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In der Gewalt des Jadedrachen

In der Gewalt des Jadedrachen

Titel: In der Gewalt des Jadedrachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Morell
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krallte ihre Finger in sein Hemd.
    „Warte, Charles. Wer ist der Jadedrache? Kennst du ihn? Wo ist er?“
    „Niemand kennt ihn. Er hat seinen Gehilfen, der mit seinen Partnern Kontakt aufnimmt. Ein ganz mieser Kerl. Er hat sie alle in der Hand, verstehst du? Auch die Triaden. Die Ex-Agenten, mit denen er das Syndikat aufgebaut hat, hat er schon längst eliminiert. Bis auf einige wenige, die untergetaucht sind. Er steht allein an der Spitze.“
    „Du arbeitest doch für ihn. Warum ist er jetzt hinter dir her? Oder ist das eine Falle?“
    „Keine Falle, das schwöre ich. Und jetzt lass mich …“
    Er machte sich endgültig los, hob vorsichtig die Plane an und kroch hervor.
    Lana blieb hocken. Ihre Beine gehorchten ihr im Moment ohnehin nicht. Forrester hatte mit seiner Sorge nicht übertrieben. Er musste schon längst gewusst haben, was oder wer dahintersteckte. Piet hatte es offenbar herausgefunden und war deshalb getötet worden.
    Jetzt wusste sie, dass derjenige, der Forresters Todesanzeige in die Zeitung hatte stellen lassen, kein Witzbold war, sondern ein Mann, der diesen Nachruf auch wahr machen konnte. Ein Mann, der alle Schliche kannte, vom Hintergrund aus agierte und über ein perfektes Verbrechernetz verfügte.
    Zum ersten Mal wurde ihr die Größe der Gefahr klar, in der sie beide steckten.
    Sie zuckte zusammen, als Schreie auf dem Platz ertönten. Schnelle Schritte. Ein Schuss. Weitere folgten. Frauen kreischten auf, drängten sich am Stand vorbei, sie sah hektische Beine vorbeilaufen.
    Zeit, zu verschwinden. Sie hob vorsichtig die Plane, lugte drunter hervor und sah in ein dunkles Augenpaar. Ein Mann hockte ihr gegenüber. Ein junger Chinese mit kurzem Haar. Ein hübsches, sehr anziehendes Gesicht, das sie schon einmal gesehen hatte. Nämlich vor zwei Tagen auf dem Schiff, als sie mit der Star Ferry nach Kowloon übergefahren war. Aber heute lächelte er nicht. Er sah sehr ernst aus, hatte auch kein Mobiltelefon in der Hand, sondern eine Waffe. Er musste schon länger gewusst haben, dass sie hier steckte, und hatte in aller Seelenruhe auf sie gewartet, um sie abzuknallen.
    Lana wusste sofort, dass sie einen der Auftragskiller des Jadedrachen vor sich hatte, der sie seit Tagen verfolgte. Sie reagierte mit einer Geistesgegenwart, die sie später, wenn sie daran dachte, selbst erstaunte: Sie schlug ihm die Tasche zuerst auf die Pistole und dann ins Gesicht.
    Er wich überraschend schnell aus, verlor jedoch das Gleichgewicht und gab ihr damit Zeit, mit affenartiger Wendigkeit unter der Plane hervorzurutschen und auf die Füße zu kommen. Inzwischen war er ebenfalls auf den Beinen, griff nach ihr, sagte etwas, aber Lana verwendete ihre Handtasche ein zweites Mal als Waffe, schlug sie ihm um die Ohren, was er weniger zornig als viel mehr verblüfft abwehrte, und rannte los. Sie hörte hinter sich seine Stimme, wartete jedoch nicht darauf, dass er sie mit seiner Pistole einholte, sondern stürzte sich rücksichtslos in eine Gruppe schnatternder Touristen, die den Weg versperrten, drängte sich hindurch, stieß ihre Ellbogen beinhart in unzählige Rippen, stolperte über eine Einkaufstasche, rutschte, schlitterte über weggeworfenes Obst und erreichte den Rand des Marktes.
    Auf der anderen Straßenseite war eines der roten Taxis. Sie winkte, während sie lief, hektisch dem Fahrer, wich einem Mann aus, der ihr im Weg stand. Ein großer Wagen kam in ihr Blickfeld. Sie wollte dran vorbei, als sie festgehalten wurde. Das musste einer der Helfer des jungen Schönlings sein!
    Sie gab sich gar keine Mühe festzustellen, wer der Mann war, der ihre Arme gepackt hatte, sondern trat nach seinen Beinen, versuchte sich loszureißen, kratzte, wand sich wie eine Katze, während sie Flüche ausstieß. Noch zwei weitere Männer kamen dem Angreifer zu Hilfe. Sie schrie, rief um Hilfe, verlor sich in Panik.
    Und dann klickten Handschellen.
    Lana hielt inne, sah zuerst verständnislos auf die Handschellen, dann auf den Mann, der sie energisch zum Wagen drängte. Mehrere, ungewöhnlich groß und kräftig gebaute Chinesen waren in seiner Begleitung, die sie vor den anderen Leuten abschirmten.
    „Wenn Sie bitte endlich in den Wagen steigen, Miss McKenzie! Oder wollen Sie noch mehr auffallen?“
    Lana wollte ganz und gar nicht auffallen. Sie sprang durch die für sie geöffnete Wagentür und duckte sich auf dem Sitz nieder, dabei vorsichtig durchs Fenster nach draußen schielend.
    Der Mann, der sie festgehalten und zum Wagen

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