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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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Fällen durch und werden fast immer in wenigen Tagen von Gendarmen eingefangen. Hunger und Durst treiben sie immer wieder in die Araberdörfer und die spanischen Bauernansiedlungen, auf Verkehrsstraßen, die so häufig patrouilliert werden, daß eine Entdeckung fast unvermeidlich ist. Da nützt die Weisheit alter Legionäre nichts – alle Energie scheitert an Hunger und Durst.
    Zum Freiheitsdrang kommt meistens immer der cafard hinzu, der Ueberdruß an allem, was Legion heißt, dieses merkwürdige Gefühl, lieber tolle, von vorneherein gänzlich aussichtslose Dinge zu unternehmen, als auch nur noch einen einzigen Tag lang den verhaßten Legionsdienst zu tun. Wenn die Legionsüberdrüssigen dieses Stadium erreicht haben, laufen sie aufs Geratewohl davon – ohne Ueberlegung, ohne jede Vorbereitung.
    Die Legion hat für diese Art von Durchbrennen einen besonderen Ausdruck geprägt: Auf Pump gehen. Französisch: »Aller au poump« . Das Wort ist sonderbar und seine Herkunft rätselhaft.
    Man »geht auf Pump«. Als wir einmal abends um den großen Tisch saßen, arbeitend, Lederzeug putzend, stand auf einmal ein alter Legionär auf, ein Oesterreicher.
    »Bande, verfluchte!« schrie er. »I' geh' halt spazieren. I' geh' auf Pump.«
    Sprach's und schnallte sein Bajonett um.
    In der Tür blieb er nocheinmal stehen:
    »Habt's mi' gern, G'sellschaft miserablige.«
    Er ging und blieb verschwunden.
    Nach vielen Wochen wurde uns bei der Befehlsausgabe die Photographie einer fürchterlich verstümmelten Leiche gezeigt. Es war der Oesterreicher. Bei der Marokkogrenze hatte ihn eine französische Grenzpatrouille gefunden. Der führende Offizier, zu dessen Ausrüstung vorschriftsmäßig eine Camera gehört, hatte die Aufnahme gemacht, und alle Kompagnien der Legion hatten eine Kopie des grauenhaften Bildes bekommen, um den Toten zu identifizieren. Das Regiment besitzt eine ganze Reihe solcher Photographien, die alle den Rumpf eines nackten Mannes darstellen, der immer auf unbeschreibliche Weise verstümmelt ist. Das Werk marokkanischer Grenzräuber, denen ein im cafard dahintaumelnder Legionär viel Freude macht. Seine Uniform, sein Bajonett, sein Lebelgewehr sind unschätzbare Besitztümer, mit ein paar Säbelhieben leicht erworben. Und es ist ja ein Allah und seinem Propheten wohlgefälliges Werk, einen ungläubigen Christenhund hübsch langsam und qualvoll zu Tode zu martern.
    Hunderte von Menschen, Legionäre, die es im cafard hinaustrieb, sind in den Grenzwüsten einen entsetzlichen Tod gestorben, gemartert, gefoltert, geschändet.
    Im allgemeinen jedoch findet der Legionär das »Auf Pump Gehen«, die spontanen Ausflüge ins Land hinaus, das Davonlaufen ohne rechtes Ziel und ohne jeden Plan, etwas sehr Selbstverständliches und durchaus nicht Tragisches, das einmal wenigstens jeder unternimmt. Im Cafard...
    In kleinen Gruppen flüchten die Legionäre gewöhnlich, ohne jede Ausrüstung als die Uniform, die sie auf dem Leibe tragen, und das Bajonett, das an ihrer Seite klirrt. Nachts gehen sie fort, vor 9 Uhr, wenn die Kasernentore noch geöffnet sind, und laufen durch die sandigen Weinfelder hinaus in die Dunkelheit. Sie frieren erbärmlich in der Kälte der afrikanischen Nacht und hungern gewaltig, enthält doch ihre Feldtasche höchstens ein Stückchen Brot. Aber sie marschieren vorwärts. Sie sind gewöhnt, staunenswerte Leistungen mit schwerem Gepäck zu vollbringen; ohne solche Last legen sie fabelhafte Entfernungen zurück. Fünf Minuten Laufschritt in den langen, springenden, katzenartig leichten Schnellschritten der Legion, die denjenigen, der den Trick gelernt hat, nicht ermüden – dann fünf Minuten Marschschritt. So geht es unaufhaltsam in die Nacht hinein, und am nächsten Morgen sind die Ausreißer sechzig Kilometer von der Garnison entfernt. Irgendwo auf einer einsamen Ferme ergattern sie sich im Morgengrauen ein Stück Brot und einen Schluck Wein. In den wenigsten Fällen freilich ist es das mitleidige Herz der algerisch-spanischen Weinfeldbesitzer, das sich der Flüchtlinge erbarmt, sondern die Bajonette sind es, die zur liebenswürdigen Konzilianz raten. Tagsüber verstecken sich die poumpistes zwischen Felsen oder graben sich ein Loch tief in den Sand hinein. Nachts marschieren sie wieder weiter, immer dem Süden zu, sich nach den Sternen orientierend, wie es die Instruktionsstunde der Legion sie gelehrt hat – allerdings zu ganz anderen Zwecken. Wenn sie Pferdegetrappel hören, verstecken sie sich in

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