In der Gewalt des Jadedrachen
und Gehen. Ein Paradies für Taschendiebe und Mörder, die sich in der Menge unauffällig ihrem Opfer nähern konnten. Aber umgekehrt gaben diese Menschenmassen auch Anonymität und Schutz.
Lana war sich zwar ziemlich sicher, dass niemand sie verfolgt hatte, aber dennoch blieb eine gewisse Ängstlichkeit. Ihre Hände zitterten, und ihre Knie fühlten sich wie immer, wenn sie aufgeregt war, ziemlich weich an.
Sie schob sich zwischen zwei besonders grell mit Neonlampen beleuchteten Ständen durch, wich einigen Touristen aus und wollte gerade eine weitere Runde um den Markt machen, als eine Hand sie packte. Perfekt für ihre mitgenommenen Nerven. Unwillkürlich schrie sie auf und wollte sich losreißen, als sie Charles erkannte.
„Sei still.“ Er sprach leise, zischte mehr, zerrte sie fort, zwischen einigen Ständen hindurch.
Er wirkte nervös. Nein, eher schon gehetzt, sah sich ständig um, während er sie fortzog. Ein Stück weg von dem Getümmel, dann zurück zu einem Stand am Rand des Marktes.
„Hör gut zu, wir können nicht in Ruhe reden. Ich weiß nicht, wie viel Zeit uns bleibt, aber wir sind alle in Gefahr. Vor allem du.“
„Ich? Wegen Forrester?“
„Am wenigsten wohl wegen Forrester.“ Er zog sie zur Rückseite eines Marktstandes, hob eine Plane hoch, kroch darunter und zog sie zu sich herab. Er sprach leise, es war nicht mehr als ein lautes Flüstern.
„Du musst mir helfen, Lana. Du musst Forrester sagen, dass ich mit ihm kooperieren will, wenn er mir Schutz gibt.“
Lana hockte unbequem neben ihm, raffte den Rock um sich, um ihn vom Boden fernzuhalten, und versuchte, möglichst flach zu atmen. Der Geruch unter der Plane war unerträglich. Der Besitzer des Standes verwendete diesen Bereich offenbar nicht nur, um Gemüseabfälle loszuwerden, sondern um sich auch auf andere Art zu erleichtern. Ihr wurde übel, und sie zog sich die Windjacke über die Nase, um den Geruch etwas abzuhalten.
Die Plane verdeckte sie beide, solange niemand auf die Idee kam, sie hochzuheben. Auf dem Gang davor drängten sich die Leute. Lana konnte ihre Füße sehen. Sportschuhe, Plastiksandalen, Gesundheitsschuhe, elegante Stöckelschuhe, rot lackierte Zehennägel, schmutzige Zehen, feine Strümpfe. Der Lärm der Menge und die Stimmen verschmolzen zu einem dumpfen Hintergrundgeräusch.
„Du musst mir helfen“, wiederholte Charles eindringlich. „Bitte, sprich mit Forrester.“
„Den Eindruck, dass du Hilfe brauchst, habe ich allerdings. Aber zuerst solltest du mir einen guten Grund dafür nennen. Du steckst in einer verdammt miesen Sache! Erzähl mir, was du mit den Anschlägen auf Forrester zu tun hast!“
„Nichts weiter, das wurde von anderen organisiert. Das schwöre ich dir, Lana.“
„Aber du hattest deine Finger drin!“
„Niemals! Ich hatte rein gar nichts mit dem Attentat zu tun. Und wir wollten ihn ja gar nicht umbringen. Das war alles ganz anders. Er sollte nur hierher gelockt werden.“ Er atmete schneller, wischte sich den Schweiß von der Stirn, hinterließ eine Schmutzspur in seinem Gesicht. Der vor ihr im Dreck hockende Mann hatte rein gar nichts mehr mit dem nonchalanten Verführer zu tun, dessen Avancen sie nachgegeben hatte.
Lanas Hand schoss vor, und ihre Finger gruben sich in seine Schulter. „Hast du Piet getötet? Den Mann, den ich zu Forrester schicken wollte?“
„Nein, nein! Ich weiß, dass du ihn kontaktiert hast, damit er Forrester warnt. Aber ihn zu töten lag nicht in unserem Sinn. Er muss noch mehr herausgefunden haben. Etwas über den Jadedrachen. Und der hat ihn dann erledigt.“
„Der Jadedrache?!“ Lana erstarrte, ihre Hand löste sich. Mit einem Mal war ihr der Dreck, der Geruch, die Menschen gleichgültig.
„Der Boss von mir und meinem Bruder. Der Mann, der hinter allem steckt. Er hat uns geschickt, um Forrester zu suchen.“
„Aber wie …“
„Das sage ich Forrester. Alles, was ich weiß. Aber jetzt wird es zu gefährlich. Wir müssen fort. Gib acht, dass dir niemand folgt. Der Jadedrache hat seine Leute überall. Warte hier noch ein wenig, nachdem ich verschwunden bin.“
„Wie soll ich dich finden, nachdem ich mit Forrester gesprochen habe?“ Sie packte seinen Arm, als er unter der Plane vorkriechen wollte.
„Ich melde mich wieder. Ich habe eine Möglichkeit, ungesehen ins Hotel zu kommen. Dort stecke ich wieder eine Nachricht durch. Aber nicht vor morgen oder übermorgen Abend. Früher wäre zu gefährlich.“
Er wollte sich losmachen, aber sie
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