In der Hitze der Nacht
öffnete die Beifahrertür seines Wagens.
„Doch, ihr seid jetzt fertig“, widersprach Stott Wade. „Ihr verschwindet jetzt alle von ihr und regelt eure Angelegenheiten bitte per Anwalt.“
Das war der erste intelligente Satz, den Rick bis jetzt von Stott gehört hatte. Er stieg mit Jessie in den Wagen, wendete ihn, öffnete dann noch einmal die Autotür und rief Stott zu: „Ich glaube, dieser Ort hier braucht dringend neue Helden.“
15. KAPITEL
„Tut mir leid.“ Jessie starrte geradeaus auf die Straße. „Es tut mir alles so leid.“
„Du kannst nichts dafür.“
Sie wusste, dass er das aufrichtig meinte, aber irgendwie fühlte sie sich verantwortlich für das, was gerade geschehen war. Für ihn wäre es bestimmt das Beste gewesen, wenn er sie nie kennengelernt hätte, dachte sie. Ihm wäre eine Menge Ärger erspart geblieben. Was musste Rick für ein Bild von ihr und ihrem Heimatort haben, in dem die Polizei mit den Verdächtigen zusammenarbeitete und ein rasender Exehemann auf ihn losging? Voller Frust und Wut drehte Jessie den Kopf zur Seite und schaute aus dem Fenster. Als ihr die Tränen in die Augen stiegen, nahm Rick ihre Hand und drückte sie sanft.
„Du bist nicht für das verantwortlich, was Wade tut“, sagte er.
Nach der Zeit mit Rick und dem Wiedersehen mit Wade war ihr klar geworden, dass sie immer auf der Suche nach einem Helden gewesen war. Ihrem Helden. Als Schulmädchen war sie dumm genug gewesen, sich mit Wade einzulassen – diesem kriminellen Feigling. Er konnte Rick nicht im Geringsten das Wasser reichen.
Nun saß ein Mann neben ihr, der allen Grund gehabt hätte, verärgert zu sein, ihr aber stattdessen Trost zusprach. Sie erkannte, dass er ein wahrer Held war.
Rick hielt an einer Kreuzung und schaute Jessie an.
Alle möglichen Gedanken schossen ihr durch den Kopf, und sie ertappte sich dabei, wie sie sich plötzlich eine gemeinsame Zukunft mit ihm ausmalte. Jessie hatte ihr Herz an diesen zärtlichen, einfühlsamen Cop verloren, und diese Einsicht erschreckte sie.
„Nein, ich bin nicht verantwortlich für Wade“, stimmte sie Rick schließlich zu. „Und ich möchte endlich sicherstellen, dass er auch auf dem Papier nicht mehr mein Ehemann ist.“
Er musterte sie teilnahmsvoll. „Immer noch keine Lebenszeichen von deinem Anwalt?“
Sie blickte wieder geradeaus. „Nein“, erwiderte sie. „Aber wenn du dich schon nach ihm erkundigst, dann tu mir doch bitte den Gefallen, und bieg an der nächsten Kreuzung links ab. Er hat dort sein Büro. Vielleicht ist es am besten, wenn ich persönlich vorbeischaue.“
Rick bog ab und fuhr ein Stück die Straße hinunter, bevor Jessie ihn anwies, vor einem blendend weiß gestrichenen Haus anzuhalten, in dem ihr Anwalt Roger Blankenship seine Kanzlei hatte.
Sie stieg aus und entdeckte neben dem Eingang einen Hinweis, dass ihr Anwalt sich im Urlaub befand und das Büro noch fast eine Woche geschlossen blieb. Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass sich vielleicht im Haus ihrer Eltern eine von Wade unterschriebene Scheidungsurkunde befand. Ansonsten würde sie warten müssen, bis das Büro wieder aufmachte.
Sie schaute zum Auto und sah, dass Rick telefonierte. Mit seinem Partner, vermutete sie, um ihm von den Ereignissen hier zu berichten. Wie unangenehm. Sie wunderte sich, dass Rick nicht schon längst jemand anderem den Fall übertragen hatte und von hier verschwunden war. Am liebsten wäre sie mit ihm zusammen von hier verschwunden.
Sie lief zum Auto zurück. Der Rückweg zu Rick fiel ihr schwer, was wohl an der brütenden Hitze lag. Oder war sie einfach nur verwirrt, weil sie etwas für ihn zu empfinden schien? Sie könnte noch ein paar Nächte mit Rick verbringen oder die Affäre jetzt gleich beenden. Was sollte sie nur tun?
Sie musste sich von ihm trennen, es war das Vernünftigste.
Jessie setzte sich mit hängenden Schultern neben Rick, der gerade sein Gespräch beendet hatte, und schloss die Tür. Die Klimaanlage war noch an und erfrischte Jessies erhitzten Körper ein wenig.
„Mein Anwalt wird erst nächste Woche wieder da sein“, sagte sie. „Aber ich habe noch eine letzte Chance. Vielleicht sind die unterzeichneten Papiere bei meinen Eltern.“
Rick musterte sie eine Weile prüfend und fragte dann: „Was ist, wenn du tatsächlich noch verheiratet bist?“
Diesen Gedanken hatte sie bisher erfolgreich verdrängt.
„Ich weiß nicht“, antwortete sie. „Dann hätte Wade womöglich Anspruch auf die Hälfte meines
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