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In der Gewalt der Banditen

In der Gewalt der Banditen

Titel: In der Gewalt der Banditen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Norton
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ganzes bish e riges Leben war ein einziger Kampf gewesen, und egal, welche kleinen Zw i schensiege ich errungen hatte, am Ende verlor ich doch stets.
    Vielleicht, so dachte ich bei mir, war ich einfach unter einem bösen Stern geb o ren. Und welchen Sinn macht es, wenn man aus seiner Verzweiflung die Hände zu jenem Stern erhebt und um Gnade fleht. Es ist das Schicksal und sich dag e gen aufzulehnen macht keinen Sinn. Man kann es nicht ändern. So wenig, wie man das Firmament ändern kann.
    „Nun gut“, sagte mein Gemahl, presste die Handflächen auf seine Schenkel und erhob sich. Ohne ein weiteres Wort ging er davon.
    Ich aber setzte mich an jenen kleinen Tisch, nahm Papier und Feder und b e gann, einen Brief an Jane zu schreiben.

    Meine liebste Jane,
    nun ist eingetreten, womit ich eigentlich schon immer gerechnet habe. Mein Schicksal ist vorbestimmt und ich kehre, nach diesem kleinen Umweg über Dark Hill House, ins Institut zurück.
    Ich habe mich mit dem Gedanken abgefunden, dass es für mich auf Erden kein Glück geben kann oder darf.
    Wie wir beide wissen, bedeutet meine Rückkehr gleichzeitig, dass mir nicht mehr viel Zeit bleiben wird.
    Insofern möchte ich diese Zeilen nutzen, dich zu bitten, dass wir jene Wochen oder Monate nicht mit Trauer und Trübsal füllen wollen, sondern mit jener ruh i gen Einsicht, dass unser Schicksal sich in Gott erfüllt.
    Seien wir dankbar, dass wir uns noch einmal sehen dürfen und nutzen wir die Zeit bis zu meiner Wiederkehr, indem wir jene düsteren Wolken, die sich a n schicken diese letzte Frist zu verdüstern , zumindest ignorieren .
    Ich umarme dich von ganzem Herzen.
    Deine
    Georgiana

    Ich nahm das schwere Blatt, faltete es sorgfältig und versiegelte es sodann. Mit großer Sorgfalt schrieb ich die Adresse des Instituts auf die Vorderseite, vie l leicht so, wie ein Heide einen Zauberspruch niederschreibt.
    Seltsamerweise tauchte in jenem Moment, da ich den Brief betrachtete, das Bild jenes Banditen in der Kirche wieder vor meinem inneren Auge auf und ich eri n nerte mich jener Worte, die ich ihm gesagt hatte – dass er seinen Frieden mit Gott machen solle, da sein Schicksal hoffnungslos sei.
    Er war inzwischen mit Sicherheit tot und irgendwo von seinen Kumpanen ve r scharrt.
    So wie ich es bald sein würde.
    Doch ich sah auch seine Augen vor mir. Seine Gesten. Das Flehen, den Kampf. So, dessen war ich mir sicher, wollte ich nicht gehen.
    Ich nahm mir fest vor, in diesen letzten Wochen jene Würde zurückzuerlangen, die man mir in meinem Leben genommen hatte.
    Der Kampf war vorüber.

Wendepunkte

    Da man mir keine anderweitigen Anweisungen meines Gemahls übermittelt hatte, begab ich mich am nächsten Morgen zum gemeinsamen Frühstück.
    Es war auch eine kleine Hochmut darin verborgen, denn mir war es darum, ihm zu zeigen, dass ich keineswegs gebrochen war.
    An der Tür holte ich noch einmal tief Luft und drückte dann die Klinke.
    Mein Gatte saß bereits bei Tisch und studierte einige Dokumente, die neben seinem Teller lagen.
    „Guten Morgen“, sagte ich so unbeteiligt, als seien wir Fremde, die sich in e i nem Gasthaus begegnen.
    Er hob den Blick und erwiderte ebenso ruhig meinen Gruß.
    Ich schwieg, während ein Diener unsere Teller füllte.
    „Du hast bereits gepackt?“, fragte er.
    „Noch nicht. Aber ich habe ja nur wenig. Es ist also nicht viel Aufwand.“
    Henry nickte.
    „Gewiss.“
    Dabei fiel mir auf, dass Gabel und Messer in seinen Händen zwar das gebratene Ei zerteilten, er aber keinen Bissen aß.
    „Du bist dir … sicher?“ , fragte er leise.
    Sollte ich nach der eigentlichen Bedeutung dieser Frage forschen? Mit größter Anstrengung widerstand ich der Versuchung, jenen – möglicherweise vermein t lichen – Strohhalm der Hoffnung zu ergreifen und sagte nur:
    „Ja.“
    Abermals nickte er und wirkte dabei wie ein müdes Pferd.
    Wir rührten beide unser Essen nicht an. Saßen nur da und schwiegen.
    Man kann seinem Schicksal nicht entgehen, dachte ich. Es ist ebenso sinnlos, als wolle man die Sonne am Untergehen hindern.
    Ich hatte gekämpft und ertragen und nun war ich müde. Mir war klar, dass ich das Institut nicht lange überleben würde. Auch nicht als Angestellte. Delacro war sicherlich noch immer da und er würde in dem Moment wieder von mir Besitz ergreifen, da ich die Schwelle überschritt.
    Und jetzt würde er keine Hemmungen mehr kennen, denn ich hatte bewiesen, dass ich es draußen nicht schaffte. Dass ich nicht zu einem normalen

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