In der Hitze der Nacht
schaute aus dem Fenster und sah, dass die beiden Hunde erschöpft unter einem Baum dösten. „Es wird allerhöchste Zeit, dass ich hier wegkomme“, sagte sie zu Georgia.
„Wann war noch mal der Termin mit deinem Anwalt?“
„Morgen. Und wenn es keinen absolut einleuchtenden Grund gibt, der mich zwingen würde hierzubleiben, nehme ich gleich danach den nächsten Bus nach San Francisco.“
„Super! Wir brauchen dich hier. Ich habe den anderen nicht erzählt, warum du weg bist. Langsam wundern sie sich aber, wo du steckst.“
Jessie lächelte. Sie freute sich auf Georgia. „Ich bin dir sehr dankbar, dass du die Stellung für mich hältst. Ich rufe dich morgen nach dem Termin sofort an, versprochen. Vielleicht nehme ich ja anschließend sogar das Flugzeug. Ich werde spätestens morgen Nacht oder Donnerstagvormittag zu Hause sein.“
„Ich freue mich auf dich. Ruf mich auf jeden Fall an.“
„In Ordnung.“
Sie klappte ihr Handy zu und starrte an die Decke. Kaum zu glauben, dass sie wieder in ihrem alten Zimmer gelandet war. Eigentlich hatte sie gar nicht mehr nach Hause kommen wollen, höchstens stundenweise für ein Familienfest. Erstaunlich, wie das Leben so spielte.
Sie starrte an die Decke, in deren grober Struktur sie Formen und Gesichter auszumachen versuchte, so wie sie es früher immer getan hatte. Während der letzten Tage hatte sie hier öfter gelegen und hatte ihren Gedanken nachgehangen. Irgendwie war immer Rick in ihnen aufgetaucht – so wie auch jetzt. Sie fragte sich, was er wohl gerade tat. War er in dem Mordfall weitergekommen, oder suchte er noch nach Beweisen? War er wieder in Scottys Bar gewesen, und hatte er seinem Vater das Auto gekauft?
Ob er wohl manchmal an sie dachte?
Wenn sie die Augen schloss und sich konzentrierte, konnte sie ihn beinahe spüren. Sie sehnte sich nach seinen Berührungen, seiner festen Umarmung und seinen leidenschaftlichen Küssen. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie wohl kaum je wieder einen Mann finden würde, der an Rick heranreichen könnte.
Das Klingeln ihres Handys riss sie aus den Gedanken.
Ihr Anwalt meldete sich am anderen Ende. „Hallo, Sugar, hier ist Roger. Ich habe ein paar Papiere für dich, die du unterschreiben musst. Hättest du vielleicht kurz Zeit vorbeizukommen?“
Etwas verwirrt runzelte sie die Stirn. „Papiere zum Unterschreiben? Was für Papiere? Ich dachte, wir würden morgen über alles sprechen.“
Es dauerte eine Weile, bis ihr Anwalt weitersprach. „Ich habe angenommen, dass du so schnell wie möglich nach Kalifornien zurückwillst. Deshalb dachte ich, dass wir unseren Termin vorziehen.“
Keine schlechte Idee! Jessie hoffte, dass sie nach der Unterschrift endlich geschieden war – und je eher das der Fall war, desto besser.
„Ich bin in zehn Minuten da“, sagte sie, klappte das Handy zu und sprang von der Couch.
In der Küche lagen Trips Autoschlüssel, die Jessie einfach an sich nahm, um sich den Wagen, ohne zu fragen, auszuleihen.
Als sie bei ihrem Anwalt ankam, sah sie zu ihrem Erstaunen einen Polizeiwagen vor dem Gebäude stehen. Jessie schnappte ihre Tasche, sprang aus dem Wagen und ging durch die Glastür zum Empfang.
„Hey, Sugar, lange nicht gesehen“, begrüßte Pearl, die Assistentin des Anwalts, Jessie. Sie war immer sehr nett gewesen.
„Wie schön, ein freundliches Gesicht zu sehen“, meinte Jessie.
Pearl lächelte verständnisvoll. Sie führte Jessie zum Besprechungszimmer, und als Pearl die Tür öffnete, stockte Jessie der Atem.
Um einen Tisch saßen vier Männer: ihr Anwalt Roger, Sheriff Chaney, ein dritter Mann, den sie nicht kannte, und … Rick! Ihr Herz fing heftig zu klopfen an. Rick lächelte charmant; seine blauen Augen strahlten. Jessie stand wie angewurzelt da und bekam den Mund nicht mehr zu. Sie schaute in die Runde und fragte sich, was hier wohl vor sich ging.
Roger winkte ihr zu. „Sugar, du kommst gerade richtig. Setz dich zu uns.“
Unsicher trat sie näher, setzte sich auf einen Stuhl und legte ihre Tasche auf den Tisch. Die Männer schienen alle erfreut zu sein, sie zu sehen.
Sie blickte zu Sheriff Chaney, den sie seit einem Jahr nicht gesehen hatte. Als er damals herausgefunden hatte, dass sie nicht in Wades krumme Geschäfte verwickelt gewesen war, hatte er die Leute des Ortes angewiesen, sie als Opfer, nicht als Täterin zu behandeln. Leider hatte sich kaum jemand darum geschert. Auch sonst hatte er sich damals bemüht, Jessie beizustehen.
„Ich freue mich,
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