In der Gewalt der Banditen
vorbei, die schwarz wie aufgerissene Hö l lenschlunde waren. Sie schienen nach mir schnappen zu wollen.
„Da ist niemand“, sagte Henry, der meine furchtsamen Blicke nach rechts und links bemerkt hatte.
„Es gibt hier nur noch einen Bewohner …“
Der Fackelschein erhellte sein zynisches Grinsen für einen Moment.
So fest i ch auch meinen Umhang um meine S chultern zog – die Kälte wollte nicht weichen.
Stumm ging ich neben Henry her und empfand es auch als meine eigene b e vorstehende Tortur, was da auf mich zukam.
Er öffnete eine Tür, die bereits zu modern schien, denn ihr Holz erfüllte die Luft mit einem ekelerregenden Gestank. Ihre Angeln quietschten ohrenbetäubend, denn der Hall vervielfachte sich in dem leeren Gang.
Mit einem Schritt befand ich mich in einem Raum, der einer großen Küche nicht unähnlich war.
Es gab eine Art Herd, in dem ein offenes Feuer brannte.
Darüber hing ein dampfender, schwarzer Kessel.
Auf mehreren Tischen lagen eiserne Instrumente. Vor allem Zangen in allen Größen und Formen. In den dunklen Nischen standen ein paar von Henrys stärksten Männern.
Was diesen von Fackeln erhellten Raum aber unterschied, war die Tatsache, dass genau mir gegenüber John stand. Die Extremitäten x- förmig an einen freistehenden Rahmen gefesselt, den Kopf erhoben.
Sein Anblick erinnerte mich an jene kleinen Tiere, die Delacro gesammelt hatte, um sie zu präparieren.
Nie zuvor hatte ich die Anwesenheit des Bösen so körperlich gespürt wie jetzt.
Alle Instinkte riefen mich zur Flucht und es war nur Henrys eisernem Griff zu verdanken, dass ich nicht schreiend davonlief.
Tausend Bilder dessen, was man mit diesen Gerätschaften einem Menschen antun konnte, schossen wie Blitze durch meinen Kopf. Mein Herz raste und ich ahnte nur, was mir bevorstehen würde.
Johns Hemd war aufgerissen und gab den Blick frei auf die Spuren des verga n genen Tags.
Es war der herrliche Körper, der mir solchen Taumel des Glücks geschenkt hatte und der nunmehr zum Schlachten freigegeben war.
Sein Haar war getrocknet, doch auf seiner Stirn stand der Schweiß und in se i nen Augen sah ich die Angst.
Dieser Blick war es, der mich am meisten erschütterte.
Nicht mal, als der Soldat ihn zu töten drohte, hatte ich Angst gesehen. Nur kämpferischen Willen.
Aber jetzt war alles anders. Ihm stand eine Welt aus Schmerzen bevor, der er hilflos ausgeliefert war und nichts und niemand, außer einem Wunder, würden ihn davor bewahren.
Plötzlich drehte sich Henry zu mir um. Er sah mich lange und forschend an.
„Hast du mit ihm geschlafen?“, fragte er mit verhaltener Stimme.
„Nein“, log ich. Ich sollte nicht nur zusehen, nicht nur Genugtuung erfahren – Ich war Teil dieser Vorgänge. Es war eine Gegenüberstellung!
„Ich frage dich noch einmal: Hast du mit ihm geschlafen?“
Abermals schüttelte ich den Kopf.
Er griff nach einem Messer. In meinem Kopf explodierte eine glühende Kugel. Auch ich würde gefoltert werden!
Doch er trat vor John hin.
„Hast du meine Gemahlin geschändet?“
John sah ihn direkt an.
„Eure Gemahlin hat bereits …“
Im gleichen Moment setzte Henry die Spitze des Messers an Johns Schlüsse l bein an und zog die Klinge quer über dessen entblößte Brust. Blut quoll hervor und John ächzte. Mit schmerzverzerrtem Gesicht legte er den Kopf in den N a cken.
Ich schloss meine Augen, nicht zuletzt, um den Brechreiz zu kontrollieren, der in mir aufstieg.
Noch immer hörte ich seinen Atem, der langsam wieder gleichmäßiger wurde, da der Schmerz nachzulassen schien.
„Du hast sie benutzt, obwohl sie mir gehört. Das gefällt mir nicht.“
Er ging zu dem offenen Feuer und nahm einer der dort liegenden Zangen. Als er sie hochhob, erkannte ich, dass sie glühte.
Auf Armeslänge entfernt stehend, presste er sie langsam in Johns Wunde. Ein gellender Schrei betäubte meine Ohren.
Tränen schossen in meine Augen.
„Und als du ihrer überdrüssig warst, hast du sie für mich unbrauchbar gemacht. Hast ihr Gesicht zerstört, damit kein anderer mehr an ihr Gefallen finden wü r de.“
Er nahm eine neue Zange und quetschte damit die geöffneten Hautlappen.
Johns Gesicht war von Schweiß überzogen, er keuchte und wandte sich in se i nen Fesseln. Doch diese Bewegungen intensivierten nur den Schmerz.
Ich senkte meinen Kopf, um es nicht mehr mit ansehen zu müssen.
„Nein“, kam der sterbende Laut. „Ich … habe ihr nichts … angetan.“
„Lüg mich nicht an,
Weitere Kostenlose Bücher