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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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fragte jeden einzelnen im Zimmer, ob er etwas von den Sachen gesehen habe. Aber sie waren spurlos verschwunden!
    Die Alten scharten sich um des Schweizers Bett. Er müsse die fehlenden Stücke auf der Treppe verloren haben, sagten sie. Auf so 'was müsse man doch aufpassen. Wenn er die Sachen nicht wiederfinde, komme er sofort ins Gefängnis: zum allermindesten. Vielleicht gar zu den Zéphirs ! [Fußnote: Zéphirs nennt die Legion die zum Strafbataillon Verurteilten. Ich kann nur die Tatsache registrieren, ohne eine Erklärung dafür geben zu können, was die armen Teufel mit säuselnden Zephyrwinden zu tun hüben, ist mir sehr unklar. D. Verf.] Uniformstücke verlieren sei das schlimmste Verbrechen, das die Legion kenne.
    Der Schweizer rannte die Treppe auf und ab und suchte verzweifelt!
    Er sei ein bedauernswerter armer Teufel, sagten die alten Legionäre. Sie hätten Mitleid mit ihm. Vielleicht könnten sie doch helfen! Drüben in der 3. Kompagnie sei ein Kammerunteroffizier, der mit sich reden lasse, wenn ein ancien zu ihm komme. Von ihm könnte man sicherlich Ersatz bekommen, für billiges Geld. Sie wollten ihm schon recht gut zureden. Für fünf Franks! Was seien lumpige fünf Franks, wenn es einen vor fürchterlicher Strafe rette.
    Mit Freuden gab der Arme von den Franksstücken, die er von den Trödlern beim Kleiderverkauf bekommen hatte, fünf ab.
    Die Alten verschwanden! Nach ganz kurzer Zeit kamen sie zurück und händigten dem überglücklichen Verlierer den Ersatz für die fehlenden Sachen ein. Lauter schöne, neue, tadellose Stücke.
    Man brauchte nicht gerade ein Sherlock Holmes zu sein, um das Manöver zu durchschauen. Die Spitzbuben hatten des Schweizers Kleider selber gestohlen und ihm seine eigenen Sachen zurückverkauft!
    Ich ärgerte mich über die Gauner, die dem armen Teufel sein Letztes abgenommen hatten. Die infame Bande! In dieser Stimmung war ich, als einer von den alten Legionären sich zufällig auf mein Bett setzte.
    »'runter von meinem Bett!« sagte ich.
    Er sah mich maßlos erstaunt an.
    »Du unverschämter Blauer ...«
    »Mein Bett ist mein Bett! Setz' dich auf dein eigenes Bett. Vorhin hast du einen von uns angeschrien, weil er sich auf dein Bett setzte. Mach', daß du fortkommst!«
    Der ancien schnappte förmlich nach Luft vor Erstaunen und Aerger.
    »Viens là bas!« schrie er mir mit zornfunkelnden Augen zu. »Komm' herunter mit mir. Ich will dir schon zeigen, wie ein verdammter Blauer sich einem Alten gegenüber zu benehmen hat!«
    Miteinander stiegen wir die Treppe hinab. Einige andere Soldaten des Zimmers folgten als Zuschauer. Mir war froh zumute. Selbst in der Legion sollte mir niemand zu nahe treten.
    Am hinteren Ausgang der Kompagniekaserne, in einem schmalen Gang zwischen Gebäude und Kasernenmauer, wurde die Meinungsverschiedenheit ausgetragen. Einem wütenden Fußstoß nach französischer Manier vermochte ich auszuweichen. Dann packten wir uns und rollten in der nächsten Sekunde auf dem Kiesboden. Bald war er oben, bald ich. An Kräften war er mir weit überlegen, und ich hatte ein Gefühl, als ob mir die eisernen Arme die Rippen eindrücken müßten.
    Aber ich war geschickter. Immer wieder versuchte er, einen Griff an meinem Hals zu bekommen, und immer konnte ich gerade noch zu rechter Zeit seine Hände fassen. Fortwährend rollten wir auf dem Boden hin und her. Die Luft ging mir aus – meine Kräfte begannen zu erlahmen. Da sah ich einen faustgroßen Stein auf dem Boden, dicht neben seinem Kopf. Es gelang mir, eine Hand freizumachen und ihn am Haar zu packen. Blitzschnell stieß ich seinen Schädel auf den Stein – einmal, zweimal – viermal ... Seine Arme ließen mich los –
    »Assez!« rief er. »Genug!«
    »Gut! Ganz gut!« sagten die anderen Legionäre.
    Er richtete sich auf und stand da, ein wenig schwankend. Dann ging er auf mich zu und gab mir die Hand:
    »Du hast recht gehabt vorhin. Das war eine gute Idee mit dem Stein! Eh, du wirst schon ein Legionär werden. Man streitet sich, aber man hält auch wieder zusammen. So ist es in der Legion. Gehen wir wieder hinauf, Kamerad!«
    Und droben im Zimmer bürsteten wir uns gegenseitig in Eintracht den Schmutz von den Kleidern.
    »Wirst müd sei'!« sagte Guttinger grinsend.
    »Trinke wir 'n Liter!«
    Ich hatte nichts dagegen einzuwenden.
    »Zahlen tu aber ich,« verlangte er, als wir über den Kasernenhof gingen.
    Die Regimentskantine, ein kleines Häuschen, lag halb versteckt in einer Ecke des Kasernenvierecks.

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