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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Gogoll
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und zudem bislang für hetero gehalten hatte. »Geneviève . . .«, flüsterte sie. Schon der Name allein klang wie Musik.
    » Oui, ma chérie  . . .?« Genevièves Stimme klang eindeutig erregt.
    »Ich . . . ich . . . Geneviève . . . das geht doch nicht . . .« Tina stellte sich vor, daß jeden Moment der Vorhang aufgehen und die Verkäuferin nach ihren weiteren Wünschen fragen könnte. Aber vielleicht kannte sie ihre Chefin ja und wußte, daß sie schon mit der Wunscherfüllung beschäftigt war.
    »Du bist nicht einverstanden?« Nun war Genevièves Akzent so stark, daß es sich anhörte, als würde sie ihn mit Absicht einsetzen, um harmloser zu erscheinen, niedlicher.
    »Doch nicht hier«, flüsterte Tina. »Bitte . . .« Heiße Nadeln jagten durch ihre Adern, es fiel ihr schwer zu sprechen.
    »Warum nicht ’ier?« Das h war, wie es sich für eine Französin gehörte, ganz verschwunden. Geneviève blickte unschuldig blauäugig – wenn sie denn blaue Augen gehabt hätte – zu Tina auf, als könnte sie sich gar keinen Grund vorstellen, der dagegensprach.
    »Geneviève . . . ich . . . verstehst du denn nicht . . .« Tina versuchte die in ihr tobenden Gefühle zurückzudrängen. »Können wir nicht irgendwo anders hingehen? Zu dir? Zu mir?« Sie atmete schwer.
    »Warum?« Geneviève sah immer noch unschuldig aus. Ihre Finger tasteten sich jedoch nicht besonders unschuldig zwischen Tinas Beine.
    Und dann verführte sie sie in der Kabine.
    Das war der Anfang ihrer Beziehung gewesen.
    Tina kehrte mit ihren Gedanken in die Gegenwart zurück. Eigentlich hatte sich seitdem nicht viel an ihrem Verhältnis geändert. Geneviève bestimmte, und Tina tat meistens das, was Geneviève von ihr erwartete, wie schwer es ihr auch fiel.
    Geneviève war eine äußerst dominante Frau, privat und geschäftlich, das war Teil ihres Erfolges. Gepaart mit ihrem reizenden Aussehen, das die Gesprächspartner oft in die Irre führte. Eine kleine, süße Französin mit einem bezaubernden Akzent konnte doch unmöglich eine so gewiefte Geschäftsfrau sein.
    Aber sie konnte.
    »Gehst du mit essen?« Mechthild riß Tina endgültig aus ihren Gedanken. »Wir wollen jetzt in die Kantine.«
    »N-nein.« Tina schüttelte den Kopf. »Ich gehe in die Stadt, ich habe – Ich will einkaufen gehen.«
    »Na gut.« Mechthild winkte leicht mit der Hand. »Dann bis später. Und vergiß den Kuchen nicht!« Sie lachte und schlenderte mit den anderen, die sich zum gemeinsamen Essen in der Kantine entschlossen hatten, zum Lift.
    Tina stand langsam auf. Sie wußte nicht, ob Geneviève dasein würde . . . in dem Restaurant, in dem sie sich verabredet hatten. Ob sie überhaupt kommen würde. Aber daß sie selbst gehen würde, das wußte sie.
    Sie konnte nicht dagegen an. Es war wie eine Sucht. Am Anfang hatte sie sich noch gewehrt, hatte versucht, Verabredungen abzusagen oder einfach nicht hinzugehen . . . aber mittlerweile hatte sie sich in ihr Schicksal ergeben. Es war hoffnungslos. Geneviève erfüllte sie ganz und gar, sie konnte an nichts anderes mehr denken . . . an niemand anderen. Es war eine Besessenheit, und sie fühlte sich ausgeliefert, als ob irgend jemand die Fäden zog, als ob sie keinen eigenen Willen mehr hätte. Ihr ganzes Leben bestand aus Geneviève, ob sie nun da war oder nicht.
    Seufzend zog sie die Schublade auf, nahm ihre Handtasche heraus und verließ das Büro.

3
    » O h, Entschuldigung«, sagte Tina. Sie war ganz in Gedanken in jemand hineingelaufen.
    »Können Sie denn nicht –?« Eine ärgerliche Stimme setzte an und verstummte. »Tina?«
    Tina schaute hoch. Bisher hatte sie gar nicht darauf geachtet, in wen sie hineingelaufen war. »Mar?« fragte sie erstaunt. Sie musterte Mar von oben bis unten. »Du . . . Bist du’s wirklich? Du siehst so anders aus.«
    »In T-Shirt und kurzen Hosen würde mich leider niemand ernstnehmen.« Mar lachte. »So ein Anzug wirkt seriöser.«
    »Oh . . . ja«, stammelte Tina. »Wirklich seriös.«
    »Bist du enttäuscht?« Mar schaute sie an. »Habe ich dir in kurzen Hosen besser gefallen?« Sie lachte wieder.
    »Ich . . . nein, natürlich nicht«, sagte Tina. »Du siehst sehr gut aus. Steht dir.«
    »Danke«, sagte Mar. Ihr Blick schweifte wie zufällig über Tina. Einen Moment zögerte sie. »Du siehst auch sehr gut aus.« Dann schien sie sich zu besinnen und fuhr fort: »Was machst du gerade? Einkaufen?« Sie hatten sich mitten auf dem Marktplatz

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