In der Gewalt der Banditen
Räuber!
„Dort … Schau!“
Schnelle Schritte auf dem steinernen Boden.
Was jetzt gesprochen wurde, konnte ich nicht mehr verstehen. Aber aus den Geräuschen schloss ich, dass sie ihn hochhoben und dann langsam davontr u gen.
Selbst wenn ich es gewollt hätte, ich stand dort an die Tür gelehnt und ve r mochte nicht, mich auch nur einen Fingerbreit zu bewegen. Wie gelähmt harrte ich der Dinge, die da noch kommen mochten.
Erst als die letzten Bewegungen lange verklungen waren, kehrte das Leben in meinen Körper zurück.
Ich versuchte, meinen Atem ruhiger fließen zu lassen und zog dann die Türe langsam wieder auf.
Ein vorsichtiger Blick versicherte mich, dass alle verschwunden waren. Von dem sterbenden Räuber war nur die blutige Spur hinter dem Altar geblieben.
So schnell es mir die Vorsicht erlaubte, verließ ich die Kirche und eilte durch das Unterholz zurück nach Dark Hill House.
Niemand durfte jemals von diesem Zwischenfall erfahren. Nicht mal meine treue Claire.
Düstere Wolken
„Wir müssen entschiedener gegen diese Plage vorgehen!“
Henry zerschnitt eine Bratenscheibe auf seinem Teller, als richte sich seine En t schlossenheit gegen das Fleisch und nicht gegen die Räuberbanden, die die Grafschicht unsicher machten.
Wir hatten hohen Besuch: Der Herzog war gekommen, um mit meinem Gemahl die Situation zu besprechen und was dagegen zu unternehmen wäre.
„Ich kann Ihnen nur sagen, dass Ihre Majestät uns absolut freie Hand lässt. Ich habe gerade in der letzten Woche noch persönlich mit ihr gesprochen und sie stimmt vollkommen mit mir überein, dass es so nicht weitergehen kann.“
„Wie genau sieht diese freie Hand aus?“
Ich kannte diesen lauernden Blick bei meinem Gatten und wusste, er suchte nur nach der Zustimmung der Königin zu jenen Maßnahmen, von denen er mit se i nen Verwaltern seit Wochen sprach.
Maßnahmen jenseits dessen, was die Krone eigentlich gestatten, oder auch nur gutheißen durfte.
„Ich habe hier in der Grafschaft das Gerichtsrecht. Und ich habe mich auch mit Denham besprochen. Er hat nichts dagegen, wenn – zum Zwecke der Verfo l gung – die Grenzen der Grafschaft überschritten werden.“
Henry nickte zufrieden und deutete einem Diener mittels Kopfnicken an, dem Herzog noch Wein nachzuschenken.
„Dann können wir also auch auf seine Unterstützung rechnen?“
Es war eine Frage, die keine Antwort verlangte, doch der Herzog nickte.
„Gut. Das ist sogar sehr gut. Denn ich hatte bislang immer Schwierigkeiten, weil die Hundsvötter ständig von einer Grafschaft in die andere gewechselt sind.“
„Ich weiß. Es gab sogar Gerüchte, dass Huntsville von den Banden kassierte, dafür, dass er sie in seiner Grafschaft untertauchen ließ.“
Die Lippen meines Gemahls wurden zu einem weißen Strich. Ich kannte das Thema, denn es war zahllose Male hier im Hause angesprochen worden. Der Earl of Huntsville stand im Verdacht, seine leergefegte Kasse mit diesen gerä u berten Geldern aufzubessern. Wenn es natürlich auch unmöglich war, ihm das zu beweisen.
„Ihre Majestät hat bereits mit Huntsville gesprochen. Er schließt sich uns an.“
Henry legte sein Besteck beiseite, lehnte sich zurück und schob seine Daumen unter sein Revers.
„Kann man ihm trauen?“
Die Miene des Herzogs wurde von einem breiten Grinsen überzogen:
„Keine Sekunde, mein Lieber. Er ist bankrott und steht mit dem Rücken zur Wand. Aber die Königin hat zugesagt, ihm ein Monopol zu überlassen, damit er sich wieder sanieren kann. Wenn er uns denn unterstützt.“
Ich blickte auf mein Essen, das ich noch kaum angerührt hatte. Es fehlte mir am rechten Appetit, denn ich konnte die Bilder nicht aus meinem Kopf verdrä n gen … Jene Bilder vom Gesicht dieses Räubers, wie er sterbend nach meiner Nähe gesucht hatte. Hinter dem Altar verkrochen, wie ein waidwunder Hirsch.
Der Herzog war ein so massiger Zeitgenosse, dass er mich immer wieder an Heinrich VIII erinnerte. Sein Schädel war ebenso rund und kahl und sein dicker Bauch war ihm beständig im Wege, wenn er versuchte, etwas zu greifen, was weiter von ihm weg stand.
Er hatte ein lachlustiges Gesicht, wenn ich auch wusste, dass er zu äußerster Brutalität in der Lage war, wenn ihn ein plötzlicher Zornesausbruch packte.
War ich doch mehr als ein Mal Zeugin geworden, wie er einen Diener halb tot geprügelt hatte, weil irgendetwas nicht zu seiner Zufriedenheit war.
Und so war es mir ein Leichtes, mir vorzustellen, was den
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