In der Gewalt der Banditen
im Nacken und riss es zurück.
„Du wirst für alles bezahlen, was deine Bande angerichtet hat!“
Dann wandte er sich seinen Männern zu:
„Bringt ihn nach Black Hill!“
Brutal rissen sie die Hände ihres Gefangenen nach vorne und fesselten ihn mit einem Strick am Sattel von Henrys Pferd.
Egal, was John mir angetan hatte – ich mochte nicht zusehen, wie sie ihn mis s handelten.
Doch genau das musste ich jetzt, denn als er plötzlich stolperte und fiel, nahm Henry davon keinerlei Notiz, sondern ritt weiter, den strauchelnden Mann hinter sich herziehend.
Mit Entsetzen sah ich, wie sich Johns Gelenke verdrehten, wie seine Muskeln versuchten, ihn zurück ins Gleichgewicht zu bekommen.
Sein schmerzverzerrtes Gesicht, mit Schlamm bespritzt …
Ich zügelte me in Pferd etwas, in der Hoffnung, Henry werde es mir gleichtun, um mich nicht zu weit zurück zu lassen. Doch es kümmerte ihn überhaupt nicht.
Als wir im Hof von Dark Hill House ankamen, war John ein kraftloses Bündel. Kaum noch fähig, auf die Beine zu kommen.
Sein Hemd war blutgetränkt und sein Körper zerschunden.
Als sie ihn wegbrachten, sah er mich nicht einmal an.
Ich ließ mich aus dem Sattel gleiten, doch dann stand ich wie erstarrt vor der Eingangstür.
So musste sich ein Delinquent fühlen, wenn er zum ersten Mal den Richtblock sah …
„Du wirst erwartet“, sagte Henry ruhig.
Dabei hob er einen Arm und deutete in die Halle. Es war eine einladende, fast versöhnliche Geste.
Dennoch gestehe ich, dass alles, was mich in s Innere des Hauses trieb, mein durchweichter, von der Kälte bebender Körper war, der sich nach einem Feuer sehnte.
Und dann sah ich Claire. Adrett und sauber. Das Haar unter ihrem Häubchen aufgesteckt und mit einem kleinen, glücklichen Lächeln auf den Lippen.
„M´am …“ Sie ging tief in die Knie.
„Aber wo denn, Claire … Ich bin nichts als eine erschöpfte und halb erfrorene Frau“, sagte ich.
In einer Geste der Gewohnheit streifte ich die Kapuze meines Umhangs ab und löste dann den Verschluss unter meinem Kinn.
Erst, als ich Claires totenbleiches Gesicht sah und ihre heisere Stimme entsetzt „Oh mein Gott!“, wispern hörte, wusste ich, was geschehen war. Doch da kon n te ich es nicht mehr rückgängig machen.
„Was ist?“
Henry, der seinerseits seine Jacke gerade einem Diener gegeben hatte, trat zu uns.
„Wer war das?“, stieß er zwischen den zusammengepressten Zähnen hervor.
„Ich weiß es nicht.“
„Wie? Du weißt es nicht?“
„Ich erinnere mich nicht.“
In seinem Gesicht mischten sich Zorn und Empörung.
Sein Haar klebte an seinem Kopf und erst jetzt bemerkte ich, dass er sich um Kinn und Lippen einen gestutzten Bart hatte wachsen lassen. Ich betrachtete ihn eingehend, als suchten meine Gedanken krampfhaft ein anderes Gelände.
Er hatte tiefe Ringe unter den Augen und schien gealtert.
„War er es?“
„Nein“, versetzte ich schnell, Schlimmeres für John befürchtend.
„Wie kannst du dir da so sicher sein, wenn du dich nicht mehr erinnerst?“
„Ich bin müde. Darf ich mich zurückziehen?“, fragte ich matt.
Er nickte mit zusammengepressten Zähnen.
Von Claire begleitet ging ich nach oben in mein altes Zimmer.
Und als ich durch die Türe trat, überfielen mich meine Gefühle. Tränen schnü r ten mir die Kehle zu und ich brach weinend in den Armen meiner treuen Dien e rin zusammen.
Wie sehr ich auch sprechen wollte, ich vermochte nur zu schluchzen.
Von immer neuen Weinkrämpfen geschüttelt, zog sie mich auf mein Bett, wo ich meinen Kopf in ihren Schoß barg, indessen sie mein Haar sanft streichelte.
„Es wird alles wieder gut, M´am- nur daran glauben müssen Sie!“
So schlief ich ein.
Folter
„Ich möchte, dass du mitkommst.“
Henry legte Messer und Gabel beiseite, tupfte seine Lippen ab und sah mich ruhig an.
„Wohin?“, fragte ich und wusste es doch zu genau.
„Nach unten. Du sollst Genugtuung erfahren.“
Ich hatte keinen Bissen angerührt und die Aussicht, Johns Folterung beizuwo h nen schuf keine Abhilfe für meine Appetitlosigkeit. Zumal mir übel war.
„Das möchte ich nicht.“ Für mehr Widerstand reichte meine Kraft nicht.
Er erhob sich und blieb stehen. Es war eine unmissverständliche Aufforderung.
Das Haus selbst war schon kalt und düster, doch die unterirdischen Bereiche waren geradezu angsteinflößend.
Nässe tropfte von den Wänden und ich ging an zahlreichen zellenartigen Au s buchtungen in den klammen Wänden
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