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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Gogoll
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durchaus Richterin werden können, wenn ich gewollt hätte.«
    »Aber das wolltest du nicht?« fragte Tina.
    »Ich verurteile nicht gern.« Mar schüttelte erneut den Kopf. »Ich verhelfe lieber den Unschuldigen zu ihrem Recht.«
    Tina schmunzelte. »Ein weißer Ritter in glänzender Rüstung.«
    »Nein, nein.« Mar lachte. »Nur habe ich etwas gegen Ungerechtigkeit. Deshalb bin ich Anwältin geworden. Auch wenn es nicht immer klappt, der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen.«
    »Wenn es sowieso keine Gerechtigkeit vor Gericht gibt, sondern nur ein Urteil«, entgegnete Tina, »ist das auch kein Wunder.«
    »Daran erinnerst du dich?« Mar schien erstaunt. »Ich dachte, du –«
    »Du dachtest, ich wäre nur dazu in der Lage, in Ohnmacht zu fallen und Heulkrämpfe zu kriegen?« Tina verzog die Mundwinkel.
    Mar hob entschuldigend die Augenbrauen. »Sorry, das wollte ich nicht sagen.«
    »Du hast ja recht. In letzter Zeit hast du mich schließlich nur so erlebt.« Tina schaute dem langsam neben ihnen her fließenden Wasser des Rheins nach, das in der Ferne von einer Biegung des Flusses abgelenkt aus dem Blick verschwand. »Es war kein einfaches Jahr. Die letzten Monate –« Sie brach ab. »Manchmal würde ich wirklich lieber wieder im Dschungel verschwinden«, fügte sie noch etwas abrupt hinzu.
    »Du hättest deine Mutter doch sicherlich begleiten können«, vermutete Mar.
    »O nein!« Tina lachte etwas spöttisch auf. »Nein, wirklich nicht. Das habe ich hoffentlich hinter mir.«
    »Und sie hat ja jetzt auch –« Mar suchte stirnrunzelnd nach dem Namen.
    »Susanne«, half Tina ihr aus der Klemme. Sie lachte erneut. »Ja, die zwei sind ein witziges Paar – obwohl sie ja eigentlich gar kein Paar sind.«
    »Was nicht ist, kann immer noch werden.« Mar grinste erneut.
    »Bei meiner Mutter würde ich keine wie immer gearteten Aussagen über die zukünftige Entwicklung machen«, seufzte Tina. »Es kann auch sein, daß sie irgendwann beschließt, jetzt doch noch eine brave Hausfrau zu werden und einen biederen Beamten heiratet.«
    »Wirklich?« Mar war mehr als verblüfft.
    »Ausgeschlossen ist gar nichts«, sagte Tina. »Deshalb versuche ich mir keine Gedanken darüber zu machen. Vermutlich steht sie in ein paar Jahren wieder überraschend vor meiner Tür, und was dann sein wird, kann ich nicht im entferntesten voraussehen.«
    Mar schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich sollte dir mal meine Mutter vorstellen. Sie ist der bodenständigste Mensch der Welt. Vermutlich das absolute Gegenteil von deiner Mutter.«
    »Vermutlich«, sagte Tina. »Es fällt mir sogar schwer, mir ein Bild von so jemand zu machen. Oder von einem Zuhause, das nicht ständig wechselt.«
    Mar lachte. »Das wäre der Horror für meine Mutter. Sie liebt ihren Garten. Sie hat ihn in jahrzehntelanger Kleinarbeit mühsam angelegt und würde ihn wohl nicht missen wollen. Mein Vater ist auch nicht gerade ein Abenteurer.« Sie hob die Schultern. »Ich fürchte, ich stamme aus einer ziemlich langweiligen Familie.«
    »Ich wünschte, ich hätte einen Garten«, sagte Tina. »Das würde mir gefallen.«
    »Dann würdest du dich bestimmt gut mit meiner Mutter verstehen.« Mar lächelte. »Ich hatte noch nie viel übrig für den Garten. Als Kind mußte ich immer mithelfen, das habe ich gehaßt.«
    »Bei uns war immer alles freiwillig«, sagte Tina, »aber das hieß im Grunde nur, daß es eigentlich niemand interessiert hat, was man tut.«
    »Das ist natürlich kein sehr schönes Gefühl.« Mar schüttelte den Kopf. »Ich weiß noch, wie stolz meine Eltern waren, als ich Abitur machte, und dann, als ich mein Jurastudium mit Auszeichnung abschloß, so daß ich sogar angeboten bekam, den Doktor zu machen – was ich zuerst nicht wollte, aber dann –« Sie zuckte Schultern. »Obwohl es eigentlich keine große Bedeutung hat.«
    »Hat es nicht?« Tina hob die Augenbrauen. »Ich war ziemlich beeindruckt, als ich das auf deiner Visitenkarte las.«
    »Na ja, es ist gut, um Mandanten zu bekommen. Und am Anfang war es gut, um in einer bekannten Kanzlei aufgenommen zu werden«, gab Mar zu. »Aber zum Schluß ging es dann eben doch nur darum und nicht um die Arbeit oder die Mandanten. Deshalb habe ich mich selbständig gemacht.«
    »Ein ziemliches Risiko, oder?« fragte Tina.
    Mar zuckte die Schultern. »Ja und nein. Sicherlich, zu Beginn war es finanziell etwas schwierig, aber Bonn ist keine so große Stadt. Hier spricht es sich relativ schnell herum, wenn man erst

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