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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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der sich bewußt prostituiert, gegen Entgelt – gegen Legionslohn.
    Demoralisiert – verroht – verloren! Den Werdegang eines giron , das rasche, tiefe Sinken fast ohne Uebergang, lernte ich in einem typischen Beispiel in meiner nächsten Umgebung kennen, als ich noch Rekrut war, die Uniform kaum einen Monat getragen hatte. Dies ist die Geschichte:
    Guttinger war – für einen alten Legionär – ein gutmütiger Mensch. Aber Le Joli [Fußnote: Le Joli war ein junger Rekrut in meiner Kompagnie, ein Oesterreicher. Ich habe keine Veranlassung, seinen richtigen Namen anzugeben, »Le Joli« ist ein in der Legion sehr häufiger Spitzname, der wörtlich »hübscher Bengel« bedeutet und einen üblen Nebensinn hat. – Der Verf.] konnte er nicht leiden!
    Le Joli war ein Prahlhans, und Prahlhänse haßte Guttinger, trotzdem seine neun Dienstjahre ihn zu einem Stoiker gemacht hatten, der sonst allen Legionsdingen mit unendlicher Gleichgültigkeit gegenüberstand. Für ihn gab es aber nichts Aufreizenderes als die naiven Aufschneidereien mancher Rekruten, die meinten, Wichtigkeit und Respekt zu erringen, wenn sie recht viele erlogene Geschichten über ihr vergangenes Leben erzählten. Ein »Alter« ist jedoch weise in diesen Dingen, zu weise, um leichtgläubig zu sein. Er kennt die Leute gar zu gut, die sich Grafen und Barone nennen, die beständig eine niemals eintreffende ungeheure Geldsendung erwarten, mit der sie der ganzen Kompagnie zur Flucht verhelfen wollen, die aber für die imaginären Zukunftsleistungen einen realen Gegenwartsvorschuß beanspruchen – in Form von Hilfe bei der Arbeit, beim Waschen und Putzen. Im Regiment der Rothosigen, das ja so viel Sinn für Phantastik hat, sind schon viele auf diese Leute hereingefallen und vorsichtig geworden. Vielleicht hatte auch Guttinger einmal für solch' einen vielversprechenden Aufschneider gratis gewaschen und geputzt und war nun mißtrauisch.
    Jedenfalls war seine Abneigung gegen Le Joli etwas Begreifliches. Der junge Mensch, der behauptete, direkt von einem österreichischen Gymnasium nach der Legion gekommen zu sein, spielte sich von allem Anfang an als »aus besserem Stoff gemacht« auf und nützte die Gutmütigkeit seiner Kameraden auf jede Weise aus. In seiner Arbeit war er völlig hilflos und bettelte jeden um kleine Gefälligkeiten an. Wenn dagegen im Zimmer über irgend etwas gesprochen wurde, so führte Le Joli das große Wort und vertrat seine Meinung in einer anmaßenden Manier, die nirgends schlechter angebracht war als im »alles nivellierenden« Regiment der Fremden. Für mich war er ein ungezogener Junge, der mich nicht weiter interessierte. Ich sprach fast nie mit ihm.
    Ich hatte keine Ahnung, daß er schlimmen Wegen zuwandelte, bis mir eines Abends durch Guttinger die Augen geöffnet wurden. Wir saßen bei der Abendsuppe. Alle Legionäre unseres Zimmers. Nur Le Joli stand bei seinem Bett und zog in großer Eile seine Ausgehuniform an. Guttinger sah ihm ironisch lächelnd zu und fragte:
    »Willst nix esse'?«
    Le Joli tat, als hätte er nicht gehört.
    »Ob d' nix esse' willst?« fragte Guttinger nochmals.
    »Das geht doch dich nichts an! Ich hab kein' Hunger.«
    »So – oh,« meinte Guttinger in einem gedehnten, näselnden, spöttischen Ton. »So–o–oh! Du hast kein' Hunger ... Gestern hast auch kein' Hunger g'habt – vorvorgestern hast auch kein' Hunger g'habt! Des is' mir merkwürdig. Sonst is' man nach 'm Arbeite' froh, wenn man d' Supp' kriegt.«
    Da wurde Le Joli puterrot und schrie wütend, daß es den Trommler nichts angehe, ob er etwas esse oder nicht.
    Guttinger löffelte grinsend seine Suppe aus und sagte nichts mehr.
    Gleich darauf kamen Freunde zu Le Joli, um ihn abzuholen – drei Mann, anciens , alte Legionäre. Zwei von ihnen gehörten zu unserer Kompagnie, der dritte war Schreiber beim Regimentsbureau. Sie waren fix und fertig angezogen in vorschriftsmäßiger » en ville -Uniform«; auch sie mußten sich sehr beeilt und die Abendsuppe »überschlagen« haben. Alle drei trugen den roten Aermelstreifen der Soldaten erster Klasse und alle drei hatten scharfe, verwitterte, brutale Gesichtszüge. Typische alte Legionäre.
    »Aha! Mit dene ißt er in der Stadt!« murmelte Guttinger.
    Die drei begrüßten Le Joli in einer übertriebenen, überschwänglichen » camaraderie «, die bei diesen alten Soldaten einem jungen Rekruten gegenüber etwas Unnatürliches, etwas Komisches hatte. Sie stellten sich um das Bett, auf dem er saß,

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