In der Fremdenlegion (German Edition)
daß im Laufe von 80 Jahren weit über hunderttausend Menschen der Fremdenlegion angehört haben!
Diese Zahl kann auf Genauigkeit keinerlei Anspruch machen, sie kann viel höher sein – sie mag auch um einige Tausende niedriger sein.
Jedenfalls hat im Laufe der Zeiten eine große Armee von Männern aller Nationen in der Fremdenlegion gedient, unter fortwährender harter Arbeit, unter unsäglichen Strapazen, unter einer eisernen Disziplin, die selbst die kleinsten Vergehen mit grausamen Strafen belegte. Der Sold war niemals höher als er jetzt ist, er hat niemals genügt, um auch nur die notwendigsten Kleinigkeiten einzukaufen, die ein Soldat zum Reinigen der Umformen und der Waffen braucht, von persönlichen Bedürfnissen, seien sie auch noch so klein, ganz zu schweigen. Es ist keinerlei Uebertreibung, wenn man die Behauptung aufstellt, daß diese hunderttausend Menschen dem französischen Staate ein Gratisgeschenk ihrer Arbeitskraft und allzu häufig ein Gratisgeschenk ihres Lebens gemacht haben . Wenn die Geschichte der Fremdenlegion, diese Historie einer Schar von unablässig kämpfenden Männern, sich wie mittelalterliche Romantik liest, so wird man zu leicht verführt, sich auf den französischen Standpunkt zu stellen und die etwas pharisäische französische Erklärung sich zu eigen zu machen, daß die Fremdenlegion den Abschaum der Menschheit, nutzlosen Menschenabfall zu wertvollem Kolonisationsdünger im Dienste der Kultur verarbeitet habe.
Der moderne Mensch wird viel eher geneigt sein, sich in verständnislosem Erstaunen zu fragen, wie es denn möglich war, daß Jahr auf Jahr immer wieder neue Menschenmassen sich für die Kämpfe eines Landes opferten, das nicht ihr eigenes war. Nicht einmal das Motiv hoher Bezahlung haben diese Tausende gehabt.
Man steht geradezu vor einem Rätsel, vor einer geheimnisvollen Suggestionskraft, die Tausenden von Verzweifelten vorspiegelte, das afrikanische Fremdenregiment sei ihr letzter Zufluchtsort. Noch ein weit größeres Rätsel aber sind die Leistungen der Legion! Alle diese Menschen sind nicht so töricht gewesen, um nicht über kurz oder lang zu erkennen, welch ein miserables Geschäft sie mit dem Werber gemacht hatten, und der Legionsboden war von jeher eine prächtige Reinkultur gärender Unzufriedenheit. Wie es heute noch ist, war es früher: das beherrschende Gesprächsthema im Fremdenregiment ist ein ewiges Ueberlegen, ob und wie man desertieren könne. Der Legionär hat die französische Sprache mit den sonderbarsten Schimpfwörtern bereichert, um in ihnen seine Wut auszudrücken über die Ausbeutung und die infame Behandlung, deren Gegenstand er ist. Da scheint es fast wie ein Wunder, daß diese Unzufriedenen, diese Soldaten, die immer auf dem Sprung waren, zu desertieren, alle ihre Leiden stets vergaßen, wenn sie dem Feind im Feuer gegenüberstanden.
Es mögen Menschentypen unter ihnen gewesen sein, wie sie heute noch in der Legion häufig sind, Verzweifelte, die nur in das Regiment der Fremden kamen, um den Tod auf ihre Art zu suchen, die sich so lange als Freiwillige zu gefährlichen Expeditionen meldeten, bis sie die Kugel fanden, die sie sich ersehnten. Aber sie stellten doch immer nur Einzelfälle dar. Bei den andern ist die Kampflust ein Taumel!
... Eine Abteilung Fremdenlegionäre liegt in einem einsamen Sandfort. Die Sonnenhitze ist erdrückend, die harte Arbeit fast unerträglich, die Dienstroutine zerrt an den Nerven. Aus der ganzen Besatzung wird eine nervöse Masse, die nur mit härtester Strenge regiert werden kann. Da kommt der Befehl zum Ausrücken, die Aussicht auf Soldatenarbeit ist da. Da hallt Jubel durch die Kasernen – der Kampf bedeutet Erlösung aus Fron ohne Ende!
Die Begeisterungsfähigkeit der Legion, die Sehnsucht, an den Feind zu kommen, muß den letzten Wert darstellen in einem verlorenen Leben. Ein Sicherheitsventil gegen überwältigende Verzweiflung!
Die Legion hat niemals gekämpft, nur weil sie mußte, oder weil ihre Offiziere sie antrieben oder weil die Legionäre ihre eigenen armseligen Leben in der Defensive verteidigen mußten. Die Gefechtsgeschichte des Regiments weiß nur von Angriffen zu berichten, von einem wütenden Stürzen auf den Feind mit todesverachtender Tapferkeit. Die armen Abenteurer hatten sich eine eigene Art von Ehre geschaffen, einen ureigenen Ehrbegriff, den sie mit dem Leben bezahlten, den der einzige französische General, der die Legion verstand, in kurzen Worten heller Begeisterung
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