Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
Vom Netzwerk:
Sonst würde er ihn gehörig zwiebeln! Der Kapitän aber ließ sämtliche deutschen Legionäre der Kompagnie vor sich rufen.
    Im Kompagniebureau hielt er uns eine lange Rede:
    Wir hätten doch fast alle in Deutschland gedient, und wir könnten wirklich in seiner Kompagnie zufrieden sein. In der Legion würde doch nicht geprügelt! Wenn irgend einer Grund zu Beschwerden zu haben glaube, so möge er sich gefälligst bei ihm melden. Die Legion sei ein Regiment von Ausländern, in dem man jede Nation gleichwertig behandle – natürlich habe ein deutscher Legionär genau soviel Recht wie jeder andere. Er würde es sehr bedauern, wenn seine Legionäre sich zur Flucht verführen ließen. Sie sei doch völlig aussichtslos! Die telegraphische Beschreibung der Ausreißer sei schon längst an alle Militärposten, an die Gendarmeriestationen in ganz Algerien, an die Polizeibehörden aller Küstenstädte versandt, und wir würden sehen, daß man die Durchbrenner in wenigen Tagen beim Regiment einliefere.
    »Ihr bringt nur das Unglück über euch, wenn ihr desertiert, denn ihr würdet sehr schwer bestraft werden.«
    Wer irgend eine Klage habe oder ihn sprechen wolle, möge sich beim Feldwebel melden.
    »Die Sach' is so,« sagte Guttinger, als wir wieder ins Zimmer zurückkamen: »Der Kapitän is' Champion-Florettfechter von Frankreich und meint, er müss' die ganz' Zeit im Fechtsaal übe'! Der hat kei' Ahnung, wie's in der Kompagnie ausschaut.«
    Jeder Rekrut wisse mehr von den Dingen der Kompagnie als ihr Führer. Dafür sei schon gesorgt, daß der Kapitän nicht allzuviel erfahre ...
    Die ganze Macht lag faktisch in den Händen des Feldwebels und der Unteroffiziere. Der Kompagniechef war nur Geschäftsinhaber, der den Strafzetteln und den Meldungen seiner Geschäftsführer nur die Unterschrift gab, ohne sich um Details zu kümmern. Die Unteroffiziere manipulierten mit dem Menagegeld, beantragten um ein Nichts Strafen für einen Mißliebigen und hätten einen Legionär, der sich zu einer Beschwerde aufgerafft hätte, sehr schnell zugrunde gerichtet, wenn er vielleicht auch zuerst Recht bekommen hätte mit seiner Beschwerde.
    »Beim Bart des Propheten!« lachte Guttinger. »Des möcht' ich sehn, wie's dem geht, der sich b'schwert. Die ganze Unteroffiziersg'sellschaft sitzet ihm auf'm Buckel und in e paar Woche' wär' er bei de Zéphirs. So ist's mit'm B'schwere', signor capitano . Aber mit dem Desertiere' hat er recht, der Champion-Kapitän. Die allermeiste komme' wieder!«
    Dann wandte er sich zu Rassedin und fragte ihn, ob er glaube, daß Herr von Rader und die andern fünf » poumpistes « durchkämen.
    Rassedin schüttelte den Kopf, lächelte spöttisch und machte mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand jene zählende Bewegung, die in der ganzen Welt Geld bedeutet.
    »Nix Geld!« sagte er trocken.
    Auch die andern alten Legionäre meinten, daß Rader und Genossen nicht die Leute seien, die unendlich schwierige Flucht ohne Geld durchzuführen.
    Das Durchbrennen der sechs Kameraden war ein unerschöpfliches Gesprächsthema.
    Guttinger erzählte eine Geschichte nach der andern über tollkühne Fluchtversuche. Zwei dieser Desertionshistorien sind mir unvergeßlich:
    Als Guttinger beim zweiten Regiment in Saïda diente, waren in seiner Kompagnie zwei Brüder, Engländer aus guter Familie. Der letzte Leichtsinnsstreich eines tollen Lebens hatte sie in die Legion geführt. Als die Familie erfuhr, daß sie die Jacke der Legionäre trugen, wurden alle möglichen Hebel in Bewegung gesetzt, um die Brüder frei zu bekommen. Umsonst! Gesuche an das französische Kriegsministerium blieben erfolglos, und der englische Konsul in Algier lehnte natürlich jede Intervention ab. Schließlich sandte die Familie den beiden Brüdern eine große Geldsumme, und sie versuchten es mit der Desertion. Schon auf dem Bahnhof in Saïda wurden sie abgefaßt und spazierten prompt ins Gefängnis. Kaum waren sie wieder frei, so wagten sie einen zweiten Fluchtversuch und kamen bis nach Oran. Dort wurden sie auf Grund des telegraphischen Signalements verhaftet, als sie sich auf einem Dampfer einschiffen wollten. Diesmal schickte man sie auf sechs Monate ins Strafbataillon!
    Die armen Teufel müssen verzweifelte Briefe nach Hause geschrieben haben! Ihre Angehörigen wollten sie um jeden Preis befreien. Durch Vermittlung irgend eines englischen Kaufmanns in der Stadt Algier bestachen sie einen dortigen Levantiner, der ein Automobil mietete und tagelang bei

Weitere Kostenlose Bücher