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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Gogoll
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einmal ein paar Mandanten hatte und die zufrieden sind.«
    »Was die meisten wahrscheinlich sind, wenn ich mir deinen Schreibtisch so anschaue.« Tina lächelte leicht. »Unter Auftragsmangel hast du offensichtlich nicht zu leiden.«
    »Nein, absolut nicht.« Mars Lächeln enthielt durchaus einen Anflug von Stolz.
    Tina seufzte. »Ich wünschte, ich hätte so eine tolle Ausbildung. Jetzt, wo ich meinen Job verloren habe und mich für einen neuen bewerben muß, frage ich mich, ob ich je wieder einen finde. Die schauen doch nur auf die Papiere.«
    »Deshalb ist es um so wichtiger, dich um dein Erbe zu kümmern. Vielleicht mußt du dann ja gar nicht mehr arbeiten.« Mar lachte.
    Tina hob skeptisch die Augenbrauen und schaute sie an. »Na, du bist ja vielleicht eine Optimistin.«
    »Immer«, sagte Mar. »Nur dann hat man Erfolg. Wenn man gleich von Anfang an denkt, man wird sowieso verlieren, verliert man auch.«
    »Also dann . . .«, Tina atmete tief durch, »bleibt mir wohl nichts anderes übrig.«

20
    » D as ist es also.« Mar blickte auf die gestreifte Markise, die den vorderen Teil der Fassade des Gasthofes gegen das Sonnenlicht abschirmte und dem Ganzen einen bayrisch-familiären Anstrich verlieh. Auch das große Schild Biergarten trug dazu bei.
    »Witzig«, bemerkte Tina verwirrt. »Mir ist nie aufgefallen, daß meine Mutter einen bayrischen Akzent hat.«
    Mar lächelte. »Wenn du mich fragen würdest, ob meine Mutter einen Akzent hat, müßte ich auch erst einmal nachdenken.«
    »Starnberger See . . .« Tina schaute auf den Gasthof und dann auf das Wasser dahinter. »Bis vor kurzem wußte ich noch nicht einmal, daß es den gibt. Und dann erfuhr ich durch meine Mutter, daß hier extrem viele reiche und bekannte Leute wohnen.«
    »Und deine Familie«, ergänzte Mar, »die ja anscheinend auch nicht gerade wenig Geld hat.«
    »Anscheinend.« Tina wirkte unsicher. »Ich weiß nicht, ob das wirklich richtig ist, was ich hier tue.«
    »Wollen wir nicht erst einmal reingehen?« Mar wies auf den Eingang des Gasthauses. »Ich habe mit Absicht nicht in einem der großen Hotels gebucht. Ich dachte, ein bißchen heimatliche Atmosphäre kann nicht schaden.«
    »Heimatlich?« Tina schaute sie skeptisch an. »Dann müßtest du hier noch ein paar Lianen aufhängen.«
    »Gern . . . Liane.« Mars Augen blitzten vergnügt, als sie Tina anlachte.
    Tina verdrehte die Augen.
    »Schon gut«, sagte Mar. »Dennoch würde ich vorschlagen, daß wir erst einmal unsere Zimmer beziehen. Uns ausruhen und ein bißchen frischmachen nach der langen Fahrt. Dann können wir weiterüberlegen.«
    Tina nickte. »Ja, der Tag war anstrengend. Ich würde mich gern ein wenig hinlegen.«
    Tina schloß die Tür hinter sich. Als ob sie keinen Schritt mehr tun könnte, lehnte sie sich gegen das Holz zurück. Ein unterdrückter Seufzer entrang sich ihren Lippen. Was hatte sie nur getrieben hierherzukommen?
    Mar hatte sie nicht gedrängt, aber allein wäre Tina wahrscheinlich nicht gekommen. Das war doch wieder das alte Muster: eine Frau, die sie zu Dingen brachte, die sie eigentlich nicht wollte.
    Nein, das war ungerecht. Tina löste sich von der Tür und ging auf das Bett zu. Mar hatte nichts getan. Sie durfte ihr nicht die Schuld geben. Schließlich hatte Mar ja angeboten, das Ganze für sie zu erledigen. Sie hätte nur auf diesen Vorschlag eingehen müssen.
    Aber die Aussicht, plötzlich eine Familie zu haben, war einfach zu verlockend gewesen. Auch wenn ihre Mutter sie davor gewarnt hatte, diese Familie kennenzulernen. Sie wollte sich die Entscheidung nicht schon wieder von ihrer Mutter abnehmen lassen. Ihr ganzes Leben lang, bis sie endlich mit achtzehn Jahren ihr Umfeld verlassen konnte, hatte ihre Mutter bestimmt, welches Leben Tina führte, welche Leute sie kennenlernte, mit wem, für wen, bei wem sie lebte.
    Hätte ihre Mutter nicht beschlossen, ihre Familie hinter sich zu lassen, hätte Tina vielleicht schon früher darüber nachdenken können, ob diese Familie die richtige für sie war, nicht erst jetzt.
    Sie streifte die Schuhe von ihren Füßen und legte sich aufs Bett. Ihr Blick folgte dem Verlauf der Holztäfelung an der Decke. Rustikales Ambiente. Sie fühlte sich durchaus wohl darin. Glas und Chrom hatten ihr noch nie etwas gegeben, sie waren zu kalt und leidenschaftslos. Auch ihre eigene Wohnungseinrichtung enthielt viel Holz. Sie liebte die warme Ausstrahlung.
    Ohne zu bemerken, daß sie es tat, hörte sie sich selbst auf einmal

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