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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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am Bett hing ein Leinenbeutel, der das Putzzeug enthielt – auch der kleinste Gegenstand hatte seinen bestimmten Platz, und selbst im Dunklen hätte der Legionär mit einem Griff alles finden können.
    Als ich mein Bett machte, lachte Guttinger. Er riß es wieder auseinander, und unter seinen geschickten Griffen lagen die Kissen und Decken im Handumdrehen so gleichmäßig gerade und straffgespannt, so glatt und faltenlos da, daß eine gute deutsche Hausfrau sich gewundert hätte.
    » Merde! « sagte er. »Das ist kei' Kunst.«
    In jedem zweiten Satz gebrauchte der Trommler das Wort merde mit kräftiger liebevoller Betonung wie ein besonders schönes Invektiv; vorhin auf der Kammer hatte der Sergeantmajor ein- über das anderemal merde gesagt; die anderen Legionäre im Zimmer gebrauchten den Ausdruck fortwährend, und schließlich wurde ich so neugierig, daß ich den Trommler interpellierte.
    Der wollte sich halbtot lachen!
    »Was merde heiße' tut? ...« brüllte er unter dröhnendem Lachen. »Merde?«
    Dann beugte er sich zu mir nieder und sagte grinsend ein urdeutsches Wort, das nicht im Büchmann steht und selbst auf sozialdemokratischen Parteitagen nicht gebraucht wird – ein Wörtchen, das ein ruppiges Synonym des vornehmen Wortes »Fäkalien« darstellt.
    Es ist das Lieblingswort der Fremdenlegion, das – Legions-Substantiv! Was dem englischen Soldaten das zeitgeheiligte Adjektiv bloody , dem amerikanischen Regulären sein nicht minder kostbares damned und dem mexikanischen Kavalleristen das bösartige, zischende caracho ist, das bedeutet dem Legionär sein unvermeidliches merde . Das Wort fliegt nur so herum und muß die schönsten Ableitungen erdulden, als da sind: merdant, merdable, usw. ... Es hat ein trautes Heim in allen französischen Regimentern, es ist unzertrennbar mit dem Soldatenleben der französischen Armee verbunden. In höchster Blüte aber steht es in der Legion! Sogar ein Verbum hat der Legionär daraus fabriziert. Wenn ein Offizier ihn ärgert, sagt er:
    »Il m' enmerde!«
    Uralt ist dieses primitive Wörtchen des Ingrimms! Es ist der Armee zeitgeheiligt, es ist klassisch:
    Der Kommandeur der alten Garde Napoleons soll bei Waterloo auf die Aufforderung sich zu ergeben stolz und pomphaft gerufen haben: »Die Garde stirbt, aber sie ergibt sich nicht!« In der französischen Armee aber ist es eine alte Überlieferung, er habe einfach geschrien:
    »Merde!«
    *
    Geschimpft wurde fürchterlich im Mannschaftszimmer. Den alten Legionären machte es ein heilloses Vergnügen, die unbeholfenen Rekruten herumzustoßen und sich in drastischen Ausdrücken zu ereifern, was für dumme Blaue der Kompagnie diesmal aufgehängt worden wären. Nur Guttinger, der mir vom ersten Augenblick an gefallen hatte, machte darin eine Ausnahme. Um die Betten standen sie herum und schlugen die Hände über dem Kopf zusammen, darüber, wie dumm sich alle anstellten. Das sei ja reizend mit dieser Schweinegesellschaft! Das könne ja ein nettes Mannschaftszimmer werden!
    »Oh – seht doch nur her, phantasins – da hat sich dieser krummbeinige Affe auf mein Bett gesetzt! Auf mein Bett!! Willst du wohl herunter, Sohn eines Schakals! Meinst du vielleicht, mein Bett sei ein Lagerplatz für dreckige Blaue!«
    Als ihnen das Schimpfen langweilig wurde, dachten sie an praktischere Dinge. Sie erklärten den Blauen, daß solch' fürchterlich dumme Kerle wie die Blauen es in zehn Jahren nicht fertig bringen würden, eine Packtasche aufzubauen! Wenn noch ein Funken von Verstand in ihren Schädeln glimme, sollten sie doch einsehen, daß nur sie , die Alten, Gescheiten, Schlauen, ihnen helfen könnten ... Aber – sie hätten Durst, sagten die Schlauberger, ungeheuren Durst! Wie ein Rekrut nur mit ansehen könne, wenn ein alter Legionär so schlimm an Durst leide, ein Rekrut, der eben seine Kleider verkauft und Franksstücke – Franksstücke! – in der Tasche habe!
    »Allons donc pur un litre ... trinken wir einen Liter drüben!«
    Dem Argument war schwer zu widerstehen. Alle Augenblicke verschwanden junge und alte Legionäre paarweise, um dem Liter der Legion zu huldigen. Die schlauen Alten freuen sich immer auf einen neuen Rekrutenschub; bedeutet er doch unzählige angenehme Gänge zur Kantine.
    Mit einem Male schlug einer meiner Mitrekruten, der Schweizer, großen Lärm. Von der Ausrüstung auf seinem Bett fehlte der größte Teil. Eine komplette Uniform war weg, eine Drillichhose und nagelneues Putzzeug. Der erschrockene Schweizer

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