In der Fremdenlegion (German Edition)
nur in so seltenen Fällen verliehen, daß sie als Ergänzung für den erbärmlichen Sold, als eine Möglichkeit, sich in der Legion etwas anderes zu holen, als Kupferstücke, praktisch nicht in Frage kommen.
Praktisch haben diese Fremdenlegionäre, die Helden der im Ehrensaal gefeierten Ruhmestaten als Dank bekommen:
Fünf Centimes für jeden Tag – auch für die Heldentage!
Und das Ende?
Wenn ein Mann fünf Jahre in der Fremdenlegion gedient hat, so kann er wahrhaftig sagen: »Es ist Mühe und Arbeit gewesen!« Seine Legionszeit begann unter der Devise »Arbeit ohne Lohn« und sie endigt damit, daß er in schäbigen Kleidern wie ein Bettler auf der Straße steht und nicht weiß, was in Gottes Welt er nur anfangen soll. Selbst im günstigsten Fall, wenn Strapazen und Klima ihn nicht gebrochen haben und seine Gesundheit noch gut ist, steht er hilflos da.
Ich habe mit Hunderten und Aberhunderten von diesen ausgedienten Legionären gesprochen, wenn sie im Kasernenhofe von Sidi-bel-Abbès umherschlenderten und darüber triumphierten, daß sie und die Fremdenlegion nun ewig voneinander geschieden sein würden. Auf dem Leibe trugen sie einen dunkelblauen Anzug, wie er den Ausgedienten von der Regimentskammer geliefert wird, aus einem häßlichen groben Stoff, der nichts ähnlicher sieht als blaugefärbter Sackleinwand. Natürlich schlotterten die Kleider an ihnen herum, die Hosen waren entweder zu lang oder zu kurz, und die Röcke hatten einen ganz abscheulichen Schnitt, denn auf der Regimentskammer nahm man keinerlei zarte Rücksichten auf gutes Passen. Die Kopfbedeckung war eine riesiggroße, flache Mütze, wie sie die Seeleute der Mittelmeerhäfen tragen. Dieser fragwürdige Anzug, Stiefel, Strümpfe und Hemd waren ihr ganzes Besitztum nach fünf Jahren Soldatendienst und Fronarbeit.
Sie hatten das Recht auf freie Beförderung nach irgendeiner Stadt Frankreichs und auf ein Verpflegungsgeld von einem Frank für jeden Tag der Reisedauer. Nach seiner eigentlichen Heimat, also ins Ausland, wird kein Legionär befördert. In grimmigem Humor wählten die meisten irgend ein Städtchen im nördlichen Frankreich, mit Vorliebe Dünkirchen, damit die Reise und die Verpflegung auch ja so lange dauern sollte, als es nur irgendwie möglich war; bis schließlich der Bürgermeister von Dünkirchen den französischen Kriegsminister höflich aber dringend ersuchte, ihm doch keine Legionäre mehr schicken zu wollen. Die Stadt wisse ja gar nicht, was sie mit den Leuten anfangen solle – in Dünkirchen gäbe es nicht einmal Arbeit genug für die Dünkirchener!
So steht nun solch ein ausgedienter Legionär ohne die geringsten Hilfsmittel, ohne jedes Geld in einer völlig fremden Stadt. Seine Kleidung ist derart, daß er sich nur zu der allerniedrigsten Arbeit melden kann. Sein Legitimationspapier ist der Entlassungsschein aus der Fremdenlegion, und der ist miserabel wenig wert in Frankreich! Man hat sehr schöne Worte für » la légion « im republikanischen Frankreich, aber man will nicht gerne mit einem Legionär etwas zu tun haben. Ueberall werden ihm die Türen gewiesen, und eine böse Hungerszeit beginnt für den armen Teufel.
Wie oft haben sie's erzählt, wenn sie mit einem Rekrutenschub wieder in Sidi-bel-Abbès ankamen, und die alten Kameraden spottend fragten, weshalb sie nun doch wieder in Afrika seien! Es war immer die gleiche Geschichte: sie hatten sich tagelang, wochenlang, Monate oft gegen ihr Schicksal gewehrt und waren hungernd und frierend herumgelaufen, bis die armseligen Kleider zerrissen und die Stiefel in Fetzen gingen. Schließlich verzweifelten sie daran, jemals Arbeit zu finden und liebäugelten mit dem Gedanken, daß man in der Legion wenigstens etwas zu essen bekomme, so lange, bis sie auf dem nächsten Werbebureau einen neuen Kontrakt unterzeichnet und wieder fünf Jahre ihres Lebens geopfert hatten.
Arbeit, fünf Jahre lang, und dann ein hilfloses auf der Straße-Stehen – Frankreichs Lohn!
»Marschier oder verreck!«
Der Sturmruf der Legion. – Nachtalarm. – Auf dem Marsch. – Das Zählen der Kilometersteine. – Im Zeltlager. – Die Brutalität der Märsche. – Fremdenlegionär und Stabsarzt. – Der Kampf um das Opiat. – Das »Marschierschwein«. – Die Psychologie der Märsche. – Exaltierte Nerven. – »Cafard«. – Das Lied der Flüche.
Die Wochen verflossen. Die Rekrutenzeit war vorüber, und ich tat Dienst mit der Truppe.
Von allem Anfang an war ich fast ängstlich darauf
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