug etwas Lippenstift auf. Dann lief sie fröhlich die Treppe hinunter und aus dem Haus. Ihre Stimmung hellte sich zunehmend auf, denn sie freute sich auf das Treffen mit ihrer Freundin.
Beinah gleichzeitig kamen sie in dem Café in dem berühmten Hafenviertel Darling Harbour mit den vielen schicken Restaurants und allen möglichen anderen Attraktionen an.
„So, jetzt erzähl einmal, wie es dir wirklich geht, und speise mich nicht mit irgendwelchen Phrasen ab“, bat Sheyna die Freundin.
„Okay, du willst die ungeschminkte Wahrheit hören“, erwiderte Taylor lachend. „Es ist eine längere Geschichte.“
„Das macht nichts.“ Sheynas Blick wurde sanft. „Wie geht es Ben?“
„Er geht weiterhin in den Kindergarten und hat jetzt nicht nur eine Katze, sondern auch noch einen jungen Hund. Im Übrigen treffen wir alle Entscheidungen gemeinsam.“
Sheyna hob die Hand. „Moment, von wem redest du?“
„Von Leons Bruder Dante und mir. Ben und ich leben jetzt bei ihm in Watsons Bay. Wir teilen uns das Sorgerecht für den Kleinen.“
Mit so einer einfachen Erklärung gibt sie sich bestimmt nicht zufrieden, dachte Taylor. Die Freundin enttäuschte sie nicht.
„Dass ihr für das Kind gemeinsam verantwortlich seid, ist ja gut und schön. Nur weshalb müsst ihr, du und Ben, deshalb bei Dante wohnen?“ Sheyna verdrehte die Augen. „Was spielt sich zwischen dir und diesem Mann ab?“
„Nichts.“
„Liebes, bitte! Du lebst mit Dante d’Alessandri unter einem Dach und willst mir weismachen, es sei alles ganz harmlos?“
„Es ist ein riesiges Haus“, verteidigte sich Taylor. „Dante hält sich in dem einen Flügel auf, Ben und ich leben in dem anderen. Außerdem ist er selten zu Hause und oft geschäftlich im Ausland unterwegs.“
„Das Ganze war bestimmt seine Idee. Es ist eigentlich gar nicht deine Art, dich auf so etwas einzulassen. Deshalb nehme ich an, dass er Druck ausgeübt hat, und du hast es letztlich nur Ben zuliebe getan. Dantes Motive kennst du wahrscheinlich nicht, habe ich recht?“ Sheyna nahm kein Blatt vor den Mund und kam direkt zur Sache, so war sie eben.
„Muss er denn unbedingt einen Grund haben? Reicht es nicht, dass er nur das Beste für Ben will?“
„Meine Güte, wie naiv bist du? Der Mann ist bekannt dafür, ein glänzender
Weitere Kostenlose Bücher